Tenor

Das angefochtene Urteil wird mit seinen Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an eine andere Strafkammer des Landgerichts Köln zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft hat dem Angeklagten einen Diebstahl mit Waffen - einem Taschenmesser - zur Last gelegt (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB).

Das Amtsgericht hat ihn des “Diebstahls geringwertiger Sachen„ schuldig gesprochen, ihn verwarnt und sich die Verurteilung zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40,- Euro vorbehalten.

Das Landgericht hat die Berufung der Staatsanwaltschaft verworfen.

Es hat zum Schuldspruch festgestellt:

“Der Angeklagte begab sich am 30.01.2010 gegen 14:45 Uhr in die Verkaufsräume der Firma T. in der I.-Straße XX in L. Dort entnahm er einer Auslage, die Verpackung eines U.-Head-Sets und öffnete mit einem mitgeführten Taschenmesser die Verpackung. Sodann entnahm er die Ware und versteckte die leere Verpackung. An der Kasse bezahlte er sodann einen anderen Gegenstand und verließ das Ladenlokal, ohne das entnommene Head-Set, im Wert von 40,95 € zu bezahlen. Nachdem der Angeklagte das Ladenlokal verlassen hatte, wurde er von Detektiven, die den Diebstahl beobachtet hatten, auf den Diebstahl angesprochen. Der Angeklagte räumte die Tat ein und bezahlte nachträglich die Ware. Die Firma T. stellte Strafantrag wegen Diebstahls. Bei dem vom Angeklagten mitgeführten Taschenmesser handelt es sich um ein sog. Schweizer Offiziersmesser mit einer heraus klappbaren Klinge von 6 cm Länge und maximal 1,2 cm Breite, wobei eine Seite der Klinge scharf und die andere stumpf ist.„

Zur Beweiswürdigung heißt es im Berufungsurteil:

“Der Angeklagte hat die Tat so wie festgestellt glaubhaft eingeräumt. Sein Geständnis ist in sich schlüssig und widerspruchsfrei und deckt sich mit dem Akteninhalt. Die Feststellungen zur Beschaffenheit des vom Angeklagten mitgeführten Taschenmessers beruhen auf der Inaugenscheinnahme des Taschenmessers in der Berufungshauptverhandlung.„

Zur rechtlichen Bewertung der Tat hat die Strafkammer ausgeführt:

“Der Angeklagte hat sich damit eines einfachen Diebstahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB schuldig gemacht. Eine Bestrafung - so wie von der Staatsanwaltschaft Köln mit ihrer Berufung erstrebt - gemäß § 244 Abs. 1 Nr. 1 a, 2. Fall StGB kam indes nicht in Betracht. Bei dem vom Angeklagten mitgeführten Taschenmesser handelt es sich nicht um ein gefährliches Werkzeug im Sinne der vorerwähnten Vorschrift, und zwar auch nicht vor dem Hintergrund des Beschlusses des BGH vom 03.06.2008 (3 StR 246/07, BGHSt 52, 257 ff.). Soweit es im Leitsatz jener Entscheidung heißt, ein Taschenmesser sei grundsätzlich ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a StGB, und dies gelte unabhängig davon, ob der Dieb es allgemein für den Einsatz gegen Menschen vorgesehen habe, bleibt zunächst offen, von welcher konkreten Beschaffenheit das Taschenmesser sein muss, um das Tatbestandsmerkmal eines gefährlichen Werkzeugs zu erfüllen. In dem Beschluss des BGH wird dies nicht mitgeteilt; es ist lediglich die Rede von einem Taschenmesser "mit einer längeren Klinge", welches freilich objektiv nach seiner Beschaffenheit geeignet sein muss, erhebliche Verletzungen beim Menschen hervorzurufen. Dies ist aus Sicht der Kammer für das hier vom Angeklagten mit sich geführte und zur Begehung des Diebstahls auch benutzte, sog. Schweizer Offiziersmesser mit einer Klingenlänge von 6 cm nicht der Fall. Derartige Messer sind auch allgemein nicht zum Einsatz gegen Menschen bestimmt, sondern dienen in der Regel zum Aufschneiden von Früchten oder etwa auch mit Hilfe weiterer Funktionen zum Öffnen von Flaschen.

Selbst wenn man jedoch die Rechtsauffassung vertritt, bei dem Taschenmesser im konkreten Fall handele es sich um ein gefährliches Werkzeug im Sinne der besagten Vorschrift, greift dieser Tatbestand im vorliegenden Fall gleichwohl nicht, da der Einsatz des Messers gegen Menschen konkret nicht drohte. Die Kammer folgt insoweit der einschränkenden Auslegung des Oberlandesgerichts Stuttgart in einem Urteil vom 05.05.2009 (4 Ss 144/09, NJW 2009, 2756), dessen Prämisse keinesfalls "überraschend erscheint" (so Fischer, StGB, 58. Aufl. 2011, § 244 Rn. 20 a). Denn der BGH hat es in seiner zitierten Grundsatzentscheidung bis zu einer gesetzlichen Neuregelung für zulässig erachtet, dass die Rechtsprechung "für besondere Sachverhaltsvarianten - soweit nach den anerkannten Auslegungskriterien möglich - weitere Präzisierungen des Tatbestandes" vornimmt (BGH, a.a.O., Rn. 32 am Ende, zitiert nach juris). Eben eine solche Präzisierung erfährt der Tatbestand des § 244 Abs. 1 Nr. 1 a, 2. Fall StGB durch die zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Stuttgart, eine Präzisierung, welche auch kriminalpolitisch sinnvoll erscheint. Denn es steht außer Frage, dass dem Gesetzgeber bei der systematischen Neuordnung der Tatbestände der §§ 244, 250 StGB durch das 6. StrRG vom 26.01.1998 (BGBI 1, 164) Fehler unterlau...

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