Verfahrensgang

AG Bochum (Aktenzeichen 87 F 47/18)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beschwerdeführers vom 16.07.2018 gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum vom 12.06.2018 (87 F 47/18) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der am ........2000 geborene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Republik Guinea. Durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bochum vom 30.11.2016 wurde für ihn das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt und Vormundschaft angeordnet. Zum Vormund wurde das Jugendamt der Stadt X bestellt.

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht deklaratorisch festgestellt, dass die Vormundschaft beendet ist, weil der Beschwerdeführer mit Vollendung seines 18. Lebensjahres volljährig geworden sei. Die Volljährigkeit bestimme sich nach dem Recht der Republik Guinea und trete mit Vollendung des 18. Lebensjahres ein. Dies ergebe sich aus Art. 1 des Code de l'Enfant vom 19.08.2008. Durch diese Regelung sei die ältere Regelung des Art. 443 des Code Civil verdrängt worden, der eine Volljährigkeit mit der Vollendung des 21. Lebensjahres bestimmt habe. Diese Rechtslage sei vom Justizministerium der Republik Guinea und von der Botschaft der Republik Guinea in Deutschland ebenso bestätigt worden wie durch Recherchen der Deutschen Botschaft in Guinea.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beschwerdeführers. Er ist der Ansicht, dass ohne eine ausdrückliche Änderung des Art. 443 des Code Civil weiter von einer Volljährigkeit mit der Vollendung des 21. Lebensjahres auszugehen sei. Die bislang im Verfahren angestellten Nachforschungen zum Recht der Republik Guinea reichten zur Feststellung einer Volljährigkeit mit Vollendung des 18. Lebensjahres nicht aus, so dass ein Rechtsgutachten einzuholen sei.

Der Senat hat durch Beschluss vom 09.08.2018 den Antrag des Beschwerdeführers auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussichten zurückgewiesen und eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß § 68 Abs. 3 S. 2 FamFG angekündigt. Hierzu hat der Beschwerdeführer ergänzend Stellung genommen und seine Rechtsausführungen vertieft.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Amtsgericht hat durch den angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass die Vormundschaft für den am ........2000 geborenen Beschwerdeführer mit Eintritt seiner Volljährigkeit am ........2018 endete.

1. Die Beschwerde ist zulässig. Insbesondere ergibt sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte aus Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27.11.2003 (Brüssel IIa-VO), weil der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt in X hat und sich im Beschwerdeverfahren für das Fortbestehen der Vormundschaft auf seine Minderjährigkeit beruft (vgl. auch Senat, Beschluss vom 30.01.2015, 6 UF 155/13, FamRZ 2015, 1635 f.). Der Beschwerdeführer ist durch die von ihm angefochtene Entscheidung auch beschwert (§ 59 FamFG). Zwar endet die Vormundschaft mit Eintritt der Volljährigkeit kraft Gesetzes; die deklaratorische Feststellung der Beendigung durch Beschluss hat aber den Rechtsschein der Richtigkeit für sich, die der Betroffene selbst oder auch sein Vormund beseitigen können muss (vgl. auch OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23.07.2015, 5 WF 74/15, FamRZ 2015, 1820 ff.; a.A. Staudinger-Veit, BGB, Neubearbeitung 2014, § 1882 Rn. 22).

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zutreffend hat das Amtsgericht festgestellt, dass der Beschwerdeführer nach dem maßgeblichen Recht seines Heimatlandes inzwischen volljährig ist.

a) Für die Frage der Minderjährigkeit des Beschwerdeführers ist gemäß Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB das Heimatrecht des Beschwerdeführers, also das Recht der Republik Guinea maßgeblich.

Die deutschen kollisionsrechtlichen Regelungen werden nicht durch vorrangige staatsvertragliche Regelungen verdrängt. Das Haager Kinderschutzübereinkommen vom 19.10.1996 und das Haager Abkommen zum Schutz von Erwachsenen vom 02.10.2000 verdrängen das deutsche Kollisionsrecht nicht, weil beide Abkommen hinsichtlich der Regelung der Volljährigkeit keine unmittelbar anwendbaren völkerrechtlichen Vereinbarungen enthalten, die dem innerstaatlichen Recht vorgehen (OLG Hamm, Beschluss vom 20.02.2018, 4 UF 243/16, Rn. 15 - zitiert nach juris). Die durch Art. 7 EGBGB vorgeschriebene Anwendung des Rechts der Republik Guinea zur Frage der Volljährigkeit wird auch nicht durch Art. 12 Abs. 1 der Genfer Flüchtlingskonvention verdrängt, wonach sich das Personalstatut jedes Flüchtlings nach dem Recht des Wohnsitz- bzw. Aufenthaltsstaates richtet. Es bestehen nämlich im hiesigen Verfahren keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention ist. Weder hat er in Deutschland einen Asylantrag gestellt, noch hat er im hiesigen Verfahren trotz entsp...

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