Leitsatz (amtlich)

Wird in einem Teil-Vergleich vereinbart, dass die Kostenregelung der Schlussentscheidung vorbehalten sein soll, ist daraus nicht zu entnehmen, dass sie von der Kostenregelung in § 98 ZPO abweichen wollen.

 

Normenkette

ZPO §§ 98, 91a

 

Verfahrensgang

AG Heilbronn (Beschluss vom 28.03.2008; Aktenzeichen Lw 1/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des AG - Landwirtschaftsgericht - Heilbronn vom 28.3.2008 abgeändert:

Der Kläger trägt die durch die Anrufung des sachlich unzuständigen LG Heilbronn entstandenen Kosten. Im Übrigen werden die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Streitwert des Beschwerdeverfahrens: bis 3.000 EUR.

 

Gründe

I. In der Verhandlung vor dem AG Heilbronn haben die Parteien über die Klagforderung einen Teilvergleich geschlossen. Hinsichtlich der Kosten heißt es dort:

"5. Die Kostenregelung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

6. Damit hat sich der klägerische Anspruch erledigt."

Im weiteren Verfahren hat das AG die Widerklage abgetrennt und mit Beschluss vom 28.3.2008 gem. § 91a ZPO dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind, auferlegt.

Gegen die am 4.4.2008 zugestellte Entscheidung hat der Beklagte ausweislich der Faxkennung des AG Heilbronn am 18.4.2008 sofortige Beschwerde eingelegt. Über die Kosten des Rechtsstreits habe nach § 98 ZPO entschieden werden müssen.

Der Kläger ist der Auffassung, im Teilvergleich sei eine von § 98 ZPO abweichende Regelung vereinbart worden.

Mit Beschluss vom 22.4.2008 hat das AG die sofortige Beschwerde ohne Abhilfe dem OLG Stuttgart zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig und begründet.

1. Die sofortige Beschwerde ist entsprechend §§ 48 LwVG, 91a Abs. 2 ZPO statthaft. Da das AG seine Entscheidung auf § 91a ZPO gestützt hat, kann offen bleiben, ob diese Entscheidung überhaupt hätte ergehen dürfen. Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz ist jedenfalls das nach § 91a Abs. 2 ZPO gegebene Rechtsmittel statthaft. Die sofortige Beschwerde ist auch gem. §§ 99 Abs. 2 S. 2; 567 Abs. 2; 569 ZPO zulässig. Insbesondere übersteigt der Wert der Hauptsache den Wert gem. § 511 ZPO und liegt der Beschwerdewert über 200 EUR.

2. Hinsichtlich der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten fehlt es im Vergleich an einer ausdrücklichen Regelung der Parteien. Insoweit gilt die gesetzliche Vermutung der Kostenaufhebung gem. § 98 Satz 2 ZPO.

Zwar kann § 98 Satz 2 ZPO von den Parteien nicht nur ausdrücklich, sondern auch stillschweigend in der Weise abbedungen werden, dass über die Kosten des Rechtsstreits nach den allgemeinen Kostenvorschriften (insbesondere §§ 91a, 269 Abs. 3, 516 Abs. 3 ZPO) zu entscheiden sei. Bei der Auslegung des vorliegenden Vergleiches ergeben sich jedoch keine zureichenden Anhaltspunkte dafür, dass dies dem mutmaßlichen Willen der Parteien entsprechen würde.

Die Anwendung des § 91a ZPO setzt im Ausgangspunkt voraus, dass eine gerichtliche Entscheidung zur Beendigung eines Kostenstreits der Parteien notwendig wird, was bei einem Vergleich dann nicht der Fall ist, wenn sich die Verteilung der Kosten des Rechtsstreits - entweder kraft einer ausdrücklichen Bestimmung oder auf Grund der gesetzlichen Vermutung des § 98 Satz 2 ZPO - aus dem Inhalt des Vergleichs selbst ergibt. Allerdings steht es den Parteien frei, die Kostenregelung einer Entscheidung des Gerichts unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu unterstellen. Hierzu muss dem Vergleich zumindest eine positive Andeutung dahin zu entnehmen sein, dass wegen der Kosten des Rechtsstreits eine sachbezogene Klärung durch das Gericht erwünscht ist. Eine Entscheidung nach § 91a ZPO ist auf keinen Fall veranlasst, wenn die Parteivereinbarung zur Kostentragung nichts aussagt, denn dies ist der typische Anwendungsbereich des § 98 ZPO (BGH NJW-RR 2006, 1000, Juris Rz. 3 f.).

Entgegen den Sachverhalten, bei denen der BGH eine Anwendung des § 91a ZPO in Abweichung von § 98 ZPO bejaht hat (BGH NJW 2007, 835; NJW 1965, 103, 104), wurde im Vergleich nicht vereinbart, dass sich die Schlussentscheidung des Gerichts hinsichtlich der Kosten der Klage nach § 91a ZPO zu bestimmen habe. Jedenfalls bei einem Teil-Vergleich kann dies auch nicht in die Vereinbarung, dass die Kostenregelung der Schlussentscheidung vorbehalten sein soll, hineingelesen werden. Wenn die Parteien feststellen, dass sie aufgrund der Notwendigkeit der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung in einem Teil-Vergleich über die Kosten des Rechtsstreits noch nicht endgültig und umfassend bestimmen können, und deshalb bezüglich der Kosten auf eine noch erforderliche abschließende Entscheidung des Gerichts verweisen, ist daraus noch keine gewollte Abweichung von § 98 ZPO zu entnehmen. Dies gilt auch, wenn sie von der Möglichkeit, dem Gericht hinsichtlich des durch den Teil-Vergleich e...

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