Leitsatz (amtlich)

1. Das Ende der Vormundschaft für einen Staatsangehörigen der Republik Guinea bestimmt sich gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 EGBGB nach dem Recht der Republik Guinea.

2. Die danach maßgebliche Volljährigkeit wird nach dem Recht der Republik Guinea mit Vollendung des 18. Lebensjahres erreicht. Für die Bestimmung der Volljährigkeit ist in Guinea seit 2008 allein der Code de l'enfant einschlä-gig. Die Vorschriften des guineischen Code civil, die eine Volljährigkeit mit 21 Jahren bestimmt haben, sind seit Inkrafttreten des Code de l'enfant nicht mehr anzuwenden (im Anschluss an OLG Hamm, Beschluss vom 12. Juli 2017 - 12 UF 217/16 und gegen OLG Bremen, Beschluss vom 23. Februar 2016 - 4 UF 186/15, FamRZ 2016, 990 [Ls.]).

 

Normenkette

BGBEG Art. 24 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Meppen (Entscheidung vom 21.06.2017; Aktenzeichen 9 F 157/16 VM)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Meppen vom 21. Juni 2017 aufgehoben. Zur Klarstellung wird festgestellt, dass der Beteiligte zu 2 seit dem 18. Mai 2017 nicht mehr Vormund des Beteiligten zu 1 ist.

Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 3.000 EUR.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Nachdem der am 18. Mai 1999 in ... (Republik Guinea) geborene Beteiligte zu 1 ohne seine Eltern in die Bundesrepublik eingereist war, ist durch Beschluss vom 6. April 2016 das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt worden; das Jugendamt des Landkreises Emsland (Beteiligter zu 2) wurde zum Vormund für den Beteiligten zu 1 bestellt.

Ab Mai 2017 gab es Schriftverkehr zwischen dem Jugendamt und dem zuständigen Familiengericht zu der Frage, wann der Beteiligte zu 1 volljährig wird und wann somit die Vormundschaft endet. Das Familiengericht vertrat darin unter Bezugnahme auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Bremen (Beschluss vom 23. Februar 2016 - 4 UF 186/15, FamRZ 2016, 990) die Auffassung, dass der Beteiligte zu 1 aufgrund des anzuwendenden Rechts der Republik Guinea erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres volljährig werde.

Das Jugendamt hat demgegenüber - nach einer entsprechenden Rückfrage bei der Botschaft der Republik Guinea in Berlin - die Ansicht vertreten, dass der Beteiligte zu 1 mit Vollendung des 18. Lebensjahres am 18. Mai 2017 volljährig geworden sei. Hilfsweise hat das Jugendamt die Entlassung als Vormund beantragt.

Das Familiengericht hat den Antrag auf Entlassung zurückgewiesen und festgestellt, dass der Beteiligte zu 2 weiterhin als Vormund im Amt verbleibt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten zu 2, der an seiner Auffassung festhält, dass der Beteiligte zu 1 mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig geworden sei.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Das Ende der Vormundschaft unterliegt gemäß Art. 24 Abs. 1 Satz 1 EGBGB dem Recht der Republik Guinea. Die nach diesem Recht maßgebliche Volljährigkeit des Beteiligten zu 1 (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 12. Juli 2017 - 12 UF 217/16, juris, Rn. 10) ist mit Vollendung seines 18. Lebensjahres am 18. Mai 2017 eingetreten; die Vormundschaft ist seit diesem Zeitpunkt beendet.

Der Senat weicht insofern von der Auffassung des Oberlandesgerichts Bremen ab, das zur Begründung seiner anderslautenden Entscheidung ausgeführt hat (aaO, Rn. 9 ff.):

Gemäß des in Guinea geltenden Code civil, Titre XVI, Chapitre I: De la Majorité, Art. 443 wird die Volljährigkeit in Guinea mit Vollendung des 21. Lebensjahres erreicht (vgl. auch Bergmann/Ferid/Henrich, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, Band VI, Guinea, S. 33; Hausmann in: Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl., 7. Teil, Rn. 7.921; Textfassung des code civil guineen in Französisch: https://assets.hcch.net/upload/cc_gn.pdf).

Es ist nichts dafür ersichtlich, dass diese Regelung mittlerweile abbedungen worden ist, wie von der Beschwerdeführerin mit Hinweis auf den "Code de l'enfant" behauptet.

Bei dem "Code de l'enfant Guineen" vom 19.8.2008 handelt es sich um ein Gesetzeswerk, das die Rechte von Kindern in Guinea näher regelt. In seinen "Dispositions preliminaires", also einleitenden Bestimmungen, lautet der erste Satz des Art. 1: "Tout être humain âgé de moins de 18 ans est un Enfant" (vgl. https://www.ilo.org/dyn/natlex/docs/ELECTRONIC/98741/117564/F-1366184401/GIN-98741.pdf). Es wird somit - in Übereinstimmung mit Art. 2 KSÜ - definiert, bei welchen Personen es sich um Kinder im Sinne des "Code de l'enfant" handelt und damit der Anwendungsbereich für das Gesetz geregelt. Das Gesetz enthält allerdings keine Regelung über den Eintritt der Volljährigkeit (majorité) in Guinea. Daher muss diesbezüglich die in Art. 441 des "Code de l'enfant" getroffene Kollisionsregel gelten. Danach sind bezüglich jeglicher durch den "Code de l'enfant" nicht geregelter Sachgebiete, die in speziellen Normen geregelt sind, diese speziellen Gesetze weiterhin ...

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