Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Fahrveranstaltung zur Verbesserung der Fahrsicherheit, die keine Rennveranstaltung darstellt und bei der Versicherungsschutz über die Kfz-Pflichtversicherung besteht, ist von einem stillschweigenden Haftungsausschluss der Teilnehmer untereinander nicht auszugehen.

2. Ein Haftungsausschluss über die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Veranstalters ist unwirksam.

 

Normenkette

StVG §§ 7, 17-18; KfzPflVV §§ 4, 5 Abs. 1 Nr. 2; AKB § 2b Abs. 3b

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 29.02.2008; Aktenzeichen 26 O 397/2006)

 

Tenor

I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Einzelrichterin des LG Stuttgart vom 29.2.2008 - Geschäftsnummer: 26 O 397/06 - gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

II. Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von 14 Tagen.

 

Gründe

Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts (§ 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

I. Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadenersatz auf Grund eines Motorradunfalls in Anspruch.

Der Kläger und der Beklagte Ziff. 1 nahmen als Motorradfahrer am 13.5.2006 an einer von der GmbH organisierten Trainingsveranstaltung zur Verbesserung der Fahrsicherheit auf der Grand Prix-Strecke in B/Tschechoslowakei teil.

Im Rahmen des Trainings kollidierten sie in einer Rechtskurve miteinander, wobei das Motorrad des Klägers und seine Motorradbekleidung beschädigt wurden, der Kläger jedoch unverletzt blieb. Der Kläger wirft dem Beklagten Ziff. 1 vor, den Unfall verschuldet zu haben und hat ihn und die Bekl. Ziff. 2 als Haftpflichtversicherer auf Schadenersatz i.H.v. insgesamt 10.162,18 EUR in Anspruch genommen.

In den Teilnahmebedingungen des Veranstalters, die beide Fahrer unterzeichnet haben, finden sich unter der Überschrift "Haftungsverzicht" u.a. folgende Regelungen:

I. Ich nehme auf eigene Gefahr an der Veranstaltung "...-Trainings" teil, die Gefahren durch das Befahren von Rennstrecken mit dem Motorrad sind mir bewusst.

II. Der Veranstalter GmbH haftet nicht für durch Dritte zugeführte Personen- bzw. Sachschäden. Eine Haftung durch den Veranstalter und deren Mitarbeiter wird nur in Fällen der groben Fahrlässigkeit und Vorsatz übernommen.

III. Ich hafte selbst für durch Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit verursachte Personen- bzw. Sachschäden an Dritten.

IV. ...

V. ...

VI. Jeder Teilnehmer hat sich so zu verhalten, dass andere Teilnehmer nicht gefährdet werden. ...

Das LG hat nach Beweisaufnahme über den Unfallhergang und die Höhe des Schadens die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 4.091,93 EUR nebst Zinsen sowie vorgerichtlichen Anwaltskosten i.H.v. 374,90 EUR verurteilt. Es ist von einem Schaden i.H.v. 8.183,86 EUR ausgegangen und hat eine 50- %ige Haftung der Beklagten angenommen. Der Unfallhergang und die Verantwortlichkeit habe nicht geklärt werden können. Da keine der Parteien den Unabwendbarkeitsbeweis nach § 17 Abs. 3 Satz 1 StVG habe erbringen können, hafteten gem. §§ 7, 17, 18 StVG, die auch auf Lehrgangsveranstaltungen auf Rennstrecken außerhalb des öffentlichen Verkehrsraums Anwendung fänden, beide Seiten zu gleichen Teilen.

Entgegen dem Verständnis der Beklagten sei ein Haftungsausschluss im Vertrag mit dem Veranstalter nicht vereinbart bzw. erfasse er die Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien nicht. Auch ein stillschweigender Haftungsausschluss wegen gemeinsamer Teilnahme an einem motorsportlichen Wettbewerb mit nicht unerheblichem Gefahrenpotential liege nicht vor.

Die Beklagten verfolgen mit ihrer Berufung wie in 1. Instanz das Ziel der Klageabweisung. Das LG habe zu Unrecht einen Haftungsausschluss verneint.

II. Das LG hat das Unfallgeschehen zutreffend beurteilt und die Parteien auf der Grundlage der angeführten gesetzlichen Vorschriften zu Recht zu gleichen Teilen als für das Unfallgeschehen verantwortlich angesehen. Dies wird von der Berufung auch nicht beanstandet, ebenso wenig die Ausführungen zur Höhe des Schadens. Die Angriffe der Berufung beschränken sich darauf, das LG habe zu Unrecht einen ausdrücklichen oder konkludenten Haftungsausschluss verneint.

Auch insoweit ist dem LG jedoch zu folgen.

1. Für die Frage, ob von einem konkludenten Ausschluss der Haftung der Beklagten auszugehen ist, ist nach der Rechtsprechung des BGH (VI ZR 98/07 - Urteil vom 29.1.2008) vor allem die versicherungsrechtliche Seite von mitentscheidender Bedeutung:

Dort, wo der Schädiger haftpflichtversichert ist, insbesondere eine Pflichtversicherung besteht, entspricht es weder dem gesetzlichen Anliegen der Versicherungspflicht noch dem Willen der Beteiligten, eine Haftung auszuschließen. Ein solcher Ausschluss läge ausschließlich im Interesse des Versicherers, nicht hingegen in dem der Beteiligten und ist deshalb im Zweifel nicht gewollt. Dies zumal der Versicherungsschutz beiden zugutekommt ...

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