Leitsatz (amtlich)

Besteht zur - Sicherung eines Kredits eine wirksame Globalzession und werden im Voraus abgetretene Forderungen in den letzten drei Monaten vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig, so stellt der Forderungserwerb eine kongruente Deckung dar, dessen Anfechtung sich nicht nach § 131 InsO, sondern nach § 130 InsO richtet (abweichend von OLG Karlsruhe, NZI 2006, 103 ff., OLG München NZI 2006, 530 ff.).

 

Normenkette

InsO § 130 Abs. 1 Nr. 1, § 131

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 20.04.2006; Aktenzeichen 10 O 9242/05)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Endurteil des LG Nürnberg-Fürth vom 20.4.2006 geändert.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.862,88 EUR sowie Zinsen hieraus i.H.v. 8 Prozentpunkten über den jeweiligen Basiszinssatz seit 21.6.2005 zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen,

III. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

IV. Von den Kosten der 1. Instanz trägt der Kläger 96 %, die Beklagte 4 %.

Von den Kosten der 2. Instanz trägt der Kläger 95 %, die Beklagte 5 %.

V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch den jeweiligen Vollstreckungsgläubiger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

VI. Die Revision wird zugelassen.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 65.078,39 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter gegen die beklagte mm Rückgewähransprüche nach Insolvenzanfechtung geltend.

Auf deren eigenen Antrag vom 20.12.2004 wurde mit Beschluss des AG Nürnberg vom 16.3.2005 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin, der L. GmbH mit Sitz in der H. eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Vorausgegangen war die Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung, verbunden mit einem Aufrechnungs- und Verrechnungsverbot seitens der Gläubiger, und die Bestellung des Klägers zum vorläufigen Insolvenzverwalter mit Beschluss des AG Nürnberg vom 23.12.2004. Mit Schreiben vom 28.12.2004 bestätigte die Beklagte dem Kläger den Erhalt einer entsprechenden Mitteilung.

Die Schuldnerin, die u.a. auf Eventmarketing, Künstlervermittlung sowie Sport- und Konzertveranstaltungen spezialisiert war, unterhielt bei der Beklagten das Kontokorrentkonto mit der Nummer ... Der Kontokorrentkredit betrug 205.000 EUR. Zur Sicherheit für alle bestehenden und zukünftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der).... mit Globalabtretungsvertrag vom 16.6.2004 der ... die aus Warenlieferungen und Leistungen sowie aus dem laufenden Geschäftsbetrieb gegen alle Kunden gegenwärtig und zukünftig zustehenden Forderungen ab.

In den Jahren vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens verlegte die Schuldnerin ihren Geschäftsbetrieb innerhalb N. zunächst von der S. in die R. und sodann in die ....

Unter Hinweis auf den Insolvenzantrag der Schuldnerin kündigte die Beklagte die Geschäftsverbindung mit Schreiben vom 22.12.2004 fristlos; das Kontokorrentkonto wies zu diesem Zeitpunkt einen Schuldensaldo von 192.363,71 EUR auf.

Im Zeitraum vom 17.12.2004 bis 18.1.2005 gingen auf dem Kontokorrentkonto folgende Zahlungen ein, die die Beklagte mit dem jeweiligen Schuldensaldo verrechnete:

17.12.2004

20.12.2004

20.12.2004

23.12.2004

23.12.2004

19.887,50 EUR

1.171,60 EUR

4.890,56 EUR

63,80 EUR

503.59 EUR

Gesamtsumme

26.517,05 EUR

29.12.2004

5.1.2005

11.1.2005

17.1.2005

18.1.2005

580 EUR

44.258,06 EUR

10.080,40 EUR

580 EUR

2.282.88 EUR

Gesamtsumme

57.781,34 EUR

Am 17.12.2004 ließ die Beklagte (letztmals) eine Auszahlung i.H.v. 14.329,44 EUR zu.

Mit Schreiben vom 7.6.2005 verlangte der Kläger von der Beklagten gestützt auf die Anfechtungsgründe des § 130 Abs. 1 Nr. 2 und § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO Zahlung von 69.968,95 EUR (26.517,05 EUR +57.781,34 EUR -14.329,44 EUR).

Der Kläger vertritt den Standpunkt, dass die streitgegenständlichen Forderungen von der am 16.6.1994 vereinbarten Globalzession nicht erfasst werden, weil dieser Vertrag nur im Geschäftsbetrieb "S." entstandene Forderungen betreffe. Bezüglich der Verrechnung der ab dem 29.12.2004 - also nach Kenntnis der Beklagten von der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung - eingegangenen Gelder lägen die Voraussetzungen einer Anfechtung nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 InsO vor; überdies sei die Verrechnung wegen des gerichtlich ab dem 23.12.2004 angeordneten Verrechnungsverbotes unwirksam. Für den davor liegenden Zeitraum seien die Anfechtungsvoraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfüllt. Zudem habe die Beklagte während des gesamten streitgegenständlichen Zeitraums die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gekannt; dies ergebe sich aus handschriftlichen Anmerkungen zur Werthaltigkeit der offenen abgetretenen Forderungen auf den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 27.1.2006 vorgelegten Zessionslisten (Außenstände am 5.5.2004 i.H.v. 297.000 EUR bewertet mit 80.000 EUR und Außenständ...

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