Entscheidungsstichwort (Thema)

Nießbrauch an Wohnungseigentum. Wohnungseigentumsanlage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Nießbrauch an Wohnungseigentum ist stets auch der Eigentümer neben dem Nießbraucher zu Wohnungseigentümerversammlungen zu laden.

2. Dem Nießbraucher an Wohnungseigentum steht das alleinige Stimmrecht jedenfalls in den Angelegenheiten zu, die sich auf die Verwaltung, den Gebrauch und die Nutzung des nießbrauchsbelasteten Wohnungseigentums beziehend.

3. Ist der Nießbraucher eines Wohnungseigentumsrechts zugleich Verwalter der Wohnanlage, so ist er bei der Abstimmung über die Verwalterentlastung von der Ausübung seines Stimmrechts ausgeschlossen.

4. Der Inhaber eines nießbrauchsbelasteten Wohnungseigentums erlangt ein subsidiäres Stimmrecht, wenn der Nießbraucher von der Ausübung seines Stimmrechts gesetzlich ausgeschlossen ist oder sein Stimmrecht nicht wahrnimmt.

 

Normenkette

BGB § 1066 Abs. 1; WEG §§ 15-16, 21, 23, 25 Abs. 2 S. 2, Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Beschluss vom 25.04.1986; Aktenzeichen 191 T 156/85)

AG Berlin-Schöneberg (Beschluss vom 11.11.1985; Aktenzeichen 76 II (WEG) 69/85)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluß wird teilweise aufgehoben.

Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird der Beschluß des Amtsgerichts Schöneberg vom 11. November 1985–76 II (WEG) 69/85 – teilweise geändert und wie folgt neu gefaßt:

1. Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 19. Juni 1985 zu den Tagesordnungspunkten 2. (Verwaltungsabrechnung) und 3. (Verwalterentlastung) werden für ungültig erklärt.

2. Der Antragsgegner wird als Verwalter verpflichtet, bis spätestens 2 Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses unter Einhaltung einer Einladungsfrist von einer Woche eine Wohnungseigentümerversammlung betreffend die Wohnungseigentumsanlage K. 7…, 7… a, 1… B. 33 einzuberufen, zu der auch die Antragstellerin zu laden ist. In das Einladungsschreiben sind die Tagesordnungspunkte zu 1. bis 3., die bereits in der Wohnungseigentümerversammlung vom 19. Juni 1985 Beschlußgegenstand waren, aufzunehmen.

Im übrigen wird der Antrag der Antragstellerin zurückgewiesen.

Die weitergehende Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner haben die Gerichtskosten aller drei Instanzen je zur Hälfte zu tragen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Der Geschäftswert wird für sämtliche Rechtszüge auf 5.000,– DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin – Beteiligte zu 2) – und der Beteiligte zu 3) sind die Wohnungseigentümer der im Rubrum näher bezeichneten Wohnanlage, die aus zehn Wohneinheiten besteht. Mit Ausnahme der Wohneinheit Nr. 6, die im Eigentum des Beteiligten zu 3) steht, gehören die übrigen neun Wohneinheiten der Antragstellerin. Diese hatte ihrem früheren Ehemann, dem Antragsgegner – Beteiligter zu 1) –, im Dezember 1975 vor Scheidung der Ehe und vor Bildung des Wohnungseigentums ein lebenslängliches dingliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück eingeräumt.

In der Teilungserklärung vom 5. Februar 1981 ist unter § 7 festgelegt, daß in der Wohnungseigentümerversammlung auf jede Wohneinheit eine Stimme entfällt. Gemäß § 20 der Teilungserklärung wurde der Antragsgegner zum Verwalter der Wohnanlage auf die Dauer von 5 Jahren bestellt. In der Teilungserklärung heißt es darüber hinaus unter § 23 wie folgt:

„Der Verwalter hat jährlich mindestens einmal die Eigentümerversammlung einzuberufen. Auch können vier Wohnungseigentümer die Einberufung verlangen, wobei sie den Zweck der Einberufung in der Einladung anzugeben haben.”

Nachdem die Antragstellerin den Antragsgegner vorgerichtlich wiederholt ergebnislos zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung aufgefordert hatte, hat sie im vorliegenden Verfahren zunächst beantragt, den Antragsgegner zur Einberufung einer solchen Versammlung unter Angabe näher bezeichneter Tagesordnungspunkte zu verpflichten.

Nach Einleitung des Verfahrens fand am 19. Juni 1985 eine Eigentümerversammlung statt, zu der der Antragsgegner einberufen und lediglich den Beteiligten zu 3) geladen hatte. In dieser Versammlung billigten der Antragsgegner, der das Stimmrecht für die neun im Eigentum der Antragstellerin stehenden Wohneinheiten ausübte, und der Beteiligte zu 3) zu TOP 2 einstimmig „Die Verwaltungsabrechnung 1984/85 in Verbindung mit der gesondert aufgestellten Heizkostenabrechnung 1984/85 in der vorliegenden Form” und erteilten dem Antragsgegner als Verwalter zu TOP 3 „bei Stimmenthaltung des Verwalters bis zum 30. April 1985 einstimmig Entlastung”. Außerdem beschlossen sie zu TOP 4 einstimmig den Wirtschaftsplan 1985/86 und zugleich, „daß ggfs. ab Eintritt eines neuen Verwalters innerhalb der Abrechnungsperiode 1985/86 der Wirtschaftsplan mit einem Gesamtetat von DM 67.000,– maßgeblich wird”. Schließlich beschlossen sie zu TOP 5 a) einstimmig, die für einen notwendigen Außenanstrich der Fenster und für eine Fassadenrenovierung anfallenden Kosten durch eine Sonderumlage ...

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