Entscheidungsstichwort (Thema)

Verständigung im Strafprozess: Konsequenzen einer fehlenden Verständigung über Bewährungsauflagen für den solche Auflagen enthaltenden Bewährungsbeschluss

 

Leitsatz (amtlich)

Verhält sich ein vom Gericht unverändert übernommner Verständigungsvorschlag der Verteidigung, der auf die Verlängerung einer Bewährungsstrafe abzielt, sich nicht zu etwaigen Bewährungsauflagen, kann der solche Auflagen enthaltende Bewährungsbeschluss nicht mit der isolierten Beschwerde nach § 305a Abs. 1 StPO mit der Begründung angefochten werden, die Erteilung von Bewährungsauflagen sei "absprachewidrig".

Die vergebliche Nichteinhaltung der Verständigung kann in solchen Fällen nur mit der Revision geltend gemacht werden (Verfahrensrüge wegen Verstoßes gegen § 257c Abs. 4 StPO).

 

Normenkette

StGB §§ 56b, 56d; StPO § 257c Abs. 4, §§ 268a, 305a Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Entscheidung vom 28.01.2015; Aktenzeichen 11 KLs 82/14)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Bewährungsbeschluss der 1. Großen Strafkammer des Landgerichts Rostock vom 28.01.2015 - 11 BwR 4/15 - wird als unbegründet verworfen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

 

Gründe

I.

Das Landgericht Rostock hat den Beschwerdeführer und den Mitangeklagten mit Urteil vom 28.01.2015 - 11 KLs 82/14 (3) - jeweils wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und den Verfall von Wertersatz in Höhe von insgesamt 13.500 € angeordnet. Das Urteil ist rechtskräftig. Der Entscheidung liegt eine Verständigung zugrunde, nach deren Inhalt dem Beschwerdeführer im Falle eines Geständnisses des zuvor erörterten Inhalts "jeweils eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 9 Monaten und (Anm. d. Senats: offenbar gemeint "bis zu ...") 2 Jahren" zugesagt wurde. Die Absprache beruhte auf einer entsprechenden Anregung seitens der Verteidigung, sich auf ein "Geständnis unter Abrede der Existenz einer Bande .... in Erwartung einer Bewährungsstrafe" zu einigen. Mögliche Bewährungsauflagen waren ebensowenig wie der angeordnete Verfall von Wertersatz. Gegenstand dieses vom Gericht unverändert übernommenen Vorschlags der Verteidigung noch der Verständigungsgespräche. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 28.01.2015 hat sich die Verteidigung gegen die Schlussanträge der Staatsanwaltschaft bezüglich der Bewährungsauflage und -weisung nur mit dem Antrag gewandt, keinen Bewährungshelfer zu bestellen und keine Geldauflage zu erteilen. Mit dem beantragten Verfall von Wertersatz hat sie sich ausdrücklich einverstanden erklärt.

Der Beschwerdeführer wendet sich mit der von seinem Verteidiger angebrachten Beschwerde vom 17.02.2015 gegen den Bewährungsbeschluss vom (richtig:) 28.01.2015, soweit ihn die 1. Große Strafkammer für die Dauer der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers unterstellt und ihm auferlegt hat, 300 Stunden gemeinnützige Arbeit nach Weisung der Bewährungshilfe zu leisten. Die Strafkammer hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Generalstaatsanwaltschaft ist der Beschwerde im Hinblick auf die verhängte Bewährungsauflage mit näherer Begründung beigetreten und hat im Übrigen deren Verwerfung als unbegründet beantragt.

II.

Die gemäß §§ 304, 305a Abs. 1, 306 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde des Verurteilten gegen den nach § 268a Abs. 1 StPO ergangenen Bewährungsbeschluss hat insgesamt keinen Erfolg.

Nach § 305a Abs. 1 Satz 2 StPO kann die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass eine getroffene Anordnung gesetzwidrig ist. Gesetzwidrig ist eine Anordnung, wenn sie dem einschlägigen materiellen Recht (§§ 56a bis 56d StGB, § 59a StGB, §§ 68b, 68c StGB) widerspricht, etwa weil sie im Gesetz nicht vorgesehen, unverhältnismäßig oder unzumutbar ist, oder wenn sie sonst die Grenzen des dem Gericht eingeräumten Ermessens überschreitet (Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschl. v. 04.10.2013 - 1 Ws 106/13 -, juris; KG Berlin, Beschl. v. 04.04.2014 - 3 Ws 165/14, 3 Ws 165/14 - 141 AR 133/14 -, juris; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 57. Aufl., § 305a, Rz. 1; Zabeck, in: MK-StPO, 7. Aufl., § 305a, Rz. 11; Frisch, in: SK-StPO, Bd. VI, 4. Aufl., § 305a, Rz. 13 m.w.N.). Darüber hinaus kann auch die Art und Weise des Zustandekommens des Bewährungsbeschlusses dessen Gesetzwidrigkeit begründen (OLG Saarbrücken, aaO.; KG Berlin, aaO.; Frisch aaO.).

Gemessen an diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab erweisen sich sowohl die dem Beschwerdeführer gemäß § 56b Abs. 1 Ziff. 3 StGB erteilte Auflage der Ableistung von 300 Stunden gemeinnütziger Arbeit (1.) als auch die gemäß § 56d StGB erteilte Weisung, sich einem Bewährungshelfer zu unterstellen (2.), als rechtmäßig.

1.

a) Die angefochtene Bewährungsauflage entspricht dem sachlichen Recht der §§ 56b, 56d StGB, denn der Beschwerdeführer ist zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Dass ihm die Erfüllung der Arbeitsauflage n...

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