Leitsatz (amtlich)

Jedenfalls dann, wenn der Täter das während des Diebstahls in der Hosentasche mitgeführte Multifunktionswerkzeug "Schweizer Offiziersmesser" kurz vor der Tat in dessen Funktion als Messer benutzt hat, so führt er ein "anderes gefährliches Werkzeug" im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB bei sich.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Entscheidung vom 25.06.2007; Aktenzeichen (575) 35 Js 2050/06 Ns (65/07))

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Berlin vom 25. Juni 2007 wird verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels

zu tragen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin verurteilte den Angeklagten am 21. Februar 2007 wegen Diebstahls sowie wegen versuchter Körperverletzung zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen zu je 20 Euro. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft, die auf den Schuldspruch bezüglich des Diebstahls und den Rechtsfolgenausspruch beschränkt ist, hob das Landgericht Berlin diese Entscheidung durch Urteil vom 25. Juni 2007 auf und verurteilte den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen und versuchter Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten und zwei Wochen. Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Nach den Feststellungen des Landgerichts begab sich der Angeklagte am Nachmittag des 12. April 2006 in die Geschäftsräume des Elektromarktes Saturn am Alexanderplatz in Berlin-Mitte. In der Absicht, die Waren ohne Bezahlung für sich zu behalten, entnahm er den Auslagen insgesamt 14 CDs zum Gesamtpreis von 207,37 Euro, eine DVD im Wert von 10,49 Euro sowie eine Digitalkamera im Wert von 399,00 Euro und versteckte die Gegenstände in seiner Kleidung. Er durchschritt den Kassenbereich und die Warensicherungsschranke, wobei Alarm ausgelöst wurde. Ein Mitarbeiter des Marktes hielt ihn fest, worauf es zum Gerangel kam. Griffbereit in einer Hosentasche trug der Angeklagte ein "Schweizer Offiziersmesser" - ein Multifunktionswerkzeug mit einem Taschenmesser, das eine Klingenlänge von ungefähr sechs Zentimeter aufwies. Er führte es ständig bei sich, um es beispielsweise für Fahrradreparaturen und zum Schneiden von Obst zu benutzen. Unmittelbar vor dem Betreten der Geschäftsräume hatte er auf dem Alexanderplatz Obst damit geschnitten (UA S. 4).

1.

Zu Recht hat das Landgericht den Angeklagten wegen Diebstahls mit Waffen in der Form des Beisichführens eines gefährlichen Werkzeugs nach § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB verurteilt.

Ein Taschenmesser ist ein gefährliches Werkzeug. Als solches wird in § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB - ebenso wie in § 250 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a 2. Alt. StGB - (nur) ein objektives Tatmittel erfaßt, das nach seiner objektiven Beschaffenheit und (im Falle seiner Verwendung) nach Art seiner Benutzung im konkreten Einzelfall geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen (vgl. BGHSt 45, 92 = NJW 1999, 2198; BGH NStZ-RR 2000, 43; NStZ 1999, 301, 302; NJW 1998, 3130, 3131; OLG Hamm NJW 2000, 3510 = StV 2001, 352 mit abl. Anm. Kindhäuser/Wallau). Zur Verletzung geeignet ist deshalb auch ein in ein Multifunktionsgerät wie das Schweizer Offiziersmesser integriertes Taschenmesser (vgl. BGHSt 43, 266, 267; BayObLG NStZ-RR 2001, 202 = JR 2001, 205 mit abl. Anm. Erb = StV 2001, 17 mit abl. Anm. Kindhäuser/Wallau), das mit Schneide und Spitze zum Schneiden und Einstechen konstruiert und zu gebrauchen ist. Es läßt sich im Bedrängnisfall unschwer zur Herbeiführung erheblicher körperlicher Verletzungen einsetzen (vgl. OLG München NStZ-RR 2006, 342; Hoyer in SK-StGB, § 244 Rdn. 12). Darauf, ob die nach Beschaffenheit und (dem eingeklappten) Zustand des Messers gegebene Gefährlichkeit aufgrund anderer Umstände der Tatsituation für den konkreten Einzelfall ausnahmsweise ausgeschlossen werden kann, kommt es insoweit nicht an (vgl. BGH NJW 1999, 2198).

Da das Mitführen eines Taschenmessers als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ein sozialadäquates Verhalten darstellt, wird teilweise eine einschränkende Auslegung des Begriffes des gefährlichen Werkzeugs zumindest für derartige Gegenstände gefordert (für Taschenmesser offen gelassen in BGH NStZ-RR 2005, 340 zu § 252 StGB; BGH NStZ-RR 2003, 12 = StV 2003, 27; StV 2002, 191 zu § 177 Abs. 3 Nr. 1 StGB), zumal da die im Gesetzgebungsverfahren erhoffte Einschränkung durch die Übernahme der Definition des gefährlichen Werkzeugs aus § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB (früher § 223a Abs. 1 Nr. 2 StGB) für § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe a StGB nicht taugt, weil das Bereithalten gerade keine konkrete Verwendung voraussetzt (vgl. Schlothauer/ Sättele, StV 1998, 506, 509; Erb, JR 2001, 206; Kindhäuser/ Wallau, StV 2001, 18; Krüger, Jura 2002, 766, 767).

So soll nach einer Auffassung die Einordnung des Gegenstandes als gefährliches Werkzeug neben seiner Eignung, erhebliche Verletzungen beifügen zu können, als zusätzliches subjektives Merkmal die Feststellung einer generellen, von der konkreten Tat losgelösten Bestimmung des Gegenstandes zur gefä...

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