Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsanwaltsvergütung: Erstattungsfähigkeit der Verfahrensgebühr des beigeordneten Anwalts für den Vergleichsabschluss im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Findet in einem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren ein Termin zur mündlichen Erörterung gem. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO statt, wird in diesem Termin ein Vergleich abgeschlossen und Prozesskostenhilfe für den Abschluss des Vergleichs bewilligt, kann ein am Vergleich mitwirkender, im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter Rechtsanwalt aus der Staatskasse auch eine 1,0-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 RVG-VV verlangen.

 

Normenkette

ZPO § 118 Abs. 1 S. 3; RVG-VV Nr. 3335

 

Verfahrensgang

AG Borken (Beschluss vom 20.02.2008; Aktenzeichen 33 F 60/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 1) vom 31.3.2008 wird der Beschluss des AG - FamG - Borken vom 20.2.2008 abgeändert.

Auf die Erinnerung des Beteiligten zu 1) vom 15.2.2008 wird der Beschluss des AG - FamG - Borken vom 11.2.2008 ebenfalls abgeändert.

Auf Antrag des Beteiligten zu 1) wird eine ihm aus der Landeskasse zu zahlende weitere Vergütung i.H.v. 242,76 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Nachdem die Antragstellerin des Ausgangsverfahrens Prozesskostenhilfe für eine von ihr beabsichtigte Unterhaltsklage beantragt hatte, hat das AG einen Termin zur mündlichen Erörterung gem. § 118 Abs. 1 S. 3 ZPO anberaumt. In diesem Termin haben die Parteien des Ausgangsverfahrens einen Vergleich abgeschlossen. Der Antragstellerin ist sodann durch Beschluss des AG unter Beiordnung des Beteiligten zu 1) Prozesskostenhilfe für den Vergleichsabschluss bewilligt worden.

Der Beteiligte zu 1) meint nunmehr, aus der Landeskasse nicht nur eine - vom AG bereits festgesetzte - Einigungsgebühr gem. Nr. 1000, 1003 RVG-VV zzgl. Auslagenpauschale, Tage- und Abwesenheitsgeld, Fahrtkosten und darauf entfallender Umsatzsteuer sondern auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 RVG-VV i.H.v. (einschließlich Umsatzsteuer) 242,76 EUR (nach dem festgesetzten Wert von 3.674 EUR) aus der Landeskasse beanspruchen zu können.

Durch Beschluss vom 11.2.2008 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle des AG die Festsetzung einer Verfahrensgebühr abgelehnt. Die hiergegen gerichtete Erinnerung des Beteiligten zu 1) hat der zuständige Richter des AG durch Beschluss vom 20.2.2008 zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte zu 1) mit seiner vom AG zugelassenen Beschwerde.

Die zulässige Beschwerde (die Beschwerdefrist gem. § 56 Abs. 2 S. 1 RVG i.V.m. § 33 Abs. 3 S. 3 RVG ist gewahrt, da eine Zustellung des angefochtenen Beschlusses nicht erfolgt ist) hat Erfolg. Der angefochtene Beschluss und (auf die ebenfalls zulässige Erinnerung des Beteiligten zu 1)) der Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des AG vom 11.2.2008 sind abzuändern. Dem Beteiligten zu 1) ist aus der Landeskasse eine weitere Prozesskostenhilfevergütung i.H.v. 242,76 EUR zu erstatten, da er auch Anspruch auf eine 1,0-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 RVG-VV hat.

Der Senat folgt bei seiner Beurteilung der Rechtslage in vollem Umfang der von ihm eingeholten eingehenden Stellungnahme des Beteiligten zu 3) vom 19.6.2008.

Das gilt zum einen hinsichtlich der Auffassung des Beteiligten zu 3), dass dem Beteiligten zu 1) deshalb eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 RVG-VV aus der Landeskasse zusteht, weil eine - dem Beteiligten zu 1) unstreitig aus der Landeskasse zu erstattende - Einigungsgebühr als reine Erfolgsgebühr ohne zugehörige Gebühr für das Betreiben des Geschäfts nicht anfallen kann (so auch: OLG München AnwBl. 2008, 74; Gerold/Schmidt-von Eicken/Müller-Rabe, RVG, 17. Aufl., Rz. 29 zu VV 3335).

Der Senat ist mit dem Beteiligten zu 3) (und insoweit in Abweichung von der zitierten Entscheidung des OLG München) ferner der Auffassung, dass dem Beteiligten zu 1) eine 1,0-fache Verfahrensgebühr nach Nr. 3335 RVG-VV und nicht nur eine 0,5-fache Verfahrensgebühr gem. Nr. 3337 RVG-VV zusteht, da einer der in Nr. 3337 RVG-VV genannten Ermäßigungstatbestände nicht erfüllt ist. Der Auftrag des Beteiligten zu 1), die Antragstellerin im Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren zu vertreten, hat nicht vorzeitig geendet. Im Termin des AG ist auch nicht lediglich eine "fertige" Einigung protokolliert worden.

Eine Kostenentscheidung ist gem. § 56 Abs. 2 S. 2, 3 RVG weder für das Erinnerungs- noch für das Beschwerdeverfahren veranlasst.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2069756

FamRZ 2009, 145

Rpfleger 2009, 37

FamRB 2009, 115

OLGR-Mitte 2009, 30

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