Entscheidungsstichwort (Thema)

Vererbung eines Grundstücksanteils im Wege der Vor- und Nacherbschaft. Eintragung eines Nacherbenvermerks durch das Grundbuchamt

 

Leitsatz (amtlich)

Gehört zu einem Nachlass ein gesamthänderischer Anteil an einem Grundstück und hat der Erblasser Vor- und Nacherbschaft angeordnet, wird der gesamthänderische Grundstücksanteil nicht von der Verfügungsbeschränkung des § 2113 BGB erfasst und es wird kein Nacherbenvermerk im Grundbuch (§ 51 GBO) eingetragen. Dies gilt unabhängig davon, ob dem Vorerben bereits der oder die anderen Anteil(e) an dem selben Grundstück gehört/gehören oder ob der oder die weiteren Grundstücksanteil(e) in dirtter Hand ist/sind (Abweichung von OLG Hamm v. 28.6.1984 - 15 W 186/84, Rpfleger 1985, 21).

 

Normenkette

BGB § 2113; GBO § 51

 

Verfahrensgang

LG Ulm (Beschluss vom 24.04.2006; Aktenzeichen 2 T 9/06)

 

Tenor

Die Sache wird dem BGH zur Entscheidung über die weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Ulm vom 24.4.2006 vorgelegt.

 

Gründe

I. Die Antragsteller sind Miteigentümer des Grundstücks ..., Flurstück ..., Gemarkung ... Als weitere Miteigentümerin (in Erbengemeinschaft mit den Antragstellern) war eingetragen P. S., die am 7.9.1987 verstorben ist und auf Grund Erbvertrags vom 21.4.1986 von ihrem Ehemann K.S. als alleinigem Vorerben beerbt wurde. Als alleinige Nacherbin wurde die Tochter der Ehefrau, K.E., eingesetzt. K.S. beantragte am 28.6.2005 Grundbuchberichtigung, worauf das Grundbuchamt am 18.7.2005 die Eintragung eines Nacherbenvermerks vornahm, gegen den sich die Antragsteller wenden.

Mit Beschluss vom 8.2.2006 lehnte das Grundbuchamt Ehingen (Donau) die Löschung des Nacherbenvermerks ab, half der Beschwerde nicht ab und legte sie dem LG zur Entscheidung vor. Das LG Ulm wies durch Beschluss vom 24.4.2006 die Beschwerde der Antragsteller zurück. Die Entscheidung wurde der Prozessbevollmächtigten der Antragsteller am 28.4.2006 zugestellt. Sie hat hiergegen per Fax am 12.5.2006 namens und in Vollmacht der Antragsteller weitere Beschwerde eingelegt.

Die Nacherbin hat sich in allen Instanzen gegen die Löschung des Nacherbenvermerks gewandt. Der Vorerbe hat mit Schreiben vom 19.8.2006 Stellung genommen.

Wegen des Sach-und Streitstandes wird im Übrigen Bezug genommen auf die Beschlüsse des Notariats Ehingen (Donau) und des LG Ulm/Donau sowie auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten nebst der von ihnen vorgelegten Anlagen.

II. Der Senat hält die weitere Beschwerde für zulässig (§§ 78 ff. GBO) und in der Sache auch für begründet. Er sieht sich jedoch an einer Entscheidung im Sinne des Rechtsmittels gehindert durch den Beschluss des OLG Hamm vom 28.4.1984, 15 W 186/84, veröffentlicht in Rpfleger 1985, 21. Deshalb legt der Senat die Sache dem BGH gem. § 28 Abs. 2 FGG zur Entscheidung vor.

Der mit der weiteren Beschwerde angefochtene Beschluss des LG Ulm vom 24.4.2006 und auch der vorangegangene Beschluss des Notariats Ehingen (Donau) vom 8.2.2006 halten nach der Auffassung des Senats der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Der Eintrag des Nacherbenvermerks durch das Notariat Ehingen hat nach Ansicht beider Vorinstanzen seine Rechtsgrundlage in (analoger) Anwendung von § 2113 BGB und § 51 GBO. Beide Vorschriften dienen dem Schutz des Nacherben vor ihn schädigenden Verfügungen des Vorerben über Grundstücke, die dem der Vor- und Nacherbschaft unterliegenden Nachlass zugehören. Während § 2113 BGB bestimmt, dass solche Verfügungen des Vorerben unwirksam sind, wenn sie das Recht des Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen, schützt § 51 GBO den Nacherben zusätzlich vor gutgläubigem Erwerb Dritter: Beim Eintrag des Vorerben als Eigentümer des Grundstücks im Grundbuch ist zu vermerken, dass Nacherbschaft besteht.

Auf diese Rechtsgrundlage lässt sich der strittige Eintrag in vorliegendem Fall nicht stützen:

Gegenstand des Nacherbenvermerks ist in vorliegendem Fall nicht ein Grundstück, sondern nur ein zum Nachlass gehörender Anteil an einem Grundstück, das im Gesamthandseigentum mehrerer Erben steht, deren einer der die Vor- und Nacherbschaft anordnende Erblasser war. Für Fälle eines zum Nachlass gehörenden nur gesamthänderischen Anteils an einem Grundstück aber ist in der Rechtsprechung geklärt, dass eine unmittelbare Anwendung des § 2113 BGB und damit auch des § 51 GBO ausscheidet (BGH WM 1976, 478; BGH NJW 1978, 698).

Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen lässt sich der strittige Nacherbenvermerk aber auch nicht auf eine analoge Anwendung des § 2113 BGB und des § 51 GBO stützen. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 10.3.1976 (WM 1976, 478) dargelegt, dass dann, wenn ein Ehepartner einer in Gütergemeinschaft geführten Ehe Vorerbe des verstorbenen anderen Ehepartners geworden ist, der ihm als Erbe angefallene Gesamthandsanteil nicht von § 2113 BGB - und damit auch von § 51 GBO - erfasst wird. Mit seiner Entscheidung vom 16.12.1977 (NJW 1978, 698) hat er dasselbe auch für den Fall gesagt, dass zwei Personen zusammen Erben e...

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