Leitsatz (amtlich)

Eine britische "driving licence" stellt keine in Deutschland anzuerkennende Erteilung einer Fahrerlaubnis eines EU-Staates dar, wenn sie lediglich im Wege des Umtausches eines deutschen Führerscheins ausgestellt wurde.

 

Normenkette

FeV § 28 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Oldenburg (Entscheidung vom 23.03.2011; Aktenzeichen 14 Ns 392/10)

 

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil der 14. kleinen Strafkammer des Landgerichts Oldenburg vom 23. März 2011 wird auf seine Kosten als unbegründet verworfen.

 

Gründe

Das Amtsgericht Cloppenburg hatte den Angeklagten am 15. Juni 2010 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt und die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Angeklagten vor Ablauf von 1 Jahr und 6 Monaten keine neue Fahrerlaubnis zu erteilen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Oldenburg durch Urteil vom 23. März 2011 mit der Maßgabe verworfen, dass es den Angeklagten wegen fahrlässigen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Monaten, wiederum ausgesetzt zur Bewährung, verurteilt und die durch das Amtsgericht festgesetzte isolierte Sperrfrist auf 1 Jahr herabgesetzt hat.

Nach den Feststellungen des Landgerichts befuhr der Angeklagte am 14. August 2009 und am 15. Oktober 2009 mit dem Pkw Kia, amtliches Kennzeichen CLPCE 200, öffentliche Straßen in Garrel. Ihm war letztmals am 16. Februar 1987 eine deutsche Fahrerlaubnis erteilt worden. Bereits durch Urteil des Amtsgerichts Oldenburg vom 6. April 2004 war ihm die deutsche Fahrerlaubnis aller Klassen rechtskräftig entzogen worden. Zudem war ihm mit Urteil des Amtsgerichts Cloppenburg vom 6. November 2007 rechtskräftig eine Fahrerlaubnissperre bis zum 13. November 2008 erteilt worden, die auch in das Verkehrszentralregister eingetragen worden war. Der Angeklagte war lediglich im Besitz eines für die erforderlichen Fahrerlaubnisklassen ausgestellten britischen Führerscheins ("driving licence") mit dem Ausstellungsdatum 26. November 2008, den er im Wege des Umtausches seines deutschen Führerscheins (Code 70D) erworben hatte. Der Angeklagte wäre, wenn er sich bei der Fahrerlaubnisbehörde nach der Gültigkeit einer solchermaßen erteilten "Fahrerlaubnis" erkundigt hätte, darauf hingewiesen worden, dass er nicht zum Führen von fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen im Bundesgebiet berechtigt sei.

Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, bleibt ohne Erfolg.

1. Die landgerichtlichen Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis.

Der Angeklagte war nicht im Besitz einer deutschen Fahrerlaubnis. Diese war ihm am 6. April 2004 entzogen worden. Auch der am 26. November 2008 ausgestellte britische Führerschein berechtigte ihn nicht zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Bundesrepublik Deutschland.

a. Zwar sind nach § 28 Abs. 1 FeV im EU-Ausland erteilte Fahrerlaubnisse im Inland anzuerkennen. Eine nach Ablauf der Sperrfrist (13. November 2008) erteilte britische Fahrerlaubnis wäre nach der die Rechtslage im maßgeblichen Zeitraum (vor dem 19. Januar 2009) betreffenden Rechtsprechung des EuGH in der Bundesrepublik gültig, ohne dass es der (erst ab dem 19. Januar 2009 in § 28 Abs. 5 FeV eingefügten) Anerkennung durch die zuständigen deutschen Behörden bedürfte (vgl. Nachweise bei Mosbacher/Gräfe, NJW 2009, 801, 804). Im Hinblick auf den gebotenen Bestandsschutz wäre der Angeklagte bei einer solchen Auslegung auch bei den nach Inkrafttreten der Änderungen des FeV zum 19. Januar 2009 durchgeführten Fahrten zum Führen eines Kraftfahrzeuges berechtigt gewesen, zumal eine im Verkehrszentralregister eingetragene und nicht tilgungsreife Entscheidung über die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht festgestellt ist.

b. Indessen ist hier dem Angeklagten keine Fahrerlaubnis durch einen anderen EUStaat erteilt, sondern nur im Wege des Austausches ein Führerschein ausgestellt worden.

Der britische Führerschein des Angeklagten weist nach den Feststellungen des Landgerichts unter Ziffer 12. hinter den Fahrzeugklassen B und BE jeweils den Code "70D" auf, der gemäß dem Anhang der insoweit übereinstimmenden EU-Richtlinien 91/439/EWG ("2. EU-Führerschein-Richtlinie") und 2006/126/EG ("3. EU-Führerscheinrichtlinie") als harmonisierter Gemeinschaftscode den Umtausch eines deutschen Führerscheins bedeutet.

Die gemäß Artikel 8 Abs. 1 der zum Zeitpunkt der Ausstellung (vor dem 19. Januar 2009) noch gültigen (vgl. Art. 18 der Richtlinie 2006/126/EG) 2. EU-Führerschein-Richtlinie im Falle des Umtausches des Führerscheins dem ausstellenden Mitgliedsstaates obliegende Prüfung der Gültigkeit des Führerscheins ist nicht der Prüfung bei (Neu) Erteilung einer Fahrerlaubnis gleichzusetzen (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss v. 08.05.2009, 12 ME 47/09, NZV 2009, 469). Dementsprechend handelt es sich bei dem britischen Führerschein nicht um eine neu erteilte ...

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