Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildung eines mitbestimmten Aufsichtsrats

 

Leitsatz (amtlich)

Die der ausländischen Konzernmutter am nächsten stehende deutsche GmbH, die ihr die Mehrheitsbeteiligung an nachgeordneten Kommanditgesellschaften vermittelt, gilt auch dann für die Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes als herrschendes Unternehmen, wenn die Leitung der Kommanditgesellschaften über eine in den Konzern eingegliederte ausländische Komplementär-GmbH erfolgt.

 

Normenkette

MitbestG 1976 § 5 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 2 AktE 1/92)

 

Gründe

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Verfahrens nach §§ 98, 99 AktG, 6 Abs. 2 MitbestG 1976 darüber, ob bei der Antragsgegnerin ein Aufsichtsrat nach §§ 6, 7 i.V. mit §§ 1 Abs. 1, 5 Abs. 3 MitbestG zu bilden ist.

Das Landgericht hat den Antrag des Gesamtbetriebsrats der D. GmbH & Co. KG festzustellen, daß ein Aufsichtsrat bei der Antragsgegnerin zu bilden und nach dem MitbestG 1976 zusammenzusetzen sei, mit Beschluß vom 11.05.1993 zurückgewiesen. Die Entscheidung ist veröffentlicht in IPRax 1994, 293.

Gegen den Beschluß des Landgerichts hat der Antragsteller sofortige Beschwerde (Rechtsbeschwerde) eingelegt. Er beantragt nunmehr eine entsprechende Verpflichtung der Antragsgegnerin, hilfsweise wird der Feststellungsantrag aufrechterhalten. Die Antragsgegnerin beantragt Zurückweisung der Beschwerde.

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet (§§ 99 Abs. 2 AktG, 550 ff. ZPO analog). Die Antragsgegnerin ist nach § 6 ff. i.V. mit § 1 Abs. 1 und § 5 Abs. 1 und 3 MitbestG 1976 verpflichtet, einen mitbestimmten, also auch mit Arbeitnehmervertretern besetzten Aufsichtsrat zu bilden.

Nach den vom Landgericht in dem angefochtenen Beschluß getroffenen Feststellungen, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, gehört die Antragsgegnerin zu einem über die Grenzen Deutschlands hinausreichenden mehrstufigen Konzern. Konzernmutter ist die … CVH-AG, eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts, …, ihr alleinvertretungsberechtigter Verwaltungsrat ist der Schweizer Kaufmann …. Diese AG ist alleinige Gesellschafterin der Antragsgegnerin, einer GmbH, die ihren Sitz jetzt in S. hat; ihr Geschäftsführer ist ein in der Schweiz wohnhafter Pensionär, sie beschäftigt keine Arbeitnehmer. Ferner ist die CVH-AG alleinige Gesellschafterin der schweizerischen … M-GmbH deren Geschäftsführer sind … sowie seine Söhne C. und M. Auch diese GmbH hat keine Arbeitnehmer, sie bedient sich des Apparates der CVH-AG.

Die Antragsgegnerin hält die Mehrheitsbeteiligungen an zwei Unternehmensgruppen, der B.-Gruppe und des V.-Gruppe, zu der … D-Gruppe gehörten die H. D. GmbH & Co. KG mit Sitz in K. und ca. 1770 Arbeitnehmern (D-KG), die H. GmbH & Co. KG mit Sitz in K. und ca. 200 Arbeitnehmern (H-KG) und die H. D. Service GmbH mit Sitz in K. und ca. 290 Arbeitnehmern (S-GmbH). An diesen Gesellschaften war die Antragsgegnerin jeweils mit fast 80 % beteiligt. Persönlich haftende Gesellschafterin beider Kommanditgesellschaften war die schweizerische M-GmbH, sie hatte keinen Kapitalanteil. Zu der … V-Gruppe gehörte die V.-GmbH mit Sitz in S., an der die Antragsgegnerin zu 99 % beteiligt war, sie war ihrerseits alleinige Kommanditistin der V. GmbH & Co. Mode-KG mit Sitz in S. und über 1000 Arbeitnehmern. Komplementärin dieser KG war ebenfalls die M-GmbH.

Von diesem vom Landgericht festgestellten Sachverhalt ist im Rechtsbeschwerdeverfahren auszugehen. Die Antragsgegnerin hat vorgetragen, daß in der Zwischenzeit in der D-Gruppe die H-KG und die S-GmbH mit der D-KG fusionierten und bei dieser heute ca. 2300 Mitarbeiter beschäftigt seien. Komplementärin der D-KG sei weiterhin die M-GmbH. Aus dem mit vorgelegten finanziellen Organigramm ergeben sich einige weitere Veränderungen. Diese neuen Tatsachen wären jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sie zur Gegenstandslosigkeit des gestellten Antrags führten. Das ist aber nicht der Fall.

Das Landgericht ist bei seiner rechtlichen Beurteilung davon ausgegangen, daß als Anspruchsgrundlage für das Begehren des antragstellenden Gesamtbetriebsrats allein § 5 Abs. 3 MitbestG in Betracht komme, weil zwar ein mehrstufiger Konzern i.S. des § 18 Abs. 1 i.V. mit § 17 AktG bestehe, die Konzernspitze als leitendes Unternehmen nach § 5 Abs. 1 MitbestG jedoch wegen ihres Sitzes in der Schweiz trotz der Rechtsform der Aktiengesellschaft kein von § 1 Abs. 1 MitbestG erfaßtes herrschendes Unternehmen sei. Diese Ausführungen lassen einen Rechtsverstoß nicht erkennen, sie sind im Beschwerdeverfahren auch nicht angegriffen worden.

Die Zurückweisung des Antrags auf Bildung eines mitbestimmten Aufsichtsrats bei der Antragsgegnerin als dem der ausländischen Konzernspitze am nächsten stehenden Unternehmen hat das Landgericht mit der Erwägung begründet, daß die Antragsgegnerin nicht als Spitze eines (inländischen) Teilkonzerns eingestuft werden könne, weil sie keine Leitungsfunktionen ausübe, sondern nur die Stellung einer sogenannten Zwischen-Holding habe, die ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge