Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwalts-Vergütung bei Bestellung als Verfahrenspfleger

 

Leitsatz (amtlich)

Ein zum Verfahrenspfleger bestellter Rechtsanwalt kann eine Vergütung nach den – die Sätze des BVormVG überschreitenden – Sätzen der BRAGO von der Staatskasse verlangen, wenn er bei Übernahme des Amtes auf diese Vergütung vertrauen durfte.

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 3, § 1836; FGG § 56g Abs. 5

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Aktenzeichen 1 T 88/01)

AG Freudenstadt (Aktenzeichen 2 II GR 2/01)

 

Gründe

I. Im zugrundeliegenden Unterbringungsverfahren hat die generalbevollmächtigte Tochter wegen gravierender Weglauftendenzen ihrer altersverwirrten Mutter, der Betroffenen, die Genehmigung zu deren Unterbringung in einer geeigneten Heimeinrichtung beantragt. Das AG hat den beschwerdeführenden Rechtsanwalt zum Verfahrenspfleger der Betroffenen bestellt und gleichzeitig festgestellt, dass die Verfahrenspflegschaft einer spezifischen anwaltlichen Tätigkeit bedürfe, da es um eine Freiheitsentziehung durch Unterbringung gehe. Nach Anhörung der Betroffenen und Erstattung eines Sachverständigengutachtens hat das AG die Unterbringung der Betroffenen in einem geschlossenen geronto-psychiatrischen Pflegezentrum genehmigt.

Der Verfahrenspfleger hat die Festsetzung einer Vergütung i.H.v. 510,40 DM – je 200 DM analog § 112 Abs. 1 Ziff. 1 und 2, Abs. 4 BRAGO zzgl. 40 DM Auslagenpauschale und Umsatzsteuer – beantragt. Die Urkundsbeamtin des AG hat lediglich eine Tätigkeitsvergütung i.H.v. 139,20 DM – zwei Stunden Tätigkeitsvergütung à 60 DM zzgl. Umsatzsteuer gem. § 1836 BGB i.V.m. § 1 BVormVG – festgesetzt und den weiter gehenden Antrag mit der Begründung zurückgewiesen, es sei nicht ersichtlich, dass die Verfahrenspflegschaft einer anwaltsspezifischen Tätigkeit bedurft hätte.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG Rottweil unter Zulassung der Rechtsbeschwerde zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BVerfG vom 7.6.2000 (BTPrax 2000, 254) stehe dem Verfahrenspfleger hier nur die vom AG zugebilligte Vergütung gem. den Sätzen des BVormVG zu. Die Notwendigkeit einer spezifisch anwaltlichen Tätigkeit könne nicht festgestellt werden. Die vom Amtsrichter bei der Bestellung getroffene gegenteilige Feststellung sei im Gesetz nicht vorgesehen und sei deshalb nicht bindend. Sie sei im Vergütungsfestsetzungsverfahren durch das Beschwerdegericht noch abänderbar.

Mit der sofortigen weiteren Beschwerde macht der Verfahrenspfleger geltend, das LG habe die Erforderlichkeit einer spezifisch anwaltlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Verfahrenspflegerbestellung zu Unrecht verneint. Jedenfalls aber müsse ihm aufgrund der schon anlässlich der Bestellung getroffenen entspr. Feststellung des AG Vertrauensschutz zugebilligt werden. Dieser Vertrauensschutz könne nicht mehr rückwirkend entzogen werden.

II. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers ist aufgrund der Zulassung durch das LG gem. § 56g Abs. 5 S. 2 FGG statthaft und auch sonst zulässig.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Die Entscheidung des LG ist rechtsfehlerhaft i.S.v. §§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO n.F. und daher abzuändern.

1. Die Vergütung eines Verfahrenspflegers in Unterbringungsverfahren richtet sich der Höhe nach gem. §§ 70b Abs. 1 S. 3, 67 Abs. 3 FGG nach den für die Vergütung von Berufsbetreuern geltenden Regeln, also insb. nach § 1 BVormVG. Danach steht einem Berufsbetreuer eine Vergütung vom höchstens 60 DM (bzw. seit 1.1.2002 31 Euro) pro Stunde zu. Mit seiner Entscheidung vom 7.6.2000 hat das BVerfG jedoch klargestellt, dass als Verfahrenspfleger eingesetzte Rechtsanwälte dann nach den Regeln der BRAGO Vergütung ihrer Tätigkeit verlangen können, wenn ihre konkret erforderlich gewordene Tätigkeit die normalerweise an Verfahrenspfleger gestellten Anforderungen übersteigt und speziell anwaltliche Tätigkeit abverlangt, wenn also professioneller Rechtsrat vonnöten oder wenigstens üblich ist (BVerfG BtPrax 2000, 254). Die restriktive bisherige Rspr., die eine Vergütung nach den Sätzen der BRAGO unter Verweis auf § 1835 Abs. 3 BGB als ausgeschlossen ansah, ist überholt (so auch OLG Zweibrücken v. 23.8.2001 – 3 W 114/01, MDR 2002, 297).

2. Ob die dem Verfahrenspfleger in vorliegender Sache abverlangte Tätigkeit speziell anwaltliche Fertigkeiten gefordert hat, haben der Bezirksrevisor und die Vorinstanzen in vorliegendem Vergütungsverfahren zu Recht in Frage gestellt. Anders als dies der Amtsrichter bei Bestellung des anwaltlichen Verfahrenspflegers gesehen hat, ergibt sich die Notwendigkeit anwaltsspezifischer Tätigkeit des bestellten Verfahrenspflegers nicht allein schon daraus, dass Gegenstand eines Verfahrens eine mögliche Unterbringung eines Betreuten ist (vgl. OLG Zweibrücken v. 23.8.2001 – 3 W 114/01, MDR 2002, 297).

Jedoch bedarf dies in vorliegender Sache keiner Entscheidung. Denn der Verfahrenspfleger kann hier seine Tätigkeit deshalb nach den Sätzen der BRAGO abrechnen, weil er nur in begründetem V...

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