Verfahrensgang

LG Heidelberg (Aktenzeichen 5 O 167/16)

 

Tenor

Zum Streitwert einer Rückforderungsklage gemäß §§ 8 VVG (Fassung vom 17.12.1990), 812 BGB

Beim Streitwert einer Klage auf Herausgabe der gezahlten Versicherungsprämien und der gezogenen Nutzungen nach Widerruf eines Lebensversicherungsvertrages bleiben die im Klageantrag enthaltenen Nutzungen, soweit sie Nebenforderung sind, gemäß § 4 ZPO unberücksichtigt.

Wird nach einer früheren Auszahlung eines Rückkaufswertes der noch verbleibende Saldo eingeklagt, muss zur Bestimmung des Streitwertes geklärt werden, ob und zu welchem Anteil diese Zahlung auf Prämienrückgewähr einerseits und auf Nutzungsherausgabe andererseits angerechnet wird. Der Rückkaufswert ist hierbei proportional - entsprechend dem Verhältnis der nach der Forderungsberechnung des Klägers insgesamt geltend gemachten Prämien und Nutzungen - auf Prämien und Nutzungen zu verteilen (Anschluss OLG Celle, Urteil vom 27.02.2014 - 8 U 192/13; teilweise Aufgabe von Senat, Urteil vom 23.03.2015 - 12 W 6/15)

Der Streitwert für das Berufungsverfahren und - in Abänderung der Streitwertentscheidung des Landgerichts vom 09.02.2017 - für das erstinstanzliche Verfahren wird auf 3.274,73 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Rechtsstreit betrifft einen vom Kläger geltend gemachten Anspruch aus §§ 812 Abs. 1 Satz 2, 818 BGB nach erklärtem Widerruf eines Lebensversicherungsvertrages gemäß § 8 VVG a. F. (Fassung vom 17.12.1990), hilfsweise einen im Wege der Stufenklage geltend gemachten Anspruch auf Auskunft und Auszahlung eines höheren Rückkaufwertes.

1. Mit Klageantrag Ziff. 1 verlangt der Kläger Prämienrückgewähr (5.990,75 EUR) und Herausgabe von Nutzungen (7.223,09 EUR), zieht den erhaltenen Rückkaufswert (5.855,19 EUR) ab und klagt den Saldo (7.358,65 EUR) ein.

Soweit im Saldo Nutzungen enthalten sind, die als Nebenforderung geltend gemacht werden, bleiben diese gemäß § 4 ZPO beim Streitwert außer Betracht (Senat, Beschluss vom 23.03.2015, 12 W 6/15 - juris; OLG Köln, Beschluss vom 28.01.2015, 20 W 72/14 - juris Rn. 4 ff.; OLG Celle, Urteil vom 27.02.2014, 8 U 192/13 - juris Rn. 68).

Die Bestimmung, zu welchem Anteil der eingeklagte Betrag auf die Hauptforderung und zu welchem Anteil auf Nutzungen als Nebenforderung entfällt, hängt davon ab, wie im Rahmen der nach wirksamem Widerruf nach § 8 VVG (hier i. d. F. vom 17.12.1990) erfolgten bereicherungsrechtlichen Saldierung der bereits früher ausgezahlte Rückkaufswert auf diese Positionen verrechnet wird. Grundsätzlich denkbar ist eine Anrechnung vorrangig auf die zurückzugewährenden Prämien mit der Folge, dass hierauf entfallende Nutzungen zu selbstständigen Forderungen werden und den Streitwert gemäß § 4 Abs. 1 ZPO erhöhen (so Senat, Beschluss vom 23.03.2015, a. a. O.), eine Anrechnung vorrangig auf die Nutzungen mit der Folge, dass sich insoweit die Hauptforderung auf Prämienrückgewähr und damit der Streitwert nicht reduziert (so OLG Köln, Beschluss vom 28.01.2015, a. a. O.), oder eine verhältnismäßige Anrechnung des ausgezahlten Rückkaufswertes auf die Hauptforderung und auf die Nebenforderung (so OLG Celle, Urteil vom 27.02.2014, a. a. O.).

Der Senat folgt nunmehr unter Aufgabe der Berechnungsweise in seinem Beschluss vom 23.03.2015 der genannten Entscheidung des OLG Celle. Bei der Verrechnung des als Rückkaufswert ausgezahlten Betrages auf die bereicherungsrechtliche Forderung gemäß §§ 812 Abs. 1 Satz 2, 818 BGB sind die Vorschriften der §§ 366, 367 BGB jedenfalls analog heranzuziehen. Eine hier relevante Tilgungsbestimmung der Beklagten (§ 366 Abs. 1 BGB) liegt schon deshalb nicht vor, weil die Zahlung der Beklagten nicht zur Erfüllung eines - hier streitgegenständlichen - Bereicherungsanspruchs des Klägers, sondern zur Erfüllung eines vertraglich geschuldeten Rückkaufswertes bestimmt war. § 367 Abs. 1 BGB bestimmt einen Tilgungsvorrang nur für Zinsen, nicht aber für den hier geltend gemachten Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen (OLG Celle a. a. O.; Staudinger/Olzen, § 367 BGB (2016), Rn. 7; a. A. OLG Köln a. a. O.). Eine vorrangige Verrechnung auf die Hauptforderung auf Prämienrückgewähr lässt sich nicht aus § 366 Abs. 2 BGB herleiten, da nicht erkennbar ist, dass eine der beiden Forderungen dem Kläger eine geringere Sicherheit bietet oder der Beklagten lästiger ist, beide Forderungen auch gleich alt sind (OLG Celle a. a. O.). Infolgedessen ist der auf den Rückkaufswert gezahlte Betrag verhältnismäßig auf die Hauptforderung und auf die Nutzungen anzurechnen (OLG Celle a. a. O.).

Dies führt zu folgender Berechnung: Der Kläger begehrt Prämienrückgewähr in Höhe von 5.990,75 EUR und Herausgabe von Nutzungen in Höhe von 7.223,09 EUR. Die Forderung auf Prämienrückgewähr entspricht 45% der Gesamtforderung. Von dem als Rückkaufswert gezahlten Betrag entfallen somit (5.990,75 EUR × 45% =) 2.716,02 EUR auf die Prämienrückgewähr. Die noch streitgegenständliche Hauptforderung auf Prämienrückgewähr beträgt (5.990,75 EUR ./. bereits gezahlter 2.716,02 EUR =) 3.274,73 EUR.

2. Kla...

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