Verfahrensgang

AG Waiblingen (Entscheidung vom 28.01.2015; Aktenzeichen 5 Ds 95 Js 110239/14)

 

Tenor

Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Waiblingen vom 28. Januar 2015 mit den zugehörigen Feststellungen

aufgehoben.

Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Waiblingen

zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Waiblingen hat den Angeklagten mit dem angefochtenen Urteil vom 28. Januar 2015 wegen "versuchten Diebstahls im besonders schweren Fall mit Waffen" zu der Freiheitsstrafe von neun Monaten ohne Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gegen das Urteil hat der Angeklagte rechtzeitig Rechtsmittel eingelegt und dieses innerhalb der Revisionsbegründungsfrist wirksam als (Sprung-) Revision bezeichnet. Er erhebt die Sachrüge. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, das Urteil mit den Feststellungen aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

II.

Die gemäß § 335 Abs. 1 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg.

1. Das Amtsgericht hat u. a. folgende Feststellungen getroffen:

"Am 14. August 2014 gegen 2.00 Uhr drang der Angeklagte gemeinsam mit zwei weiteren Tätern in die Geschäftsräume der Tankstelle N. in S. ein. Die Täter hebelten dazu mittels eines sog. Geißfußes ein Fenster auf. In der Tankstelle füllten sie einen mitgebrachten Bettüberzug mit Zigarettenpackungen im Wert von mehreren 1.000 Euro, um diese mitzunehmen und zu verkaufen. Als die Polizei am Tatort erschien, flüchteten die Täter unter Zurücklassung der Beute und des Einbruchswerkzeugs, insbesondere des Geißfußes. Die Flucht des Angeklagten misslang. Der Geißfuß, als Schlagwerkzeug eingesetzt, kann lebensgefährliche Verletzungen verursachen."

2. Diese Feststellungen reichen zur Verurteilung des Angeklagten wegen versuchten Diebstahls mit Waffen gemäß §§ 242, 244 Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 2, 22 StGB nicht aus (vgl. zur Subsidiarität von § 243 Abs. 1 Nr. 1 StGB Fischer, StGB, 62. Auflage, § 244, Rn. 53). Nach § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB macht sich strafbar, wer einen Diebstahl begeht, bei dem er oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt. Das Amtsgericht hat den von den Tätern mitgeführten Geißfuß zu Recht nicht als Waffe im Sinne der Vorschrift angesehen, weil es sich dabei nicht um einen Gegenstand handelte, der nach seiner Art für Angriffs- oder Verteidigungszwecke bestimmt war (vgl. BGH St 52, 257ff., Beschluss vom 3. Juni 2008, 3 StR 246/07). Die getroffenen Feststellungen tragen jedoch auch nicht die rechtliche Bewertung, dass der Geißfuß ein gefährliches Werkzeug im Sinne der Vorschrift war.

§ 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB hat seine heutige Fassung durch das sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts vom 26. Januar 1998 (BGBl. I, Bl. 164 ff.) erhalten. Der Rechtsausschuss des Bundestags, auf dessen Vorschlag die Vorschrift zurückgeht, hat den Begriff des gefährlichen Werkzeugs dem damaligen § 223a Abs. 1 StGB (heute § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB) entnommen. Er war der Auffassung, dass für die Auslegung des Begriffs bei der gleichlautenden, ebenfalls neu eingefügten Vorschrift des § 250 Abs. 1 Nr. 1a StGB auf die zu § 223a a.F. StGB entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden könne (vgl. Bericht des Rechtsausschusses, BT-Drucksache 13/9064, S. 18). Dabei wurde indes für den Anwendungsbereich des § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB nicht bedacht, dass sich im Fall des § 223a a.F. StGB die Gefährlichkeit eines Werkzeugs in erster Linie aus der Art seiner Verwendung bei einer konkreten Körperverletzungshandlung ergibt (st. Rspr.; vgl. BGH NStZ 2007, 95). Bei einer Diebstahlshandlung kommt es dagegen regelmäßig nicht zum Einsatz des Werkzeugs bei einer körperlichen Auseinandersetzung, anhand dessen sich seine Gefährlichkeit für die andere Person bemessen ließe. Andernfalls ist oft ein Raubdelikt nach den §§ 249ff., 252 StGB gegeben.

Der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 3. Juni 2008, a.a.O.) hat bei dieser Sachlage im Fall eines während der Öffnungszeiten eines Geschäfts begangenen Diebstahls, bei dem der Täter ein Taschenmesser mit einer nicht nur sehr kurzen Klinge mit sich führte, jenes als gefährliches Werkzeug angesehen, weil es nach seiner konkreten Beschaffenheit zum Schneiden und Stechen und damit im Falle seines Einsatzes gegen einen Menschen zur Verursachung erheblicher Verletzungen geeignet war. In dieser Entscheidung hat der Bundesgerichtshof darauf hingewiesen, dass es bis zu der von ihm angeregten gesetzlichen Neuregelung der Vorschrift für besondere Sachverhaltsvarianten - soweit nach den anerkannten Auslegungskriterien möglich - weiterer Präzisierungen des Tatbestands durch die Rechtsprechung bedürfe. In seiner Entscheidung vom 21. Juni 2012 hat der Bundesgerichtshof (Beschluss vom 21. Juni 2012, NStZ 2012, 571f., 5 StR 286/12) hinsichtlich der vom Täter eines Einbruchsdiebstahls mitgeführten zwei Schraubendreher, die das Tatge...

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