Entscheidungsstichwort (Thema)

Insolvenzverwalter-Vergütung. Einstellung nach § 207 InsO

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die weitere Beschwerde (Rechtsbeschwerde nach § 7 Abs. 1 InsO) gegen die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters (§ 64 InsO) ist nicht durch § 568 Abs. 3 ZPO ausgeschlossen.

2. Diese Abweichung von der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung zu § 85 KO rechtfertigt keine Vorlage an den Bundesgerichtshof.

3. Die Insolvenzverwaltervergütung bemisst sich im Ausgangspunkt nach dem einfachen Regelsatz nach § 2 InsVV. Die Voraussetzungen für Zuschläge und für Abschläge nach § 3 InsVV sind gegeneinander abzuwägen.

 

Normenkette

InsO §§ 4, 6-7, 64; InsVV §§ 2-3; ZPO § 568 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Stuttgart (Aktenzeichen 10 IN 226/99)

LG Stuttgart (Aktenzeichen 10 T 258/99)

 

Tatbestand

I.

Der Schuldner hat – nach Einstellung seines Einzelunternehmens zum 1.3.1999 – am 9.3.1999 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens wegen Zahlungsunfähigkeit und zugleich Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt. Das Insolvenzgericht hat am 29.3.1999 das Insolvenzverfahren über das (Privat- und Betriebs-)Vermögen des Schuldners eröffnet und einen Insolvenzverwalter bestellt. Dieser hat vor der Gläubigerversammlung festgestellt, dass die Überschuldung ca 3 Mill. DM beträgt, während sich die freie Masse auf ca 11.500,– DM beläuft.

Auf Antrag des Insolvenzverwalters hat das Insolvenzgericht dessen Vergütung durch Beschluss antragsgemäß „im Hinblick auf Umfang und Schwierigkeit der Geschäftsführung … auf den 2-fachen Regelsatz nach InsVV und damit auf den Betrag von 9.600,– DM” festgesetzt, woraus sich nebst einer Auslagenpauschale von 500,– DM und Mehrwertsteuer ein Gesamtbetrag von 11.716,– DM ergibt. Unmittelbar anschließend hat das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren nach § 207 Abs. 1 S. 1 InsO „mangels Masse” im Hinblick auf die angefallene Insolvenzverwaltervergütung eingestellt.

Gegen beide Beschlüsse hat sich der Schuldner mit sofortigen Beschwerden gewandt. Nachdem der Insolvenzverwalter beiden Beschwerden entgegengetreten war, hat die Rechtspflegerin jeweils durch Beschluss eine Abhilfe abgelehnt. Die Beschwerdekammer hat beide Beschwerden unverzüglich – im wesentlichen unter Bezugnahme auf die Entscheidungen der Vorinstanz – als unbegründet zurückgewiesen. Der Schuldner hat unter Stellung eines förmlichen Zulassungsantrags gegen beide Beschlüsse sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Der Insolvenzverwalter ist beiden Rechtsmitteln entgegengetreten.

 

Entscheidungsgründe

II.

Dem (förmlichen) Zulassungsantrag des Schuldners war für beide sofortigen weiteren Beschwerden nach § 7 Abs. 1 S. 1 InsO stattzugeben. Die weiteren allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen – Form und Frist, Beschwerdebefugnis und Beschwer – sind jeweils erfüllt.

1. Die Festsetzung der Vergütung des Insolvenzverwalters (einschließlich der zu erstattenden Auslagen) nach § 64 Abs. 1 InsO unterliegt nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 64 Abs. 3 InsO der sofortigen Beschwerde (§ 6 Abs. 1 InsO) mit der Einschränkung, dass auch hier die Mindest-Beschwerdewerte des § 567 Abs. 2 ZPO erreicht sein müssen. Damit eröffnet § 7 Abs. 1 InsO – unter näher bezeichneten Zulassungsvoraussetzungen – gegen die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung den Weg zur weiteren Beschwerde als Rechtsbeschwerde.

a) Dies steht im Widerspruch zur bisherigen Rechtslage. Nach der wohl einhelligen, auch vom Senat (z.B. unveröff. Beschlüsse 8 W 321/88; 69/89) geteilten Auffassung in der Rechtsprechung waren Entscheidungen über die Konkursverwaltervergütung (bzw. Sequestervergütung u.a.) als Entscheidungen über „Prozesskosten” i.S.v. § 568 Abs. 3 ZPO mit der weiteren Beschwerde nicht angreifbar (z.B. OLG Königsberg JW 1926, 69; OLG Hamm JurBüro 1953, 410; OLG Celle RPfl 1971, 320; KG ZIP 1980, 30; OLG Düsseldorf RPfl 1995, 377; OLG Naumburg JurBüro 1994, 303; vgl. z.B. Kuhn/Uhlenbruck, KO, 11. Aufl. 1994, § 85 Rn. 18; Kilger/Karsten Schmidt, Insolvenzgesetze, 17. Aufl. 1997, § 73 Anm. 4 b; Zöller/Gummer, ZPO, 21. Aufl. 1999, § 568 Rn. 34).

b) Die dagegen schon früher verschiedentlich geltend gemachten Bedenken (vgl. bes. Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung in Insolvenzverfahren, 1. Aufl. 1997, § 6 Rn. 22 ff m.w.N.w.) haben sich nach Inkraftreten der Insolvenzordnung verstärkt. Aus der Neuregelung wird überwiegend geschlossen, der Gesetzgeber habe den früheren Rechtszustand ändern wollen (deutlich Uhlenbruck NZI 1999, 175, 177; Haarmeyer, ZInsO 1998, 275 ff, 325 (der in der Fortsetzung der früheren Rechtsprechung sogar eine „Rechtsverweigerung” sieht); Eickmann in HK-InsO, 1999, § 64 Rn. 13; Kübler/Prütting/Lüke, InsO 1998, § 64 Rn. 17; Smid, InsO, 1999, § 7 Rn. 17; Haarmeyer/Wutzke/Förster, Vergütung, 2. Aufl. 1999, Rn. 10 vor § 1, Rn. 22 zu § 8 InsVV; ablehnend dagegen z.B. Kichhof in HK-InsO § 7 Rn. 7; Hoffmann NZI 1999, 425, 426; ohne klare Stellungnahme z.B. Schmerbach in FK-InsO, 1999, § 6 Rn. 27 ff; § 7 Rn. 3 ff; Hössl in FK-InsO § 64 Rn. 11; Nerlich/Römermann/Becker, I...

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