Leitsatz (amtlich)

1. Ist in einem Erörterungstermin gem. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO ein Vergleich geschlossen und Prozesskostenhilfe nur für dessen Abschluss bewilligt worden, kann lediglich eine 1,0 Einigungsgebühr, nicht aber die Verfahrens- oder Terminsgebühr festgesetzt werden.

2. Auf die Einigungsgebühr ist die hälftige Beratungshilfegebühr anzurechnen.

 

Verfahrensgang

AG Lingen (Beschluss vom 09.04.2009; Aktenzeichen 19 F 269/08 UK)

 

Tenor

I. Das Verfahren wird gem. § 56 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 33 Abs. 8 RVG zur Entscheidung auf den Senat übertragen.

II. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Antragsstellerin gegen den Beschluss des AG Lingen vom 9.4.2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin beantragte am 23.10.2008 Prozesskostenhilfe für eine Klage auf Zahlung von Kindesunterhalt. In einem Erörterungstermin im Prozesskostenhilfeverfahren schlossen die Parteien am 28.1.2009 einen Vergleich, wonach der Antragsgegner als nicht leistungsfähig anzusehen war. Zugleich wurde der Antragstellerin Prozesskostenhilfe "für den Vergleichsabschluss" unter Beiordnung des Beschwerdeführers bewilligt.

Der Beschwerdeführer beantragte am 29.1.2009 Festsetzung seiner Gebühren und Auslagen i.H.v. 940,10 EUR. Dabei berechnete er neben der Einigungsgebühr (1,0) auch eine Terminsgebühr (1,2) und Verfahrensgebühr (1,3) sowie die Auslagenpauschale nebst Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 981,75 EUR. Hiervon zog er die hälftige Beratungshilfegebühr nebst Umsatzsteuer i.H.v. insgesamt 41,65 EUR ab.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle setzte am 3.2.2009 die Vergütung i.H.v. 232,05 EUR unter Berücksichtigung der 1,0 Einigungsgebühr, reduziert um die hälftige Beratungshilfegebühr. Die dagegen eingelegte Beschwerde vom 4.2.2009 hat das AG als Erinnerung behandelt, der der Rechtspfleger nach Anhörung des Bezirksrevisors nicht abgeholfen hat. Durch Beschluss vom 9.4.2009 hat der Instanzrichter die Erinnerung zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer durch Schriftsatz vom 14.4.2009 Beschwerde eingelegt, der das AG Lingen mit Beschluss vom 20.4.2009 nicht abgeholfen hat.

II. Die gegen die Entscheidung im Ersterinnerungsverfahren gerichtete sofortige Beschwerde ist gem. §§ 56 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. 33 Abs. 3 RVG zulässig.

In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Dem Beschwerdeführer steht lediglich die am 3.2.2009 festgesetzte Vergütung zu. Eine Erstattung der Verfahrens- und/oder Terminsgebühr kommt nicht in Betracht. Gemäß § 48 Abs. 1 RVG bestimmt sich die zu erstattende Vergütung nach den Beschlüssen über die Prozesskostenhilfebewilligung und die Beiordnung. Dem eindeutigen Wortlaut des Bewilligungsbeschlusses zufolge ist hier Prozesskostenhilfe nur für den Vergleichsabschluss bewilligt worden. Nach einhelliger Auffassung kann für das Prozesskostenhilfeverfahren im Grundsatz keine Prozesskostenhilfe bewilligt werden. Hieran hat der Gesetzgeber durch Einführung des RVG auch nichts ändern wollen (BT-Drucks. 15/1971, 218 zu Nr. 3334). Der äußerst umstrittenen Rechtsprechung des BGH zufolge wird dieser Grundsatz auch im Falle eines Vergleichs im Erörterungstermin nur insoweit durchbrochen, als - wie hier - für den Vergleich Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann (BGH NJW 2004, 2595 ff.; zur Gegenansicht Nachweise bei Zöller/Philippi, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 118 Rz. 8; Fischer, MDR 2008, 477 ff., 477). Damit kann nur die Einigungsgebühr vergütet werden.

Zwar ist neben der Einigungs- auch die Verfahrensgebühr entstanden. Letztere ist aber vom Bewilligungsbeschluss nicht umfasst und muss als Wahlanwaltsgebühr von der Partei erstattet werden. Insoweit hat der BGH in seinem Beschluss vom 8.6.2004 ausgeführt, dass eine auf den Vergleich beschränkte Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Folge habe, dass die Verfahrensgebühr gem. § 51 BRAGO nicht erstattungsfähig sei. Das Inkrafttreten des RVG hat keine Änderung bewirkt. Dagegen soll nach Auffassung sowohl des 11. Zivilsenats des OLG München als auch des 6. Familiensenats des OLG Hamm auch bei einer auf den Vergleich beschränkten Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine Verfahrensgebühr aus der Staatskasse zu erstatten sein, wobei allerdings die Höhe der Verfahrensgebühr unterschiedlich gesehen wird (OLG München, FamRZ 2008, 628: 0,5 Verfahrensgebühr gemäß VV 3337, 3335; OLG Hamm, FamRZ 2009, 145: 1,0 Verfahrensgebühr gemäß VV 3335). Begründet wird dies in beiden Entscheidungen damit, dass die Einigungsgebühr als reine Erfolgsgebühr ohne die zugehörige Gebühr für das Betreiben des Geschäfts nicht anfallen könne (OLG München, FamRZ 2008, 628; OLG Hamm, FamRZ 2009, 145). Dass der Vergütungsanspruch bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Vergleich neben der Vergleichsgebühr auch eine reduzierte Verfahrensgebühr erfasse, sei schon unter Geltung der BRAGO einhellige Meinung gewesen und teils aus § 32 Abs. 2 BRAGO, teils aus § 51 BRAGO entnommen worden (OLG München, a.a.O., m. N.). Die Gebühren seien derart miteinander verbunden, dass es eine Einigungsgebühr ohne Verfahre...

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