Leitsatz (amtlich)

›1. Die Frist nach § 5a Abs. 1 VVG für den Widerspruch des Versicherungsnehmers gegen das Zustandekommen des Versicherungsvertrags beginnt nicht, wenn die nach § 5a Abs. 2 VVG gebotene Widerspruchsbelehrung auf der zweiten von drei Seiten des Versicherungsscheins edv-mäßig in derselben Typenart und -größe ausgedruckt ist wie der übrige Text und sich optisch in keiner Weise davon abhebt.

2. Die weiter für den Beginn der Widerspruchsfrist erforderliche vollständige Verbraucherinformation muß übersichtlich und für einen durchschnittlich gebildeten Versicherungsnehmer verständlich abgefaßt sein; eine nicht einmal auf die konkrete Versicherung bezogene tabellarische Aufstellung, in der jeweils druckmäßig angekreuzt ist, welche Angaben der Interessent im "Antrag", in irgendwelchen "Bedingungen" oder im "Versicherungsschein" finden kann, genügt nicht. ‹

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Aktenzeichen 13 O 1944/00)

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines geleisteten Einmalbetrages für eine Rentenversicherung in Anspruch.

Am 28.01.1999 beantragte die damals 74 Jahre alte Klägerin bei der Beklagten unter Vermittlung einer Mitarbeiters der C... C... den Abschluß einer Lebensversicherung mit sofort beginnender Rentenzahlung. Die Mindestlaufzeit der beantragten Versicherung betrug 5 Jahre, ein Kündigungsrecht während dieser Zeit war ausgeschlossen. Nachdem die Klägerin am 09.03.1999 einen einmaligen Betrag von 100.000,-- DM an die Beklagte gezahlt hatte, erfolgten monatliche Rentenzahlungen in Höhe von 994,83 DM. Am 23.03.1999 worden der Klägerin der Versicherungsschein vom 08.03.1999 und die Versicherungsbedingungen ausgehändigt; ferner bestätigte sie durch ihre Unterschrift, daß ihr "die für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen (siehe Übersicht "Wo finden Sie welche Verbraucherinformationen?")... zugegangen" seien. Der Versicherungsantrag vom 28.01.1999 enthielt den Hinweis, daß der Versicherungsvertrag als abgeschlossen gelte, wenn die Klägerin nicht innerhalb von 14 lagen nach Überlassung der Vertragsunterlagen diesen widerspreche. Im Versicherungsschein hieß es insoweit etwas anders, der Versicherungsvertrag gelte auf der Grundlage des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformation - Verzeichnis liege bei - als abgeschlossen, wenn die Klägerin nicht innerhalb von 14 Tagen nach Überlassung der genannten Unterlagen schriftlich widerspreche.

Mit Schreiben vom 25.10.1999 - der Beklagten zugegangen am 02.11.1999 - kündigte die Klägerin den Versicherungsvertrag; ferner widersprach sie mit Anwaltsschreiben vom 24.02.2000 dem Abschluß desselben.

Im Rechtsstreit hat sie die Beklagte auf Rückzahlung der geleisteten 100.000,-- DM abzüglich bis zur Klageerhebung bereits erfolgter Rentenzahlungen in Höhe von 15.917,28 DM in Anspruch genommen. Sie hat behauptet: Bei den Vertragsverhandlungen sei ihr von dem Mitarbeiter der C... C... A... zugesichert worden, jederzeit über das vorhandene Guthaben verfügen zu können. Sie habe deutlich gemacht, daß dies ein wichtiges Abschlußkriterium für sie darstelle. Im übrigen sei sie durch die am 23.03.1999 überreichten Vertragsunterlagen insbesondere hinsichtlich der Abschlußkosten, der Überschußbeteiligung sowie der Rückkaufswerte nicht ausreichend informiert worden. Hilfsweise hat sie die Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung erklärt.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 84.082,72 DM nebst 7 % Zinsen, jedoch mindestens 4 % über dem Basiszinssatz seit dem 06.10.1999 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die Klägerin sei nicht berechtigt gewesen, den Versicherungsvertrag zu kündigen oder ihm zu widersprechen. Der Vermittler A... habe sie ausdrücklich darauf hingewiesen, daß sie über den in die Versicherung eingezahlten Geldbetrag nicht verfügen könne.

Durch das am 22.09.2000 verkündete Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten verwiesen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Dagegen hat die Klägerin zunächst in vollem Umfing Berufung eingelegt. In der Senatsverhandlung hat sie Rentenzahlungen für weitere 7 Monate berücksichtigt. Sie beantragt nunmehr, das angefochtene Urteil zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, an sie 77.118,91 DM nebst 7 % Zinsen, jedoch mindestens 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank, seit dem 06.10.1999 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und der Klägerin die Kosten im Umfang der Berufungsrücknahme aufzuerlegen.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den Inhalt ihrer Schriftsätze verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung hat im wesentlichen Erfolg, denn die Klage ist im jetzt noch zu bescheidenden Umfang mit Ausnahme eines Teils des Zinsanspruchs begründet.

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin von dem Vermittler A... falsch beraten worden ist und die Beklagte sich dies zu...

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