Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerbsobliegenheit bei gesteigerter Unterhaltsverpflichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Trotz gesteigerter Unterhaltsverpflichtung gegenüber minderjährigen Kindern können dem Unterhaltspflichtigen fiktive Einkünfte aus einer Nebentätigkeit nur insoweit zugerechnet werden, als ihm eine solche Tätigkeit im Einzelfall zuzumuten ist. Danach ist im Einzelfall zu prüfen, ob und in welchem Umfang es dem Unterhaltspflichtigen unter Abwägung seiner von ihm darzulegenden Lebens- und Arbeitssituation einerseits und der Bedarfslage des Unterhaltsberechtigten andererseits zugemutet werden kann, eine Nebentätigkeit auszuüben.

 

Normenkette

BGB § 1603

 

Verfahrensgang

AG Straubing (Urteil vom 06.02.2009; Aktenzeichen 3 F 806/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des AG - Familiengericht - Straubing vom 6.2.2009 (Az.: 3 F 806/08) wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.512 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger macht nach § 7 UVG übergegangenen Kindes unterhalt i.H.v. 1.512 EUR für den Zeitraum 1.10.2007 bis 30.6.2008 geltend.

Der Beklagte ist der Vater des Kindes F. geb. das bei der Mutter lebt. Im fraglichen Zeitraum lebte ein weiteres Kind, W., geb. beim Beklagten, für das er außer dem staatlichen Kindergeld keine Leistungen erhielt. Der über keine Berufsausbildung verfügende Beklagte arbeitete im Zeitraum Oktober 2007 bis Mai 2008 bei einem Zeitarbeitsunternehmen. Er erhielt dort, ausweislich der vorgelegten Lohnabrechnungen teilweise Nachtschicht-, Feiertags- bzw. Überstundenzuschläge zum Grundlohn von 5,95 EUR pro Stunde. Seine schwankende Arbeitszeit entsprach nicht einer vollschichtigen Tätigkeit. Sie lag zwischen 35 und 43 Stunden pro Woche, im Juni 2008 war der Beklagte wieder arbeitslos und bezog Arbeitslosengeld i.H.v. 486,98 EUR.

Das Familiengericht hat die Klage mit Endurteil vom 6.2.2009, auf dessen tatsächliche Feststellungen Bezug genommen wird, abgewiesen mit der Begründung, dass der Beklagte nicht leistungsfähig gewesen sei, da er auch unter Berücksichtigung seiner gesteigerten Unterhaltspflicht gegenüber seinem minderjährigen Sohn kein zur Erfüllung seiner Unterhaltspflicht ausreichendes Einkommen erzielen konnte.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel weiter.

Er trägt vor:

Der insoweit beweisbelastete Beklagte habe nicht den Nachweis der Leistungsunfähigkeit erbracht. Zwar reiche sein tatsächlich erzieltes Einkommen nicht aus, seiner Unterhaltspflicht zu. genügen. Er hätte sich jedoch damit nicht begnügen dürfen und sich bundesweit auf eine besser bezahlte Arbeitsstelle bewerben müssen, Im Raum München/Freising hätte eine reale Beschäftigungschance zur Erzielung des für die Erfüllung der Unterhaltspflicht erforderlichen Einkommens bestanden. Zumindest hätte er sich um eine Nebentätigkeit bemühen müssen. Allein die fehlende Berufsausbildung könne nicht zu der Annahme führen, dass der Beklagte das erforderliche Einkommen nicht erzielen könne. Das Familiengericht habe es unterlassen, gefragte Fertigkeiten des Beklagten, etwa im Metallbereich, bei der Beurteilung der Berufschancen des Beklagten zu berücksichtigen.

Der Kläger beantragt, das Endurteil des AG Straubing vom 6.2.2009 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, rückständigen Kindes unterhalt für F. geb. für den Zeitraum 1.10.2007 bis 30.6.2008 i.H.v. 1.512 EUR an den Kläger zu bezahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Das Familiengericht habe zu Recht fehlende Leistungsfähigkeit angenommen. Er habe trotz intensiver Bewerbungen keine besser bezahlte Stelle gefunden. Bewerbungsunterlagen aus dem streitgegenständlichen Zeitraum könne er allerdings, nachdem mehr als ein Jahr vergangen sei, nicht mehr vorlegen. Anhand der vorgelegten Lohnabrechnungen sei sein unzureichendes Einkommen nachgewiesen. Eine Nebentätigkeit sei wegen des unregelmäßigen Arbeitseinsatzes nicht möglich gewesen. Einer bundesweiten Bewerbung habe die Betreuung des bei ihm lebenden minderjährigen Sohnes entgegengestanden.

Wegen des Weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Dem Senat haben die Lohnabrechnungen des Beklagten für den Zeitraum Oktober 2007 bis einschließlich Mai 2008 vorgelegen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet, da das Familiengericht die Klage zu Recht wegen fehlender Leistungsfähigkeit des Beklagten abgewiesen hat

Das Familiengericht hat weder verkannt, dass dem Beklagten die Beweislast für die behauptete Leistungsunfähigkeit obliegt, noch dass den Beklagten eine gesteigerte Unterhaltspflicht gegen über seinem minderjährigen Kind trifft (§ 1603 Abs. 2 BGB).

Das Familiengericht hat dargelegt, dass das tatsächlich bezogene bereinigte Einkommen des Beklagten unter dem notwendigen Selbstbehalt von 900 EUR monatlich lag und dass ...

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