Leitsatz (amtlich)

1. Die von der Rechtsprechung zu § 852 Abs. 2 BGB a.F. entwickelten Grundsätze zum Ende der Verjährungshemmung bei einem "Einschlafen-Lassen" der Verhandlungen gelten auch im Rahmen des § 203 S. 1 BGB n.F. Weder der Wortlautvergleich zwischen § 203 S. 1 BGB n.F. und § 852 Abs. 2 BGB a.F. noch die Gesetzgebungsgeschichte zu § 203 S. 1 BGB n.F. legen es nahe, die Verjährungshemmung erst und nur mit einer eindeutigen, unmissverständlichen Zurückweisung durch den Schuldner enden zu lassen (in Abweichung vom Urteil des OLG Koblenz vom 16.2.2006 - 5 U 271/05, und im Anschluss an OLG Düsseldorf, Beschl. v. 21.10.2005 - 23 U 49/05, OLG Bremen, Urt. v. 16.8.2007 - 2 U 29/07, und KG, Urt. v. 23.11.2007 - 7 U 114/07; im gleichen Sinne: BGH, Urt. v. 30.10.2007 - X ZR 101/06, NJW 2008, 576, 578, dort Rz. 24).

2. a) Die Sechs-Monats-Frist des § 204 Abs. 2 S. 1 BGB lässt sich nicht dahingehend verallgemeinern, dass sie die zeitliche Untergrenze für ein frühest möglich zu bejahendes "Einschlafen-Lassen" der Verhandlungen i.S.d. § 203 S. 1 BGB n.F. bildet. Hiergegen spricht die Gesetzgebungsgeschichte zu § 203 S. 1 BGB n.F.; der Gesetzgeber hat sich bewusst gegen die Festlegung einer starren Frist für das Ende der Hemmungszeit entschieden, um der Rechtsprechung zum "Einschlafen-Lassen" von Verhandlungen den Umständen des Einzelfalls genügende Wertungsspielräume zu belassen.

b) Die Zeitspanne, innerhalb der aus Sicht des Gläubigers bei einer vom Schuldner zugesagten Rückmeldung nach Treu und Glauben ein nächster Schritt des Schuldners zu erwarten gewesen wäre, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Sie ist kürzer zu bemessen, wenn der Schuldner bereits in der Vergangenheit auf Verhandlungsinitiativen des Gläubigers nicht reagiert hat. Regelmäßig ist bei einer vom Schuldner auf eine Initiative des Gläubigers hin zugesagten Rückmeldung von einer Hemmungszeit von rund einem Monat auszugehen.

c) Wiederholt ein Schuldner über mehrere Jahre auf telefonische Initiativen des Gläubigers nur formelhaft sein Interesse an einer außergerichtlichen Streitbeilegung, nachdem er bereits zuvor mehrfach dieses Interesse bekundet hatte, ohne sich - wie jeweils zugesagt - beim Gläubiger gemeldet zu haben, so lassen sich seine gleichlautenden Aussagen auf weitere Anrufe des Gläubigers nicht mehr als "Verhandlungen" i.S.d. § 203 S. 1 BGB bewerten. Die offensichtlich phrasenhafte Wiederholung von Vertröstungsformeln stellt weder einen Meinungsaustausch über den Anspruch noch über die den Anspruch begründenden Umstände dar.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 14.12.2007; Aktenzeichen 4 O 47/07)

 

Tenor

Die Klägerin wird, nachdem sie die Berufung zurückgenommen hat, des eingelegten Rechtsmittels für verlustig erklärt.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Halle vom 14.12.2007 - 4 O 47/07 - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen. Der Streithelfer trägt seine Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund dieses Urteils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird bis zum 27.5.2008 auf 47.369,50 EUR und für die Zeit ab dem 28.5.2008 auf 24.497,14 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten restlichen Werklohn. Ursprünglich hatte sie eine Restvergütung für Arbeiten an drei Bauvorhaben in einer Gesamthöhe von 47.369,50 EUR begehrt. Das LG hat der Klägerin nur einen Werklohnanspruch i.H.v. 24.497,14 EUR für eines der drei Bauvorhaben (Trockenbauarbeiten im M. weg 34 in H.) zuerkannt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Beklagte hat ihre ursprünglich eingelegte, gegen die Klageabweisung gerichtete Berufung zurückgenommen, so dass sich das Rechtsmittelverfahren auf den geltend gemachten Vergütungsanspruch aus Arbeiten an dem o.g. Bauvorhaben beschränkt.

Mit Nachunternehmervertrag vom 23.3./29.3.2001 beauftragte die Beklagte die Klägerin mit Trockenbauleistungen im Objekt M. weg 34 in H.. In der von der Klägerin als Anlage K 1 (Bl. 22 ff. d. Verfahrensakte 4 O 48/07) zur Gerichtsakte gereichten Vertragskopie war der unter Ziff. 2. vereinbarte Pauschalpreis mit ursprünglich 155.128,82 DM netto angegeben. Am 1.6.2001 kam es zu einer handschriftlich in den Vertrag eingefügten Änderung dieses Pauschalpreises auf 73.000 DM netto. Ob es sich dabei, wie die Klägerin behauptet, um eine Reduzierung eines vereinbarten Pauschalpreises von 155.128,82 DM netto auf 73.000 DM netto handelte, oder aber, wie von der Beklagten mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 29.11.2007 (Bl. 74 ff. I) und auch in der Berufungsinstanz behauptet, um eine Erhöhung des vereinbarten Pauschalpreises von tatsächlich gemeinten 55.128,82 DM netto auf 73...

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