Leitsatz (amtlich)

›1. Die Einziehung des Tatfahrzeugs (hier: im Wert von EUR 14.000) ist jedenfalls dann nicht unverhältnismäßig, wenn für zwei begangene Taten (des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis) Freiheitsstrafen zu verhängen sind, und festgestellt wird, dass die Einziehung sich nicht existenzbedrohend für den Täter auswirken wird.

2. Bei der (sonstigen) Strafzumessung darf das Tatgericht nur dann, wenn angesichts eines verhältnismäßig geringen Werts auszuschließen ist, dass die Einziehung die Zumessung beeinflussen kann, auf die Erörterung verzichten, ob und gegebenenfalls inwieweit die Einziehung als Nebenstrafe bei der Bemessung strafmildernd zu berücksichtigen ist.

Ist aus mehreren Einzelfreiheitsstrafen eine Gesamtfreiheitsstrafe zu bilden, genügt die Berücksichtigung im Rahmen der Bemessung letzterer.‹

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht F hat den Angeklagten am 26.10.2005 "wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in zwei Fällen unter Einbeziehung der Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts F vom 20.7.2005 (Az.: 471 Ds 359 Js 28463/04) nach Auflösung der Gesamtfreiheitsstrafe" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe wurde zur Bewährung ausgesetzt. Dem Angeklagten wurde auf die Dauer von einem Monat untersagt, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeglicher Art zu führen. Der Verwaltungsbehörde wurde untersagt, dem Angeklagten vor Ablauf von einem Jahr eine Fahrerlaubnis zu erteilen. Der bei der Tatausführung benutzte Pkw Porsche 928, Fahrgestellnummer ... wurde, mit Ausnahme der Räder (Reifen und Felgen), eingezogen.

Die gegen dieses Urteil eingelegte, auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht N am 15.12.2005 verworfen.

Mit seiner Revision rügt der Angeklagte die Verletzung materiellen Rechts.

II.

Die zulässig eingelegte (§ 341 Abs. 1 StPO) und begründete (§§ 344, 345 Abs. 2 StPO) Revision hat in der Sache nur bezüglich der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe (zumindest vorläufig) Erfolg.

1. Die Berufung war wirksam auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt worden.

Nachdem das Landgericht ergänzende, Schuldumfang und Unrechtsgehalt konkretisierende Feststellungen zum Anlass der beiden Fahrten getroffen hat, ist die Beschränkung als rechtswirksam zu erachten.

2. Das Urteil leidet im Rechtsfolgenausspruch unter einem sachlich-rechtlichen Mangel, der allerdings ausschließlich die Gesamtfreiheitsstrafe betrifft.

a) Die Einziehung des Tatfahrzeugs ist - entgegen der Auffassung der Revision - nicht unverhältnismäßig.

Nach § 21 Abs. 3 StVG, der der allgemeineren Regelung in § 74 Abs. 1 StGB vorgeht, unterliegt die Entscheidung über die Einziehung dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts ("kann") und damit stets dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. Jagow in: Janiszewski/Jagow/Burmann Straßenverkehrsrecht 19. Aufl. § 21 StVG Rn. 14). Aus dem Urteil muss sich deshalb - jedenfalls dann, wenn der Einziehung, wie hier, für die Strafbemessung besondere Bedeutung zukommen kann - ergeben, aus welchen Gründen sie neben der Hauptstrafe angebracht und erforderlich ist und ob und in welchem Umfang sie bei der Festsetzung dieser Strafe mitberücksichtigt worden ist (BGH StV 1986, 58).

Zu berücksichtigen ist aber auch, dass die Strafzumessung grundsätzlich Sache des Tatrichters ist. Das Revisionsgericht hat auf die Sachrüge nur zu überprüfen, ob dem Tatrichter bei der Strafzumessung Rechtsfehler unterlaufen sind, ob er also etwa einen einschlägigen Rechtsbegriff verkannt hat, von unvollständigen, widersprüchlichen oder unrichtigen Erwägungen ausgegangen ist oder die Grenzen des ihm eingeräumten Beurteilungsspielraums sonst wie überschritten hat (stRspr. des OLG Nürnberg, vgl. Beschlüsse v. 25.10.2005 - 2 St OLG Ss 150/05, S. 3 f.; 2 St OLG Ss 20/06, S. 4 f.).

Die tatrichterlichen Erwägungen halten sich hier innerhalb dieses Beurteilungsspielraums.

aa) Das Landgericht hat - was die Revision auch nicht angreift - die wirtschaftliche Bedeutung der Einziehung des Pkw für den Angeklagten aufgeklärt und in ihrer Bedeutung für den Angeklagten erwogen, insbesondere ausreichende Feststellungen zum Wert des Pkw getroffen (vgl. KG Beschl. v. 6.10.1999 - 1 Ss 269/99 -juris). Es hat insoweit ausdrücklich festgestellt, dass diese Entscheidung für den Angeklagten keine existenzbedrohenden Auswirkungen haben kann, zumal der im Betrieb seiner Eltern beschäftige Angeklagte nicht befürchten muss, dass das von seinen Eltern zur Anschaffung des Pkw gewährte Darlehen zurückgefordert wird.

Soweit die Revision die Auffassung vertritt, dass die im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zusätzlich durchzuführende Abwägung mit dem Unrechtsgehalt der Tat und dem tatgegenständlichen Schuldvorwurf rechtsfehlerhaft ist, kann ihr nicht gefolgt werden. Zwar bestimmt § 74 b Abs. 1 StGB (deklaratorisch), dass die Einziehung in den Fällen des § 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB nicht angeordnet werden darf, wenn sie zur Bedeutung der begangenen Tat und zum V...

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