Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlassverzeichnis. Mitwirkungspflicht. Notar. Zwangsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Erteilung der Auskunft über den Bestand eines Nachlasses gem. § 2314 Abs. 1 BGB ist auch dann, wenn sie durch Vorlage eines notariellen Nachlassverzeichnisses (§ 2314 Abs. 1 Satz 3, letzter Fall BGB) zu erfolgen hat, eine unvertretbare, nach § 888 ZPO zu vollstreckende Handlung.

2. Im Rahmen der Erteilung einer derartigen Auskunft treffen den Schuldner ggü. dem von ihm beauftragten Notar Mitwirkungsverpflichtungen dahingehend, den Notar über Nachlassbestand, Schenkungen und Zuwendungen des Erblassers vollständig und wahrheitsgemäß zu informieren.

3. Der Erfüllungseinwand des Schuldners ist auch im Zwangsvollstreckungsverfahren gem. § 888 ZPO zu berücksichtigen. Ist streitig, ob der Schuldner seinen Mitwirkungsverpflichtungen ggü. dem Notar vollständig und ordnungsgemäß nachgekommen ist und wird eine derartige Erfüllung seiner Mitwirkungsverpflichtungen vom Schuldner nicht ausreichend dargelegt oder nachgewiesen, so kann er durch Zwangsmittel gem. § 888 ZPO hierzu angehalten werden.

4. Der Zulässigkeit einer derartigen Zwangsmittelfestsetzung steht nicht entgegen, dass der Notar aus anderen Gründen (hier: personeller Engpass im Bereich von Bürokräften) das von ihm zu fertigende Nachlassverzeichnis möglicherweise nicht bis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hätte erstellen können, selbst wenn sich der Schuldner intensiv hierum bemüht hätte.

5. Zur Erforderlichkeit der Festsetzung eines Gegenstand wertes im Zwangs vol Istreck ungs beschwerdeverfahren.

 

Normenkette

ZPO § 888; BGB § 2314 Abs. 1; EGStGB Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Ansbach (Beschluss vom 08.07.2009; Aktenzeichen 30 348/09)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin gegen den Beschluss des LG Ansbach vom 8.7.2009 (Az. 3 O 348/09) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das mit diesem Beschluss festgesetzte Zwangsmittel entfällt, sobald die zu vollstreckende Verpflichtung der Schuldnerin erfüllt wird.

Die Schuldnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

I. Die Klägerin (Gläubigerin) macht gegen die Beklagte (Schuldnerin), ihre Schwester, Pflichtteilsansprüche nach dem Tod der Mutter der Parteien, die von der Beklagten allein beerbt wurde, geltend. Vor dem LG Ansbach hat sie insoweit unter Az. 3 O 348/09 Stufenklage auf Auskunft, eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Auskunft und auf Zahlung des Pflichtteils erhoben. Die Mutter der Parteien (Erblasserin) war am 8.9.2007 verstorben; zu ihrem Nachlass gehörten u.a. eine Immobilie, die Beteiligung an einem Unternehmen (Bestattungsinstitut) sowie eine Puppensammlung.

Mit rechtskräftigem Teil-Anerkenntnisurteil des LG Ansbach vom 21.4.2009 wurde die Beklagte verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Bestand des Nachlasses der Erblasserin durch Vorlage eines notariellen Nachlass Verzeichnisses zu erteilen (Bl. 24 f. d. A).

Die Klägerin betreibt aus diesem Titel die Zwangsvollstreckung. Eine Ausfertigung des vorgenannten Urteils wurde der Beklagten am 22.4.2009 zugestellt (zu Bl. 26d. A); eine vollstreckbare Ausfertigung dieses Urteils wurde der Klägerin am 30.6.2009 erteilt (Bl. 24,38dA).

Mit Schriftsatz vom 8.6.2009 hatte die Klägerin beantragt, gegen die Beklagte wegen Nichtvor-nahme der titulierten AuskunftsVerpflichtung Zwangsmittel festzusetzen (Bl. 33 ff. d. A). Sie trägt vor, die Beklagte sei bereits mit Schriftsatz vom 16.10.2007 (Anlage K4), also schon vor mehr als einem Jahr, zur Fertigung eines notariellen Nachlassverzeichnisses aufgefordert worden, habe ihre entsprechende Verpflichtung bislang jedoch nicht erfüllt.

Die Beklagte (Schuldnerin) hat beantragt, den Antrag auf Zwangs mittelfestsetz ung zurückzuweisen (Bl. 43 ff. d. A). Sie trägt vor, sie habe Herrn Notar B aus G der bereits zuvor ein notarielles Nachlassinventar gefertigt habe (Anlagen K6, B34), am 8.4.2009 und nochmals am 24.04,2009 mit der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses beauftragt (Anlagen B11, B12, B26). Mit Schreiben vom 19.6.2009 sei Herrn Notar B^HBein auf der Grundlage der Angaben der Beklagten erstelltes vorläufiges noch ergänzungs bedürftiges Nachlassverzeichnis übermittelt worden (Anlage B23). Herr Notar B^^Bhabe unter dem 29.6.2009 mitgeteilt, dass er wegen personeller Engpässe seiner Bürokräfte ein NachlassInventar bislang nicht habe errichten können (Anlagen B20, B24, K12). Eine Einflussnahme der Beklagten auf die vom Notar zu treffende Ermessensentscheidung, auf welche Weise er die Vollständigkeit des NachlassVerzeichnisses feststelle, sei nicht möglich.

Das LG Ansbach hat mit Beschluss vom 8.7.2009 gegen die Beklagte als Schuldnerin zur Erzwingung der im Teil-Anerkenntnis urteil vom 21.4.2009 titulierten Auskunftsverpflichtung ein Zwangsgeld von 1.000 EUR festgesetzt (Bl. 51 f. d. A).

Gegen diesen, der Schuldnerin am 10.7.2009 zugestellten Beschluss richtet sich deren am 16.7.2009 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde, mit de...

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