Verfahrensgang

AG Waiblingen (Beschluss vom 23.03.1999; Aktenzeichen 11 F 142/99)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Waiblingen vom 23.03.1999 – 11 F 142/99 –

abgeändert:

Der Antragstellerin wird Prozeßkostenhilfe für die beabsichtigte Klage vom 19.02.1999 mit der Maßgabe bewilligt, daß im Klagantrag Ziff. 2 nur 129,8 % des Regelbetrages verlangt werden können.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin ist das nichteheliche Kind des Antragsgegners. Dieser hat sich durch vollstreckbare Jugendamtsurkunde im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO vom 04.11.1996 verpflichtet, an die Antragstellerin eine monatliche Unterhaltsrente in Höhe von 284,00 DM zu bezahlen.

Die Antragstellerin begehrt – vertreten durch das Jugendamt als Unterhaltsbeistand im Sinne von § 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB – eine Abänderung der Jugendsamtsurkunde vom 04.11.1996. Sie trägt hierzu vor, der Antragsgegner sei im Hinblick auf sein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 2.336,00 DM in der Lage, Unterhalt in Höhe des Existenzminimums zu leisten, weil er keinen weiteren Personen zum Unterhalt verpflichtet sei. Ausgehend von den Berichten der Bundesregierung benennt die Antragstellerin das für sie – im Hinblick auf ihr Alter – anzusetzende Existenzminimum für die Zeit bis 31.12.1998 mit monatlich 431,00 DM und ab 01.01.1999 mit monatlich 461,00 DM. Dies entspräche ab 01.01.1999 132 % des Regelbetrages, weshalb ab 01.07.1999 dieser Vomhundertsatz beansprucht wird. Das anteilige Kindergeld wird für 1998 mit monatlich 110,00 DM und ab 1999 mit monatlich 125,00 DM berücksichtigt.

Die Antragstellerin beantragt Prozeßkostenhilfe für folgende beabsichtigten Klaganträge:

  1. Der Beklagte wird in Abänderung der Urkunde des Jugendamtes des Landratsamtes Rems-Murr-Kreis vom 04.11.1996 verurteilt, an die Klägerin, zu Händen des gesetzlichen Vertreters, anstelle des anerkannten Unterhaltsbetrages von monatlich 284,00 DM vom 01.11.1998 bis 31.12.1998 einen Unterhaltsbetrag von monatlich 321,00 DM und vom 01.01.1999 bis 30.06.1999 einen Unterhaltsbetrag von monatlich 336,00 DM, jeweils monatlich im Voraus zu zahlen; die rückständigen Beträge sofort.
  2. Der Beklagte wird vom 01.07.1999 an zum 01. eines jeden Monats zur Zahlung von 132 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe abzüglich 125,00 DM Kindergeldanteil verurteilt.

Der Antragsgegner ist dem Prozeßkostenhilfeantrag entgegengetreten.

Der Antragsgegner ist der Ansicht, auf der Grundlage des auch von ihm für 1998 zugestandenen monatlichen Nettoeinkommens von 2.336,00 DM (für 1999 verringere sich das Einkommen voraussichtlich) ergäbe sich nach der Düsseldorfer Tabelle bei einer Höherstufung um zwei Einkommensgruppen wegen der Unterhaltsverpflichtung nur für die Antragstellerin ein Tabellenbetrag von 398,00 DM, abzüglich des hälftigen Kindergeldes von 125,00 DM somit ein Zahlbetrag von monatlich 273,00 DM, also weniger, als bereits in der Urkunde des Jugendamts anerkannt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Das Familiengericht hat den Antrag auf Gewährung von Prozeßkostenhilfe mit der Begründung zurückgewiesen, bei der Bestimmung des Unterhaltsbedarfs sei nach gefestigter und einheitlicher Rechtsprechung von den Bedarfssätzen der Düsseldorfer Tabelle auszugehen. Danach errechne sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch für 1998 mit 288,00 DM und ab 01.01.1999 in Höhe von 273,00 DM. Der Unterschiedsbetrag (zur Jugendamtsurkunde) sei (für 1998) so gering, daß eine Abänderung des Unterhaltstitels nicht verlangt werden könne.

Die Antragstellerin hat gegen die Entscheidung des Familiengerichts Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde gegen den die beantragte Prozeßkostenhilfe zurückweisenden Beschluß ist zulässig und auch – bis auf eine geringfügige Abweichung zum Vomhundertsatz für die Zeit ab 01.07.1999 – begründet.

1.

Die Antragstellerin kann gem. § 1610 Abs. 2 BGB Unterhalt in einer Höhe verlangen, die ihren gesamten Lebensbedarf abdeckt. Diese Vorschrift gilt seit Inkrafttreten des KindUG am 01.07.1998 mit der Aufhebung der §§ 1610 Abs. 3 u. 1615 f BGB gleichermaßen für eheliche und nichteheliche Kinder. Dagegen ist die Grundlage für die Bemessung der Unterhaltshöhe nach dem Regelbetrag (§ 1615 f BGB a.F.) resp. Mindestbedarf (§ 1610 Abs. 3 BGB a.F.) entfallen.

Im Interesse der Rechtsvereinheitlichung kann zur Bemessung der Höhe des Kindesunterhalts zwar weiterhin auf die schematisierende und pauschalierende Berechnungsweise der Düsseldorfer Tabelle zurückgegriffen werden. Dies schließt jedoch nicht aus, im Einzelfall die Höhe des Kindesunterhalts abweichend hiervon festzulegen. Dies folgt bereits daraus, daß die Tabelle „nur” monatliche Unterhaltsrichtsätze ausweist, die auf einen gegenüber einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhaltspflichtigen bezogen sind (vgl. Anmerkung 1 der Düsseldorfer Tabelle, Stand 01.07.1998 und 01.07.1999).

Grundl...

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