Leitsatz (amtlich)

1. Der werkvertragliche Erfüllungsanspruch kann vor dem nach der Abnahme bestehenden Nacherfüllungsanspruch verjähren (entgegen OLG Hamm NJW 2019, 3240).

2. Hinsichtlich eines Vertragsstrafenversprechens besteht eine Akzessorietät im Verhältnis zu der solchermaßen bewehrten Hauptverbindlichkeit allenfalls in eingeschränkter Form, nämlich zeitlich bis zu einer Verwirkung der Vertragsstrafe; damit teilt die Vertragsstrafe in Verjährungsfragen nicht das Schicksal des Hauptanspruches und ein Gleichlauf der betreffenden Fristen scheidet aus.

 

Normenkette

BGB §§ 195, 199 Abs. 1, § 214 Abs. 1, §§ 217, 271 Abs. 2, § 634a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2

 

Tenor

I. 1a. Die Berufung der Klägerin zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts Rostock vom 26.04.2019 wird als unzulässig verworfen, soweit sie beantragt, das unter Ziffer I) genannte Urteil zu ihren Gunsten auf einen weiteren Zahlungsbetrag hinsichtlich der Hauptforderung abzuändern, welcher 107.269,01 EUR übersteigt.

b. Das unter Ziffer I) genannte Urteil wird dahingehend berichtigt, dass der Hauptforderungsbetrag unter Ziffer 1) des Tenors 59.087,72 EUR lautet.

1. 2. Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin zu 1) zurückgewiesen.

II. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 26.04.2019 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage der Klägerin zu 1) wird abgewiesen.

III. Die Klägerin zu 1) trägt hinsichtlich beider Rechtszüge ihre eigenen außergerichtlichen Auslagen in voller Höhe sowie von den bis zum 02.02.2021 angefallenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Auslagen der Beklagten jeweils die Hälfte.

IV. Dieses Teilurteil und - im Umfang seiner Aufrechterhaltung - das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin zu 1) kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über Rückerstattungs- und Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Werkvertrag über die Errichtung eines Einfamilienhauses.

Bei der Beklagten handelt es sich um ein Bauunternehmen. Am 30.01.2008 schlossen die Parteien in diesem Zusammenhang einen Vertrag über die Errichtung eines schlüsselfertigen Einfamilienhauses des Typs Architektenhaus Mare 138 auf dem Grundstück der Kläger unter der Anschrift ... in ... nach einer als Anlage beigefügten Bau- und Leistungsbeschreibung zu einem Pauschalpreis in Höhe von 161.850,00 EUR brutto. Der unter Verwendung eines Vordruckes der Beklagten erstellte Vertrag enthielt unter anderem die folgenden hier relevanten Regelungen:

"(...)

7. Ausführungszeit und Ausführungsfristen

(...)

Folgende Voraussetzungen für den fristgerechten Baubeginn sind durch den Auftraggeber zu erbringen:

(...)

Bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen werden dem Auftragnehmer 14 Tage Vorbereitungszeit eingeräumt. Danach beginnt die vertraglich vereinbarte Bauzeit von drei Monaten.

Bauzeitverlängernd wirken Tage mit denen der Auftraggeber im Zahlungsverzug ist, witterungsbedingte Bauzeitverlängerungen und der Weihnachtsfrieden vom 24.12. bis 03.01. (...) Des Weiteren wird die Bauzeit durch nachfolgende Ereignisse verlängert:

- Höhere Gewalt

- Unberechtigte Widersprüche des Auftraggebers gegen die Bauausführung

- Bautechnische Änderungswünsche während der Bauphase durch den Auftraggeber

- Behördliche Unterbrechungen aufgrund zusätzlicher Auflagen oder Ereignisse

- Alle vom Auftraggeber schuldhaft verursachten Unterbrechungen

(...)

8. Vertragsstrafe

Kommt es zu einer vom Auftragnehmer schuldhaft verursachten Überschreitung der Bauzeit, so kann der Auftraggeber ab dem ersten Tag der Fristüberschreitung eine Vertragsstrafe von 45,00 EUR pro Kalendertag geltend machen. Insgesamt ist die Vertragsstrafe auf fünf Prozent des vereinbarten Pauschalfestpreises begrenzt.

(...)

11. Sonstige Vereinbarungen

(...)

Wird das Haus vom Auftraggeber vor Übergabe ohne einen verantwortlichen Mitarbeiter des Auftragnehmers betreten, wird ausdrücklich die Haftung für Personenschäden, die nicht fahrlässig oder vorsätzlich vom Auftragnehmer verschuldet wurden, ausgeschlossen. Wird das Haus vom Auftraggeber vor Übergabe ohne einen verantwortlichen Mitarbeiter des Auftragnehmers betreten, wird ausdrücklich die Haftung für Sachschäden, die nicht vorsätzlich oder grob fahrlässig vom Auftragnehmer verschuldet wurden, ausgeschlossen.

(...)"

Darüber hinaus trafen die Parteien noch eine Vereinbarung über eine Sonderausstattung bezüglich der Verglasung für 1.230,46 EUR.

Die Wohnfläche des Hauses sollte knapp 140 m2 betragen zuzüglich einer überdachten Terrasse mit 17,4 m2 und einer Sonnenterrasse mit 27 m2 sowie nicht ausgebauter Dachböden mit knapp 67 m2; im Falle einer Vermietung wäre eine Nettokaltmiete von 1.500,00 EUR monatlich zu erzielen.

Zur Finanzierung des Bauvorhabens hatten die Kläger einen Bankkredit über...

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