Leitsatz (amtlich)

1. Ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, ist, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, nicht Führer des Kraftfahrzeugs i. S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO, § 2 Abs. 2 StVO.

2. Ein Fahrlehrer, der einen Fahrschüler auf einer Ausbildungsfahrt begleitet, ist Verkehrsteilnehmer i. S. von § 1 Abs. 2 StVO und kann somit eine Straßenverkehrsordnungswidrigkeit nach § 49 Abs.1 Nr.1, § 1 Abs. 2 StVO begehen, wenn er seine Verpflichtung, eine Schädigung eines anderen Verkehrsteilnehmers zu verhindern, schuldhaft verletzt.

 

Normenkette

StVO § 49 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 2 Abs. 2, § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Rottenburg (Entscheidung vom 20.09.2013; Aktenzeichen 4 OWi 15 Js 8914/13)

 

Tenor

  1. Das Verfahren wird gemäß § 47 OWiG auf den Vorwurf ordnungswidrigen Verhaltens nach § 49 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Abs. 2 StVO beschränkt.
  2. Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Rottenburg am Neckar vom 20. September 2013 wie folgt abgeändert:

    "Der Betroffene wird wegen fahrlässigen Schädigens eines anderen Verkehrsteilnehmers zu einer Geldbuße von 35 € verurteilt.

    Der Betroffene trägt die Kosten des Verfahrens."

    Die Liste der angewandten Vorschriften wird wie folgt neu gefasst:

    "§ 1 Abs. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 1 StVO, § 24 StVG, Nr. 1.4 BKat"

  3. Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen das Urteil als unbegründet

    v e r w o r f e n .

  4. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.
 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Rottenburg am Neckar verurteilte den Betroffenen am 20. September 2013 wegen einer fahrlässig begangenen Ordnungswidrigkeit des Nichtbeachtens des Rechtsfahrgebots mit Verursachung eines Unfalls zu der Geldbuße von 100 €.

Hiergegen wandte sich der Betroffene mit einem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde. Er rügte die Verletzung materiellen Rechts und des Rechts auf rechtliches Gehör und griff insbesondere die Beweiswürdigung des Amtsgerichts an. Die Generalstaatsanwaltschaft beantragte, die Rechtsbeschwerde zuzulassen und auf die Rechtsbeschwerde das Urteil aufzuheben und die Sache an das Amtsgericht Rottenburg am Neckar zurückzuverweisen.

Der Einzelrichter hat die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache zur Fortbildung des Rechts auf den Bußgeldsenat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen (§ 80a Abs. 3 Satz 1 OWiG).

II.

1.

Das Amtsgericht hat rechtsfehlerfrei u. a. folgenden Sachverhalt festgestellt:

Am 2. Januar 2013 gegen 14:25 Uhr war der Betroffene mit einem Pkw VW auf einer Kreisstraße unterwegs. Er befand sich als Fahrlehrer auf dem Beifahrersitz. Lenkerin des Fahrzeugs war eine Fahrschülerin. Für die Fahrschülerin war es die dritte, vierte oder fünfte Fahrstunde. Das Fahrschulauto fuhr während der Fahrt teilweise sehr weit rechts, teilweise weit in der Fahrbahnmitte. Nach zwei scharfen Rechtskurven kam dem Fahrschulauto ein Pkw BMW entgegen. Das Fahrschulauto fuhr zu diesem Zeitpunkt mit einer Geschwindigkeit von ca. 30 km/h, der BMW mit einer Geschwindigkeit von ca. 50 bis 60 km/h. Es kam zwischen beiden Fahrzeugen zu einem Streifvorgang, bei dem der linke Außenspiegel des Fahrschulwagens abgebrochen und der linke Außenspiegel des Pkw BMW stark verkratzt wurde. Die Fahrbahn im Bereich der Unfallörtlichkeit ist inklusive der halben Breite der Randstreifenmarkierung 4,43 m breit. Außerhalb der Randstreifenmarkierung befindet sich dann jeweils noch ein 15 - 20 cm breiter asphaltierter Straßenteil. Die Fahrzeugbreite des PKW BMW beträgt inclusive Außenspiegel 2,16 m. Die Fahrzeugbreite des Fahrschulautos inclusive Außenspiegel beträgt 2,14 m. Unfallursächlich war, dass beide Unfallbeteiligten nicht äußerst rechts gefahren sind. Das Fahrschulfahrzeug des Betroffenen befand sich zur Unfallzeit mindestens 7,5 cm auf der Gegenfahrbahn. Da der Betroffene als Fahrlehrer diese Strecke des Öfteren fährt und sich bewusst ist, dass die Fahrbahn dort sehr schmal ist, hätte er ohne weiteres erkennen können, dass an dieser Stelle möglichst weit rechts zu fahren ist, erforderlichenfalls unter Inanspruchnahme der Fläche außerhalb der Fahrbahnbegrenzungslinie.

Hinsichtlich dieser Feststellungen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Begründung der Rechtsbeschwerde hat insoweit keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben. Die Rechtsbeschwerde unternimmt letztlich nur den unbehelflichen Versuch, die eigene Beweiswürdigung an die Stelle der rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung des Amtsgerichts zu setzten, was im Rechtsbeschwerdeverfahren keinen Erfolg haben kann. Auch die vom Betroffenen beanstandete Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör greift aus den zutreffenden Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragschrift vom 19. Dezember 2013 nicht durch.

2.

Hingegen erweist sich die rechtliche Würdigung durch das Amtsgericht als rechtsfehlerhaft.

a)

Der festgestellte Sachverhalt trägt eine Verurteilung nach § 49 Abs. 1 Nr. 2, § 2 Abs. 2 StVO wegen fahrlässigen Nichtbeachte...

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