Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Anfechtung von Beschlüssen der Wohnungseigentümergemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

1) Zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung durch den Verwalter nach Ablauf von dessen Bestellungszeit.

2) Der Mehrheitsbeschluß über die Bestellung eines Verwalters ist im Verfahren nach § 43 I Nr. 4 WEG für ungültig zu erklären, wenn gegen die Bestellung des in Aussicht genommenen Verwalters ein wichtiger Grund vorliegt.

 

Normenkette

WEG § 24 Abs. 1, §§ 26, 43 Abs. 1 Nr. 4

 

Verfahrensgang

LG Tübingen (Urteil vom 02.07.1985; Aktenzeichen 5 T 25/85)

AG Calw (Aktenzeichen GR T 41/84)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß der 5. Zivilkammer des Landgerichts Tübingen vom 2.7.1985 und der Beschluß des Amtsgerichts Calw vom 13.12.1984

aufgehoben.

2. Der Beschluß der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.2.1984 zum Tagesordnungspunkt Nr. 3 und Nr. 4 wird für ungültig erklärt.

3. Das Verfahren betreffend die Ungültigerklärung des Beschlusses der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.2.1984 zu Tagesordnungspunkt Nr. 2 wird an das Landgericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung

zurückverwiesen.

4. Das Landgericht hat … über die Tragung der Kosten des gesamten Verfahrens zu entscheiden.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin der Eigentumswohnungen Nr. 3, 4 und 9 der Wohnungseigentümergemeinschaft straße 16 in … In der vom bisherigen Verwalter der Wohnungseigentümergemeinschaft mit Einladungsschreiben vom 10.2.1984 auf Sonntag, 19.2.1984, 11.00 Uhr einberufenen Eigentümerversammlung, bei welcher von sieben Wohnungseigentümern zwei, darunter die Beschwerdeführerin abwesend waren, wurden u. a. folgende Beschlüsse gefaßt:

  • „Zu Punkt 2 der Tagesordnung:

    Es wird beschlossen, den Verwalter S … mit Wirkung ab dem 2. Januar 1984 zu den bisher geltenden Vertragsbedingungen für den Zeitraum bis zur nächsten ordentlichen Eigentümerversammlung im Jahre 1985 weiterhin als Verwalter dieser Wohnanlage zu bestellen.

  • Zu Punkt 3 der Tagesordnung:

    Es wird beschlossen, die Beschlußfassung zu Punkt 3 der Tagesordnung der Eigentümerversammlung vom 1. Mai 1983 vollständig aufzuheben, da die Begründung für den Beschluß der Durchführung der Änderung der Teilungserklärung, nämlich die Behauptung, daß sich der eine Tankraum im Sondereigentum der Miteigentümerin Angele befindet, nicht zutreffend ist.

  • Zu Punkt 4 der Tagesordnung:

    Es wird beschlossen, daß die Prüfung der Kostenbelege für den Zeitraum 1979 bis 31. Dezember 1982 von den anwesenden Wohnungseigentümern heute vorgenommen wird.”…

Die Antragstellerin begehrt, gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG die Unwirksamkeit dieser Beschlüsse festzustellen.

Sie macht hierzu geltend, sämtliche Beschlüsse seien schon deshalb unwirksam, weil die Versammlung durch den ehemaligen Verwalter, dessen Beauftragung am 31.12.1983 geendet habe, nicht wirksam einberufen worden sei. Zudem sei die Abhaltung der Versammlung an einem Sonntag für sie unzumutbar und daher unzulässig.

Der Beschluß zu Punkt 2 der Tagesordnung sei auch aus materiellen Gründen aufzuheben. Einer erneuten Bestellung des Beschwerdegegners Ziffer 7 zum Verwalter stünde ein wichtiger Grund entgegen. Wegen der im einzelnen hierzu und zu den weiteren Beschlußfassungen vorgetragenen Tatsachen wird auf die Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluß Bezug genommen.

Die Antragsgegner haben im wesentlichen vorgetragen, der Verwalter sei zur Einberufung der Versammlung von sämtlichen Wohnungseigentümern beauftragt gewesen. Der Tagungszeitpunkt sei aus sachlichen Gründen auf Sonntag festgesetzt worden, weil sich einige der Wohnungseigentümer nur an Wochenenden in den zum Teil als Ferienwohnung genutzten Wohnungen aufhielten. Der Verwalter habe seine Tätigkeit bisher auch ordnungsgemäß und ohne Pflichtenverstöße ausgeführt.

Wegen des im einzelnen vom Landgericht festgestellten Sachverhalts wird auf die angefochtene Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat nach mündlicher Verhandlung und Vernehmung der Zeugen H. … und H … durch Beschluß vom 13.12.1984 den Antrag zurückgewiesen.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Landgericht nach mündlicher Verhandlung durch Beschluß vom 2. Juli 1985 zurückgewiesen.

Die hiergegen mit Anwaltschriftsatz vom 22.7.1985 eingelegte und durch Schriftsatz vom 13.8.1985 begründete sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§ 45 WEG i.V. mit § 27 FGG).

In der Sache führt sie zur Ungültigerklärung der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.2.1984 zu den Tagesordnungspunkten Nr. 3 und 4 gefaßten Beschlüssen. Das Verfahren betreffend die Ungültigerklärung des in der Versammlung gefaßten Beschlusses zu Tagesordnungspunkt Nr. 2 ist an das Landgericht zur weiteren Sachaufklärung und erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.

1.

Das Landgericht führt aus, die Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.2.1984 sei zu allen Tagesordnungspunkten wirksam gewesen. Es könne offen bleiben, ob die Beschwerdeführerin ebe...

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