Entscheidungsstichwort (Thema)

Gebührenwert bei Rückabwicklungsklage aus Lebensversicherung - Herauszugebende Nutzungen sind keine Nebenforderung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Rückforderungsklage gemäß §§ 812 ff. BGB i.V.m. § 5a VVG a.F. sind im bezifferten Zahlungsantrag enthaltene Nutzungen in Ansehung der BGH-Entscheidung vom 19.12.2018 (IV ZB 10/18) bei der Bestimmung des Gebührenstreitwerts als werterhöhend zu berücksichtigen, weil sie keine Nebenforderungen im Sinne von § 4 ZPO und von § 43 GKG sind.

 

Normenkette

GKG §§ 43, 48, 63; ZPO § 4

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 11 O 5913/18)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird die Wertfestsetzung des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 25.02.2019 abgeändert. Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren auf 33.883,69 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Kläger verlangte aus insgesamt vier, im Jahre 2004 bei der Beklagten abgeschlossenen, Kapitallebensversicherungs- bzw. Rentenversicherungsverträgen, die er im Jahre 2013 gekündigt und abgerechnet erhalten hatte, nach jeweils im Jahre 2015 nachträglich erklärtem "Widerspruch nach § 5a VVG" Restzahlungen infolge Rückabwicklung der Verträge.

Insgesamt begehrte der Kläger mit seinen nach Einzelverträgen aufgeteilten Sachanträgen die Zahlung von 33.883,69 EUR in der Hauptsache nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten (vgl. Klageschrift Bl. 2 d.A.; Hinweis: im Urteilstatbestand (EU S. 7) ist der Sachantrag zu IV. falsch wiedergegeben: richtig ist 8.078,08 EUR, anstatt 8.070,08 EUR).

Mit Endurteil vom 25.02.2019 (Bl. 180 ff. d.A.) hat das Landgericht die Klage abgewiesen und gleichzeitig den Streitwert auf 23.939,- EUR festgesetzt (EU S. 2, Bl. 181 d.A.).

Zur Wertfestsetzung führt das Urteil aus (EU S. 13-14, Bl. 192-193 d.A.), dass unter Hinweis auf Rechtsprechung des OLG Karlsruhe (Beschluss vom 24.07.2017, 12 U 75/17) der Gebührenstreitwert sich ohne Berücksichtigung der Nutzungen (als unselbständige Nebenforderungen neben eingeklagten Prämienbestandteilen) errechne. Wenn man aus den streitgegenständlichen Forderungen den auf Nutzungen entfallenden Anteil herausrechne, ergebe sich ein von den bezifferten Zahlungsanträgen abweichender und verminderter Gesamtstreitwert in der festgesetzten Höhe. An dieser Berechnung des Gebührenstreitwerts werde auch vor dem Hintergrund der BGH-Entscheidung vom 19.12.2018 (IV ZB 10/18) festgehalten, da diese nur den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert betreffe.

Dagegen wendet sich die Prozessbevollmächtigte des Klägers aus eigenem Recht mit einer Beschwerdeschrift vom 28.02.2019 (Bl. 198-199 d.A.) und begehrt - unter ausdrücklichem Hinweis auf die BGH-Entscheidung vom 19.12.2018 - die Heraufsetzung des Streitwertes auf die Summe der bezifferten Sachanträge in der Hauptsache (hier: 33.883,69 EUR).

Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Streitwertbeschwerde (Bl. 201 d.A.), die Ausführungen des BGH in dem Beschluss vom 19.12.2018 seien "dogmatisch nicht überzeugend".

Mit Beschluss vom 18.03.2019 (Bl. 203 d.A.) hat das Landgericht eine Abhilfe abgelehnt und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.

Mit Beschluss vom 28.03.2019 (Bl. 208 d.A.) hat der zuständige Einzelrichter des Senats gemäß § 68 Abs. 1 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG die Sache dem Senat zur Entscheidung übertragen.

II. Die zulässige Beschwerde (vgl. § 32 Abs. 2 RVG) ist begründet. Der Streitwert des erstinstanzlichen Verfahrens ist antragsgemäß auf die Summe der bezifferten Sachanträge in der Hauptsache heraufzusetzen.

Die vom Landgericht seiner Wertfestsetzung zugrunde gelegte Differenzierung zwischen Zuständigkeitsstreitwert und Beschwer einerseits sowie Gebührenstreitwert andererseits überzeugt nicht und widerspricht der maßgeblichen Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs.

1. Für den Gebührenstreitwert ist gesetzlich Folgendes bestimmt (Hervorhebungen durch den Senat):

Für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten nach der Zivilprozessordnung werden Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Gesetz (Gerichtskostengesetz, GKG) erhoben (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG).

Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 3 Abs. 1 GKG).

In Abschnitt 7. (Wertvorschriften), Unterabschnitt 1. (Allgemeine Wertvorschriften) ist in § 43 Abs. 1, Abs. 2 GKG bestimmt:

§ 43 Nebenforderungen

(1) Sind außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betroffen, wird der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt.

(2) Sind Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betroffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt.

In Unterabschnitt 2. (Besondere Wertvorschriften) ist in § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG sodann bestimmt:

§ 48 Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten richten sich die Gebühren nach den für die Zuständigk...

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