Entscheidungsstichwort (Thema)

Kürzung des objektiven Wohnwerts im Mangelfall. Unterhalt der nicht verheirateten Mutter nach § 1615 l BGB. Berücksichtigung von Kreditverbindlichkeiten des Unterhaltsverpflichteten für den Erwerb eines Wohnhauses

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zinsleistungen für einen Kredit, den der zum Unterhalt der nicht mit ihm verheirateten Mutter des gemeinsamen Kindes Verpflichtete zum Erwerb eines Eigenheims aufgenommen hat, sind einkommensmindernd dann zu berücksichtigen, wenn die Mutter zum Zeitpunkt des Erwerbs bereits schwanger war, der Erzeuger jedoch – noch – nicht davon ausgehen konnte, Vater des erwarteten Kindes zu sein.

2. Die Berücksichtigung von Tilgungsleistungen kommt nicht in Betracht, da insoweit der Unterhaltsbedarf der Mutter gegenüber der Vermögensbildung des Unterhaltspflichtigen vorrangig ist.

3. Im Mangelfall ist der objektive Wohnwert des von dem Unterhaltsverpflichteten bewohnten Hauses auf den in den Selbstbehaltssätzen der Düsseldorfer Tabelle enthaltenen Anteil der Wohnkosten zu beschränken.

 

Normenkette

BGB § 1615l Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Ellwangen (Urteil vom 21.02.2006; Aktenzeichen 4 F 255/04)

 

Tenor

I. Auf die Berufung des Erstberufungsklägers wird das Urteil des AG Ellwangen - FamG - vom 21.2.2006 (4 F 255/04) abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Unterhalt

  • i.H.v. 495 EUR monatlich im Zeitraum 7/04 bis 12/04,
  • i.H.v. 423 EUR monatlich im Zeitraum 1/05 bis 6/05,
  • i.H.v. 322 EUR monatlich im Zeitraum 7/05 bis 11/05 und
  • i.H.v. 330 EUR monatlich im Zeitraum 2/06 bis 3/06

zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weiter gehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

III. Die Zweitberufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Ellwangen - FamG - vom 21.2.2006 (4 F 255/04) wird als unzulässig verworfen.

IV. Von den Kosten des Rechtsstreits in 1. Instanz trägt die Klägerin 9/10, der Beklagte 1/10.

Von den Kosten des Rechtsstreits in 2. Instanz trägt die Klägerin ¾, der Beklagte ¼.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Streitwert der Erstberufung: 14.712 EUR (1.226 EUR × 12)

Streitwert der Zweitberufung: 7.680 EUR [(620 EUR × 9) +(350 EUR × 6)]

 

Tatbestand

I. Die Klägerin ist die Mutter des am 25.3.2003 nicht ehelich geborenen Kindes J. Die Vaterschaft des Beklagten zu dem Kind ist festgestellt durch Urteil des AG Wittmund vom 13.11.2003 (6 F 184/03); durch dasselbe Urteil wurde der Beklagte verurteilt, an das Kind vom Tage der Geburt an Unterhalt i.H.v. 100 % des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe abzgl. des anrechenbaren Teils des Kindergeldes nach § 1612b Abs. 5 BGB zu bezahlen. Im vorliegenden Rechtsstreit hat das FamG - unter Klagabweisung im Übrigen - den Beklagten verurteilt, an die Klägerin, die das Kind betreut und versorgt, Unterhalt i.H.v. 1.226 EUR monatlich im Zeitraum 7/04 bis 6/05, 1.216 EUR monatlich im Zeitraum 7/05 bis 11/05 und 2/06 bis 3/06 sowie 893 EUR monatlich in den Monaten 12/05 und 1/06 zu bezahlen. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen und Einzelheiten der Unterhaltsberechnung wird Bezug genommen auf das angefochtene Urteil (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit seiner rechtzeitig eingelegten und begründeten Berufung verfolgt der Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Er ist der Auffassung, dass er bei Berücksichtigung seiner Hausverbindlichkeiten, die das FamG zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, zur Zahlung des Unterhalts nicht in der Lage sei.

Die Klägerin, der das erstinstanzliche Urteil am 28.2.2006 zugestellt worden ist, reichte am 27.3.2006 beim OLG einen Prozesskostenhilfeantrag ein sowie einen weiteren mit "Prozesskostenhilfegesuch und Teil-Berufung" überschriebenen und von ihrem Prozessbevollmächtigten unterschriebenen Schriftsatz, mit dem sie einen monatlichen Unterhalt von 1.226 EUR für den Zeitraum, für den das FamG ihren Unterhaltsanspruch mangels Verzuges vollständig abgewiesen hat (3/06 bis 6/03), geltend macht. In dem mit "Prozesskostenhilfeantrag" überschriebenen Schriftsatz heißt es, das Verfahren solle nur eingeleitet werden, wenn Prozesskostenhilfe gewährt wird. Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 31.3.2006 wurde die Klägerin um Klarstellung gebeten, ob mit ihren Schriftsätzen vom 23.3.2006 Prozesskostenhilfe für ein beabsichtigtes Berufungsverfahren beantragt oder bereits Berufung eingelegt werden soll. Hierauf stellte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 13.4.2006 klar, dass es sich bei dem Schriftsatz vom 23.3.2006 zunächst um den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe handle. Für den Fall, dass Prozesskostenhilfe gewährt werde, werde die Berufung gesondert begründet.

Mit Beschluss des Senats vom 26.7.2006 wurde der Klägerin für ihre beabsichtigte Berufung Prozesskostenhilfe für einen Unterhaltsanspruch über 620 EUR monatlich für die Zeit von 4/03 bis 12/03 und über 350 EUR monatlich für die Zeit von 1/04 bis 6/04 bewilligt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf den Beschluss des Senats, der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ...

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