Entscheidungsstichwort (Thema)

Zustellung an den Beklagten statt an Prozessbevollmächtigte einer Vollziehungsverfügung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Verfügungsgläubiger ist gem. §§ 936, 929 Abs. 2, 176 ZPO nur dann verpflichtet, eine Beschlussverfügung an den Prozessbevollmächtigten zuzustellen, wenn sich dieser zweifelsfrei für das einstweilige Verfügungsverfahren gemeldet hat.

2. Das einstweilige Verfügungsverfahren ist nicht Bestandteil des Hauptverfahrens, so dass die §§ 176, 82 ZPO dem Gläubiger zwar das Recht geben, Zustellungen auch an den Bevollmächtigten des Hauptprozesses zu bewirken, ihm aber keine entsprechende Pflicht auferlegen.

 

Normenkette

ZPO §§ 929, 936; UWG § 7

 

Verfahrensgang

LG Osnabrück (Aktenzeichen 16 O 255/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 16. Zivilkammer (4. Kammer für Handelssachen) des LG Osnabrück vom 4.7.2001 aufgehoben.

Der Beklagten wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken an ihren Geschäftsführern, untersagt,

a) in der „N.O.Z.”, in dem „M.K.t” und in dem „B.K.” sowie in öffentlichen Bekanntmachungen und Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, Verkaufsveranstaltungen anzukündigen mit der Aussage

„M.M. macht zu … seinem Umbau … absolute … Schnäppchen!”,

wenn dies geschieht (wie in der „N.O.Z.” vom 10.5.2001) i.V.m. der Nennung sämtlicher Produktbereiche unter Angabe der jeweils günstigsten Anfangspreise, der Abbildung ganzer Ausstellungswände bzw. der Darstellung von Angebotsbeispielen auf Paletten;

b) Verkaufsveranstaltungen, für die mit den zuvor unter a) wiedergegebenen Formulierungen geworben wird, durchzuführen.

Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz zu tragen.

 

Gründe

Von der Darstellung des Tatbestands wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Die Berufung ist zulässig und begründet.

I. Das angefochtene Urteil war aufzuheben, denn die einstweilige Verfügung vom 10.5.2001 ist zu Recht erlassen worden. Die Beklagte ist nach wie vor verpflichtet, die beanstandete Werbung gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2, § 7 Abs. 1 UWG zu unterlassen. Entgegen der Ansicht des LG hat der Kläger die einstweilige Verfügung auch rechtzeitig gem. §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO vollzogen.

1. Zur Sicherung der im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung können einstweilige Verfügungen erlassen werden, auch wenn die in den § 935, 940 ZPO bezeichneten Voraussetzungen nicht vorliegen, § 25 UWG. Die Eilbedürftigkeit (Verfügungsgrund) ist daher gegeben und braucht nicht besonders begründet zu werden.

2. Der Verfügungsanspruch auf Unterlassung hat seine Rechtsgrundlage in § 7 Abs. 1 UWG.

a) Der Kläger ist gem. § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG berechtigt, den Unterlassungsanspruch geltend zu machen, insbesondere ist die vierseitige Anzeige der Beklagten in mehreren Zeitungen geeignet, den Wettbewerb auf dem relevanten Elektro- und Elektronikhandelsmarkt wesentlich zu beeinträchtigen. Das wird von der Beklagten auch nicht in Zweifel gezogen.

b) Mit der in mehreren Tageszeitungen geschalteten Anzeige hat die Beklagte eine Verkaufsveranstaltung im Einzelhandel, die außerhalb des regelmäßigen Geschäftsverkehrs stattfinden, der Beschleunigung des Warenabsatzes dienen und den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile hervorrufen sollte, mithin eine unzulässige Sonderveranstaltung gem. § 7 Abs. 1 UWG angekündigt und durchgeführt.

Mit der blickfangmäßig herausgestellten Überschrift auf der ersten Seite: „M.M. macht zu …”, hat sie den Eindruck erweckt, dass hier Waren nicht mehr im Rahmen des regelmäßigen Geschäftsbetriebs angeboten werden. Eine solche übersteigerte Werbung mit unwiederholbarer Gelegenheit zum Einkauf, wie es auch das veranstaltende Unternehmen sonst nicht zu bieten vermag, sprengt den Rahmen des „regelmäßigen Geschäftsbetriebs” (vgl. z.B. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 7 UWG Rz. 36). Wenn auch der nur durchschnittlich aufmerksame Leser beim Blättern auf die nächste Seite schnell merkt, dass lediglich umgebaut und das Geschäftslokal nicht geschlossen wird, so bleibt doch der Eindruck der Unterbrechung des regelmäßigen Geschäftsverkehrs. Angesichts des Umfangs der Werbung und der Vielzahl der beworbenen Artikel liegt auch eine das normale Maß übersteigende Verkaufstätigkeit vor, die der Beschleunigung des Warenabsatzes i.S.d. genannten Vorschrift dienen sollte. Die Anzeige erweckt den Eindruck der Gewährung besonderer Kaufvorteile. Der Umfang der Werbung soll i.V.m. der bewussten Verknüpfung mit dem Umbau des Geschäftslokals den Anschein erzeugen, dass eine nur vorübergehende, besonders günstige Gelegenheit zum Einkauf geboten wird. Ansonsten wäre der Hinweis auf die Besonderheit des Umbaus in dieser Anzeige auch überflüssig gewesen.

Bei der groß angelegten Anzeige handelt es sich schließlich nicht mehr um eine zulässige Werbung mit Sonderangeboten i.S.v...

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