rechtskräftig

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Höhe des Selbstbehalts bei Unterhaltsanspruch der Mutter eines nichtehelichen Kindes.

 

Normenkette

BGB § 1615

 

Verfahrensgang

AG Nordhorn (Beschluss vom 05.11.1999)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Nordhorn vom 05. November 1999 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die Antragstellerin nimmt als Mutter einer nichtehelich geborenen Tochter den Antragsgegner für sich auf Unterhalt in Höhe von monatlich rund 268, DM Unterhalt in Anspruch. Diesem Begehren ist der Antragsgegner, der über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 2.190, DM verfügt, unter Hinweis auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit entgegengetreten.

Das Amtsgericht – Familiengericht – Nordhorn hat mit Beschluss vom 05. November 1999 die begehrte Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg zurückgewiesen.

Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde ist zwar nach §§ 127 Abs. 2, 567 ZPO zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Erfolgsaussichten für die beabsichtigte Rechtsverfolgung aus zutreffenden Gründen verneint. Auch das Vorbringen in der Beschwerdebegründung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Einer Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs aus § 1615 1 Abs. 2 S.2 BGB steht die mangelnde Leistungsfähigkeit des Antragsgegner entgegen. Nach der vorgelegten Lohnabrechnung verbleibt ihm bei Abzug der üblichen Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen sowie des Tabellenunterhalts für seine Tochter ein anrechenbares Einkommen von allenfalls gerundet 1.750, DM. Bei einem Einkommen in dieser Größenordnung ist er ohne Gefährdung seines eigenen angemessenen Unterhalt zu weiteren Unterhaltsleistungen nicht in der Lage.

Bei Unterhaltsansprüchen nach § 1615 1 BGB kann der dem Unterhaltsverpflichteten zu belassene Selbstbehalt nicht ohne weiteres den Unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Oldenburg entnommen werden. Diese betreffen die nach dem Auseinanderbrechen einer Ehe bestehenden Unterhaltsansprüche der Familienmitglieder und sollen eine angemessene Beteiligung aller Unterhaltsberechtigten an dem verfügbaren Familieneinkommen gewährleisten. Dabei rechtfertigt es die enge wirtschaftliche Verflechtung der Ehegatten, wenn als Folge der gebotenen ehelichen Solidarität ein Unterhaltsverpflichteter eine weitere Einschränkung seiner wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit hinnehmen muss, als es allgemein noch als angemessen angesehen werden kann. Auf andere Unterhaltsansprüche sind diese Erwägungen nicht übertragbar. Vielmehr ist in den Fällen des § 1615 1 BGB wie auch bei Unterhaltsansprüchen Verwandter der Betrag, welcher dem Verpflichteten unangetastet verbleiben muss (§ 1603 Abs. 1 BGB), unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu bemessen (so jetzt ausdrücklich auch die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien des Oberlandesgerichts Oldenburg in der vom 01. Januar 2000 an geltenden Fassung). Dabei hält es der Senat für geboten, im Regelfall auch ohne Darlegung besonderer Belastungen einen höheren Selbstbehalt zugrunde zu legen, als er gegenüber getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten angemessen ist. Denn andere Unterhaltspflichten treffen den Unterhaltsschuldner in der Regel unvorbereitet. Je geringer die zur Verfügung stehenden Mittel sind, um so nachhaltiger wirkt sich jede zusätzliche wirtschaftliche Belastung auf die eigene Lebensstellung aus. Eine Beschränkung auf einen Selbstbehalt von 1.500, DM (ab 01. Januar 2000 1.600, DM) bedingt, dass einem Unterhaltsverpflichteten keine genügenden Mittel mehr für eine eigenverantwortlich frei gestaltete Lebensführung mehr verbleiben. Es entspricht daher allgemeiner Ansicht, dass bei sonstigen Unterhaltsansprüchen von einem erhöhten Selbstbehalt auszugehen ist (vgl. Palandt Diederichsen § 1610 BGB Rn. 16 m.w.N.).

Das hier nach Abzug des Kindesunterhalts dem Antragsgegner verbleibende Einkommen liegt noch unter dem sonst als angemessenen Selbstbehalt zugrunde gelegten Betrag, so dass seine Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist. Es bedarf dabei keiner Vertiefung, ob der angemessene Selbstbehalt stets mit wenigstens 1.800, DM anzunehmen ist (vgl. OLG Hamm FamRZ 1998, 1250) oder ob insbesondere bei einer vorangehenden längeren Lebensgemeinschaft zwischen den Eltern eine Annäherung an die für den Ehegattenunterhalt maßgeblichen Sätze in Betracht kommt. Denn für eine solche Beziehung ist hier nichts ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 127 Abs. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1476074

FamRZ 2000, 1521

NJW-RR 2000, 1531

OLGR-CBO 2000, 170

www.judicialis.de 1999

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