Leitsatz (amtlich)

Bei Verursachung eines nicht versicherten Schaden mit einem Minibagger im Rahmen unentgeltlicher Nachbarschschaftshilfe ist von einem stillschweigend vereinbarten Haftungsauschluss für leicht fahrlässiges Handeln des Gefälligen auszugehen.

 

Verfahrensgang

LG Ravensburg (Aktenzeichen 4 O 232/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des LG Ravensburg wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Berufung: 13.659,11 EUR.

 

Gründe

Die Berufung hat keinen Erfolg. Das Urteil des LG, auf das verwiesen wird, ist richtig. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

1. Beerdigungskosten

§ 844 Abs. 1 BGB kann Anspruchsgrundlage sein. Doch sind die Voraussetzungen nicht erfüllt.

a) Ersatzpflicht des Beklagten

§ 844 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass der Beklagte wegen der Tötung des Ehemannes der Klägerin ersatzpflichtig ist, was wiederum voraussetzt, dass er ihn durch eine schuldhaft begangene unerlaubte Handlung getötet hat (§ 823 BGB).

b) Verschulden

In Betracht kommt allenfalls fahrlässiges Handeln. Ein höheres Maß an Verschulden ist dem Beklagten auf keinen Fall vorzuwerfen. Es ist davon auszugehen, dass das Baggeroberteil eine unkontrollierte Bewegung machte und den Getöteten dabei an die Garagenwand schleuderte. Dies räumt der Beklagte ein. Daraus ergibt sich der Fahrlässigkeitsvorwurf.

Im Rahmen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens wurde ein Sachverständigengutachten eingeholt, das einen technischen Defekt ausschloss. Zu der Bewegung muss es also aufgrund eines Bedienungsfehlers des Beklagten gekommen sein. Der Sachverständige sah zwei Möglichkeiten. Entweder drehte sich das Baggeroberteil aufgrund einer kurzzeitigen Betätigung des Schwenkhebels, oder es drehte sich der gesamte Bagger aufgrund einer Betätigung der Fußpedale. In beiden Fällen erhielt der Getötete vom Ausleger einen Schlag mit einer Kraft von etwa 7700 N, was ca. 780 kg entspricht.

Der Beklagte gibt an, dass sich das Oberteil unabsichtlich bewegt habe. Er muss also den Schwenkhebel versehentlich etwas betätigt haben, woraus sich der Vorwurf der Fahrlässigkeit ergibt. Der Beklagte hat keine Erklärung wie ein plötzlich von außen auf ihn einwirkendes unvorhersehbares, unvermeidbares Ereignis für das Betätigen. Er äußerte sich vielmehr in die Richtung, als dass er mit der Schwenkbewegung gar nichts zu tun hatte, was aber aufgrund der Untersuchung des Baggers durch den Sachverständigen auszuschließen ist.

Die versehentliche Betätigung der Schwenkvorrichtung war somit vermeidbar. Ebenso war vorhersehbar, dass durch eine versehentliche Betätigung ein Schaden verursacht werden konnte.

Das Verschulden des Beklagten entfällt nicht dadurch, dass der Getötete in den Schwenkbereich hineingegangen sein muss, weil er sonst hätte von der Baggerschaufel nicht erfasst werden können. Das ist lediglich eine Frage des Mitverschuldens, führt aber nicht zum Ausschluss des Verschuldens des Beklagten, das ausschließlich an die nicht fachgerechte Bedienung des Baggers anknüpft. Eine andere Betrachtung wäre lediglich möglich, wenn der Eintritt einer Person in den Schwenkbereich unmöglich gewesen wäre. Der Getötete konnte jedoch in den Schwenkbereich treten. Dies war allein aufgrund seiner Fachkunde und durch die Anweisung des Beklagten an ihn, sich nicht in den Schwenkbereich zu begeben, nicht ausgeschlossen.

Mangels Nachweises ist nicht davon auszugehen, dass der Getötete im Schwenkbereich stand, als der Beklagte die Schwenkbewegung auslöste. Es ist davon auszugehen, dass beides im selben Moment geschah, so dass dem Beklagten nicht vorgeworfen werden kann, geschwenkt zu haben bzw. den Bagger nicht abgestellt zu haben, obwohl der Getötete sich im Schwenkbereich befand.

c) Beweislast

Sie obliegt der Klägerin. Als Anspruchstellerin hat sie den Geschehensablauf und ein Verschulden des Beklagten darzulegen und zu beweisen. Ein Fall der Beweislastumkehr liegt nicht vor. Eine solche ergibt sich nicht bereits aus Beweisschwierigkeiten des Anspruchstellers. Vielmehr müssen besondere Umstände hinzutreten, die hier nicht vorliegen. Insbesondere gibt es keine Beweislastregeln dahin, dass von einem hohen Verschuldensgrad auszugehen ist und der in Anspruch Genommene sich freibeweisen muss.

d) Kausalität

Das Handeln des Beklagten war ursächlich für die Tötung. Der Umstand, dass zum Schwenken noch der Eintritt des Getöteten in den Schwenkbereich hinzukommen musste, um den Verletzungserfolg möglich zu machen, ist kein Kausalitätsproblem, sondern eine Frage des Mitverschuldens. Es handelt sich nicht um einen so ungewöhnlichen Geschehensablauf, dass bei wertender Betrachtung nach der anzuwendenden Adäquanztheorie die Rechtsgutverletzung der Verletzungshandlung nicht zugerechnet werden könnte. Die Adäquanz wäre nur zu verneinen, wenn die Handlung nur unter besonders eigenartigen, unwahrscheinlichen und nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lass...

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