Leitsatz (amtlich)

1. a) Der Gebührenstreitwert einer von einem Vorstandsmitglied einer Genossenschaft erhobenen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Kündigung bemisst sich nach der Bruttovergütung, die das Vorstandsmitglied innerhalb des Zeitraums erzielen kann, für den eine rechtlich geschützte Entgelterwartung besteht. Dieser Zeitraum beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die streitgegenständliche Kündigung wirksam werden soll, und endet mit dem Zeitpunkt, zu dem die Genossenschaft das Vertragsverhältnis aufgrund der nächstmöglichen ordentlichen Kündigung beenden könnte.

b) Für die Frage, wann das Vertragsverhältnis nächstmöglich gekündigt werden kann, ist auf die erste, dem Eingang der Klage folgende Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung abzustellen.

2. Übersteigt der Zeitraum der rechtlich geschützten Entgelterwartung die Dauer von drei Jahren, ist für die Streitwertfestsetzung nur auf diesen kürzeren Zeitraum abzustellen.

3. Die danach maßgebliche Bruttovergütung ist um den bei positiven Feststellungsklagen üblichen Abschlag von 20 % zu kürzen.

 

Normenkette

GKG § 12 Abs. 1, § 17 Abs. 3, § 25 Abs. 2 S. 2; ArbGG § 12 Abs. 7

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Aktenzeichen 3 O 49/02)

 

Tenor

Im Hinblick auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des LG Heilbronn vom 22.7.2002 abgeändert und der Streitwert von Amts wegen auf 45.607,20 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Das LG hat nach Klagerücknahme den Streitwert der auf Feststellung des Fortbestehens des zwischen den Parteien auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Anstellungsvertrages über den 30.9.2002 hinaus gerichteten Klage auf 273.643 Euro festgesetzt. Hierbei hat es nach § 12 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO die Vorschrift des § 17 Abs. 3 GKG entspr. angewandt und hat den Streitwert unter Berücksichtigung eines Abzuges von 20 % wegen der positiven Feststellungsklage auf den dreifachen Jahresbetrag des Bruttojahreseinkommens des Klägers festgesetzt. Eine Beschränkung auf den Zeitraum bis zur nächstmöglichen fiktiven Kündigungsmöglichkeit hat es abgelehnt mit dem Hinweis darauf, dass nach dem Klagvortrag eine Kündigung durch die beklagte Volksbank einen Beschluss der Vertreterversammlung voraussetze. Ob ein solcher Beschluss gefasst werde, sei ungewiss.

Der Kläger begehrt unter Hinweis auf einen Beschluss des OLG Köln (OLG Köln, Beschl. v. 8.9.1994 – 19 W 31/94, OLGReport Köln 1994, 268) eine Herabsetzung des Streitwertes auf einen Jahresbetrag seines Bruttoeinkommens. Er meint, angesichts des der Beklagten zustehenden Kündigungsrechts von 12 Monaten zum Ende eines Quartals könne für die Streitwertfestsetzung lediglich der Zeitraum bis zur nächstmöglichen ordentlichen Kündigung des Anstellungsvertrages herangezogen werden.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat im eigenen Namen den angefochtenen Beschluss mit näherer Begründung als zutreffend verteidigt.

Das LG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die zulässige Beschwerde des Klägers führt nicht nur zu einer antragsgemäßen Herabsetzung des Streitwerts auf einen Jahresbetrag des Bruttojahreseinkommens des Klägers. Der Streitwert ist vielmehr nach § 25 Abs. 2 S. 2 GKG von Amts wegen auf das vom Kläger in sechs Monaten zu erzielende Bruttoeinkommen von 57.009 Euro abzgl. eines Abschlags für die Feststellungsklage von 20 %, somit auf 45.607,20 Euro festzusetzen.

1. Das LG ist im Ausgangspunkt zu Recht davon ausgegangen, dass sich der Streitwert einer im Verfahren vor den Zivilgerichten erhobenen Klage auf Feststellung des Fortbestehens eines Anstellungsvertrages nicht nach dem gem. § 12 Abs. 7 S. 1 ArbGG maßgebenden Entgelt für die Dauer eines Vierteljahres richtet. Der Gebührenstreitwert ist vielmehr nach § 3 ZPO zu bemessen, in dessen Rahmen § 17 Abs. 3 GKG entspr. heranzuziehen ist (BGH, Beschl. v. 13.2.1986 – IX ZR 114/85, MDR 1986, 669 = NJW-RR 1986, 676).

2. Entgegen der in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Ansicht und über die vom Kläger selbst begehrte Abänderung hinaus führt die analoge Anwendung von § 17 Abs. 3 GKG dazu, dass der Streitwertberechnung lediglich das vom Kläger in sechs Monaten zu erzielende Bruttoeinkommen zugrunde zu legen ist.

a) Nach soweit ersichtlich einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung (OLG Celle OLGReport Celle 1994, 298; OLG Köln, Beschl. v. 8.9.1994 – 19 W 31/94, OLGReport Köln 1994, 268; OLG Stuttgart, Beschl. v. 28.1.2000 – 12 U 71/98, n.v.; wohl auch OLG Naumburg v. 20.7.1995 – 7 U 122/94, OLGReport Naumburg 1995, 214 [215]) bemisst sich der Streitwert einer auf Feststellung des Fortbestehens eines Anstellungsvertrages gerichteten Klage auf das bis zur nächstmöglichen ordentlichen Kündigung, höchstens aber auf das in drei Jahren zu erzielende Entgelt. Dies steht auch im Einklang mit der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zu der inhaltlich weitgehend mit § 17 Abs. 3 S. 1 GKG übereinstimmenden Vorschrift des § 12 Abs. 7 S. 2 ArbGG (LAG Baden-Württemberg v. 8.11.1985 – 1 Ta 202/85, BB 1986, 532). Damit richtet sich de...

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