Leitsatz (amtlich)

1. Ein Rechtsanwalt, der in einem Betreuungsverfahren zum Verfahrenspfleger bestellt worden ist, kann darauf vertrauen, einen Aufwendungsersatzanspruch nach BRAGO abrechnen zu können, wenn ihm bei seiner Bestellung der Richter auf den Einzelfall bezogene Tatsachen mitgeteilt hat, die im konkreten Fall die erforderliche Hinzuziehung eines Rechtsanwalts erkennbar begründen.

2. In diesem Fall ist es unerheblich, ob im Laufe des Betreuungsverfahrens tatsächlich eine spezifisch anwaltliche Tätigkeit stattgefunden hat oder nicht.

 

Normenkette

BGB § 1835 Abs. 3; FGG § 67 Abs. 3; BVormVG § 1

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 13.08.2001; Aktenzeichen 13 T 11845/01)

AG München (Beschluss vom 28.03.2001; Aktenzeichen 703 XVII 06122/00)

 

Tenor

I. Der Beschluß des Landgerichts München I vom 13. August 2001 wird aufgehoben, soweit die Vergütung für die Tätigkeit der Verfahrenspflegerin im Betreuungsverfahren auf 556,80 DM gegen die Staatskasse festgesetzt worden ist.

II. Die Beschwerde der Verfahrenspflegerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 28. März 2001 wird auch insoweit zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

In dem für die Betroffene durchgeführten Betreuungs- und Unterbringungsverfahren bestellte das Amtsgericht am 4.1.2001 eine Rechtsanwältin zur Verfahrenspflegerin, „weil hier das fachspezifische Tätigwerden und Vertretung durch einen Rechtsanwalt vonnöten” sei. Der Beschluß erging im Anschluß an die persönliche Anhörung der Betroffenen, bei welcher die Verfahrenspflegerin anwesend war. Das Amtsgericht bestellte am 8.3.2001 für die Betroffene eine Berufsbetreuerin mit umfassenden Aufgabenkreisen.

Mit Schreiben vom 19.3.2001 beantragte die Verfahrenspflegerin unter anderem, ihre Tätigkeit im Betreuungsverfahren bei einem Gegenstandswert von 5.000,00 DM mit zwei 7,5/10 Geschäftsgebühren gemäß §§ 11, 118 Abs. 1 Satz 1 BRAGO von je 240,00 DM zuzüglich Mehrwertsteuer zu vergüten. Diesen Antrag wies das Amtsgericht am 28.3.2001 zurück. Auf die Beschwerde der Verfahrenspflegerin vom 11.4.2001 half das Amtsgericht am 25.6.2001 der Beschwerde teilweise, aber nicht in diesem Punkt ab.

Das Landgericht hat am 13.8.2001 den Beschluß des Amtsgerichts in der Form vom 25.6.2001 dahingehend abgeändert, daß es die Verfahrenspflegervergütung im Betreuungsverfahren entsprechend der BRAGO auf 556,80 DM festgesetzt hat.

Gegen diesen Beschluß wendet sich der Bezirksrevisor mit seiner sofortigen weiteren Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß § 67 Abs. 3 Satz 3, § 56g Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 5 Satz 2 FGG zulässig, insbesondere ist sie vom Landgericht zugelassen.

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

1. Das Landgericht hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:

Ausgangspunkt sei der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts, nach welchem grundsätzlich der als Verfahrenspfleger tätige Rechtsanwalt Aufwendungsersatz nach der BRAGO liquidieren könne, wenn ein Laie in gleicher Lage vernünftigerweise einen Rechtsanwalt zuziehen würde. Ob im vorliegenden Fall ein Laie tatsächlich einen Rechtsanwalt hinzugezogen hätte, sei allerdings für die Entscheidung unerheblich und werde ausdrücklich offen gelassen. Die Vergütung nach BRAGO sei hier aufgrund des Vertrauensschutzes geboten. Zwar enthalte der Beschluß des Amtsgerichts vom 4.1.2001 erkennbar keine Vertrauensgrundlage, da das Amtsgericht im Beschluß keine Begründung für die Notwendigkeit einer anwaltsspezifischen Tätigkeit gebe. Schützenswertes Vertrauen sei aber durch die mündlichen Äußerungen des Amtsrichters anläßlich der Bestellung der Verfahrenspflegerin entständen. Er habe erklärt, er halte die Vertretung durch eine Rechtsanwältin wegen der rechtlichen Schwierigkeiten im Hinblick auf einen möglichen Interessenskonflikt bei der Betreuung für nötig. Die Verfahrenspflegerin sei unter der Voraussetzung tätig geworden, ihre Tätigkeit nach BRAGO abrechnen zu können. Diese quasi vereinbarte Basis für die Übernahme des Amtes könne ihr nicht mehr einseitig für die Vergangenheit im Vergütungsverfahren entzogen werden. Es sei daher ohne Bedeutung, ob sich nach der Übernahme des Verfahrenspflegeramtes herausgestellt habe, daß doch keine rechtsanwaltsspezifische Tätigkeit anfalle.

2. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO a.F.) nicht stand.

Der Verfahrenspflegerin steht auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7.6.2000 (FamRZ 2000, 1280 ff.) nur die Vergütung gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 und 2 FGG i.V.m. § 1 BVormVG zu; Aufwendungsersatz nach § 1 Abs. 2 Satz 1 BRAGO i.V.m. § 1835 Abs. 3 BGB kann sie nicht verlangen.

a) Gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 FGG sind dem Verfahrenspfleger Aufwendungsersatz und Vergütung aus der Staatskasse zu zahlen. Gemäß Absatz 3 Satz 2 erster Halbsatz der Vorschrift bestimmen sie sich in entsprechender Anwendung der §§ 1908e bis 1908i BGB, und damit über § 1908i Satz 1 BGB nach den für Aufwendungsersatz und Vergütung des Vormunds geltenden Grundsätz...

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