Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitpunkt der anfechtungsrechtlichen Wirkung bei sicherungshalber erfolgter Globalzession künftiger Forderungen

 

Leitsatz (amtlich)

Entsteht eine dem Kreditinstitut im Rahmen einer Globalzession sicherungshalber abgetretene künftige Forderung in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, ist der Forderungserwerb nach Maßgabe des § 131 InsO anfechtbar, weil das Kreditinstitut vor Entstehung der Forderung noch keinen hinreichend bestimmten, zur Kongruenz führenden Anspruch auf ihre Abtretung hatte.

 

Normenkette

InsO § 17 Abs. 2 S. 1, § 131 Abs. 1, § 140 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Offenburg (Urteil vom 30.09.2003; Aktenzeichen 2 O 248/03)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Offenburg vom 30.9.2003 - 2 O 248/03 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 20.277,16 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.4.2003 zu bezahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten beider Instanzen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. GmbH.

Die H. GmbH unterhielt bei der beklagten Bank mehrere Konten. Auf dem Kontokorrentkonto war ihr ein Kreditlimit von 200.000 EUR eingeräumt. Bereits am 12.2.1996 hatte die GmbH einen Globalabtretungsvertrag mit der Beklagten abgeschlossen und ihr zur Sicherung aller bestehenden und künftigen Forderungen sämtliche gegenwärtigen und künftigen Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr, insb. aus Lieferungen und Leistungen gegen alle Drittschuldner mit den Anfangsbuchstaben A. bis Z, abgetreten. Am 2.10.2002 bestand auf dem Konto ein Soll von 263.276,09 EUR. Am 22.10.2002 hat die Beklagte einen Lastschrifteinzug der Bauberufsgenossenschaft nicht mehr eingelöst. Mit Schreiben vom 27.12.2002 hat die Beklagte alle Konten gekündigt und zur sofortigen Rückzahlung fällig gestellt; das Kontokorrentkonto wies zu diesem Zeitpunkt ein Soll von 299.650,38 EUR auf. Am 30.12.2002 hat die GmbH Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt; die Beklagte ist am gleichen Tag hierüber informiert worden. Am 13.1.2003 ging eine Zahlung der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes i.H.v. 1.238,41 EUR auf dem Kontokorrentkonto ein; es handelte sich um restliche Urlaubsvergütung für November 2002. Am 23.1.2003 ging eine weitere Zahlung der Zusatzversorgungkasse i.H.v. 19.038,75 EUR auf dem Konto ein; hierbei handelte es sich um Urlaubsvergütung und Lohnausgleich für Dezember 2002. Die Beklagte hat die Zahlungseingänge verrechnet. Durch Beschluss des AG O. vom 1.2.2003 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH wegen Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung eröffnet.

Der Kläger hat behauptet, dass die GmbH jedenfalls seit dem 1.11.2002 i.S.d. § 17 Abs. 2 InsO zahlungsunfähig war. Er hat die Ansicht vertreten, dass die Verrechnungen auf dem Girokonto nach § 130 Abs. 1 Ziff. 2 InsO anfechtbar seien. Die Beklagte habe auch kein Absonderungsrecht auf Grund der Globalzession gehabt. Die Globalzession habe nur Ansprüche aus dem Geschäftsverkehr und nicht solche gegen die Zusatzversorgungskasse umfasst. Jedenfalls sei die Abtretung anfechtbar. Die Forderung auf Erstattung von Urlaubsvergütung und Lohnausgleich für den Monat Dezember sei erst im Dezember 2002 - also im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens - entstanden (§ 131 Abs. 1 Ziff. 1 InsO). Die Abtretung sei als in diesem Monat erfolgt anzusehen. Eine Vorverlagerung der anfechtungsrechtlichen Wirkung auf den Zeitpunkt der früheren allumfassenden Vereinbarung scheide nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 7.3.2002 - IX ZR 233/01, BGHZ 150, 122) aus. Die Abtretung des Erstattungsanspruchs für den Monat November 2002 sei als in diesem Monat vorgenommen anzusehen. Sie sei nach § 131 Abs. 1 Ziff. 2 InsO anfechtbar, weil die GmbH zu dieser Zeit schon zahlungsunfähig gewesen sei.

Die Beklagte hat mit Nichtwissen bestritten, dass die GmbH seit dem 1.11.2002 zahlungsunfähig war. Sie hat die Ansicht vertreten, dass die Ansprüche gegen die Zusatzversorgungkasse unter die Globalzession fielen. Sie habe ein Absonderungsrecht hinsichtlich der eingegangenen Zahlungen gehabt. Die Entscheidung des BGH vom 7.3.2002 sei auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Der Anspruch gegen die Kasse entstehe auch nicht erst in dem Zeitpunkt, in dem Mitarbeiter Urlaub nähmen oder schlechtwetterbedingt nicht arbeiten könnten; zu diesem Zeitpunkt werde der Anspruch nur fällig. Er basiere jedoch auf den Beitragszahlungen, die die GmbH von Januar bis Dezember 2002 geleistet habe.

Wegen des Weiteren Parteivortrags und der in erster Instanz gestellten Anträge wird auf das landgerichtliche Urteil verwiese...

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