Leitsatz (amtlich)

Mit dem Auskunftsanspruch des § 19 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG kann nicht verlangt werden, dass eine Bank, bei der eine unter einer Briefkastenadresse agierende markenverletzende GmbH ein Konto zur Abwicklung ihrer rechtswidrigen Geschäfte unterhält, Auskunft über den von der GmbH personenverschiedenen (eigentlichen) Kontoinhaber erteilt.

 

Normenkette

MarkenG § 19 Abs. 2 Nr. 3; ZPO §§ 383-385

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Beschluss vom 18.10.2011; Aktenzeichen 17 O 618/11)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin/Beschwerdeführerin vom 2.11.2011 gegen den Beschluss der 17. Zivilkammer des LG Stuttgart vom 18.10.2011 wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin/Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 1.500 EUR.

 

Gründe

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin/Beschwerdeführerin ist zulässig, sie hat der Sache nach jedoch keinen Erfolg.

A. Hinsichtlich der Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung vom 18.10.2011 (Bl. 19 - 21) sowie den Nichtabhilfebeschluss der Kammer vom 8.11.2011 (Bl. 33 - 35) Bezug genommen (entsprechend § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Im Kern geht es darum, ob die Antragstellerin/Beschwerdeführerin einen Drittauskunftsanspruch im Wege der einstweiligen Verfügung wegen einer durch ein in der Schweiz als Briefkastenfirma tätiges Unternehmen begangenen Markenrechtsverletzung gegen die Antragsgegnerin, eine Bank, besitzt, und zwar dahin, wer Inhaber des Kontos ist, über welches jene angebliche Verletzerin nach ihren Angaben in der Rechnungsstellung ihre rechtswidrigen Geschäfte bankmäßig abwickelt.

Das LG hat einen solchen Anspruch verneint, da der Bank ein Zeugnisverweigerungsrecht zustehe (§ 19 Abs. 2 S. 1 MarkenG, § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) und diese Sicht auch nicht in Widerspruch zu Art. RL 2004/48/EG (Durchsetzungsrichtlinie) stehe.

Dagegen wendet sich die insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin.

B.1. a) § 19 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG hat die Enforcement-/Durchsetzungsrichtlinie umgesetzt, wonach unter bestimmten Voraussetzungen ein Auskunftsanspruch auch gegen Dritte besteht, welche nicht selbst Verletzer oder Störer sind (vgl. BT-Drucks. 16/5048, 43, 44 i.V.m. S. 29 und 30; Fezer, MarkenR, 4. Aufl. [2009], § 19 MarkenG, 1; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. [2010], § 19, 1; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz/Urheberrecht/Medienrecht, 2. Aufl. [2011], § 19 MarkenG, 3; Wüst/Jansen in Ekey/Klippel/Bender, MarkenR, 2. Aufl. [2009], § 19 MarkenG, 1, 13 und 26; zum insoweit wortgleichen § 101 Abs. 2 UrhG: Spindler in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl. [2011], § 101 UrhG, 7; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 3. Aufl. [2008], § 101, 10; Wimmers in Loewenheim, UrhR, 4. Aufl. [2010], § 101 UrhG, 51; insgesamt zur Umsetzung etwa Fezer, a.a.O., § 19, 14 - 19; Wimmers, a.a.O., § 101, 7 f.).

b) Das Merkmal "in gewerblichem Ausmaß" setzt nach dem Erwägungsgrund 14 der Durchsetzungsrichtlinie die Erlangung eines unmittelbaren oder mittelbaren wirtschaftlichen oder kommerziellen Vorteils voraus (vgl. auch Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 19, 17) und ist weitgehend deckungsgleich mit dem Begriff des Handelns im geschäftlichen Verkehr (BT-Drucks., a.a.O., S. 44; insoweit kritisch Fezer, a.a.O., § 19, 32 - 34; Büscher, a.a.O., 18; ausführlich hierzu: Wimmers, a.a.O., § 101, 29 - 41 u. 57 f.; allg. Wüst/Jansen, a.a.O., § 19, 15 u. 23; vgl. auch OLG Köln, ZUM 2009, 425 [juris, Tz. 9 f.]; B. v. 26.7.2010 - 6 W 77/10 [juris, Tz. 5 f.]). Dieses und das in Nr. 3 weiter vorausgesetzte Merkmal der Dienstleitung für Rechtsverletzer gelten als erfüllt etwa gerade in Bezug auf eine Bank, mit welcher der Rechtsverletzer den Zahlungsverkehr abwickelt (Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 19, 20; allg. Büscher, a.a.O., § 19, 15; Wüst/Jansen, a.a.O., § 19, 18), oder auch Transportunternehmer, die rechtsverletzende Ware transportieren (Fezer, a.a.O., § 19, 29; Ingerl/Rohnke, a.a.O., § 19, 20; Wimmers, a.a.O., § 101, 54; Seichter, WRP 2006, 391 [396]; Dörre/Maaßen, GRUR-RR 2008, 217 [220]; vgl. auch Czychowski in Fromm/Nordemann, UrhR, 10. Aufl. [2008], § 101 UrhG, 50 u. 51). Selbst wenn insoweit sowohl ein gewerbliches Ausmaß hinsichtlich der Tätigkeit des Auskunftsadressaten wie bezüglich der Rechtsverletzung gefordert würde (so Spindler, a.a.O., § 101 UrhG, 8; nur der Dritte: Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein, GeschmMG, 4. Aufl. [2010], § 46, 6 zum wortidentischen § 46 Abs. 2 S. 1 GeschmMG; vgl. allg. Büscher, a.a.O., § 19, 17 und 18), wäre dieses Erfordernis vorliegend in jeder Hinsicht glaubhaft gemacht (vgl. zur Beweisanforderung insoweit Wimmers, a.a.O., § 101, 67). Der Anspruch aus Abs. 2 dieser wortgleichen Normen zieht den Kreis der Verpflichteten bewusst sehr weit (BT-Drucks., a.a.O., S. 38; Wimmers, a.a.O., § 101, 50; Seichter, a.a.O., 396).

c) aa) Von der Auskunftspflicht ausgenommen ist eine Person, die nach § 383 - 385 ZPO im Prozess gegen den Verletzer...

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