Leitsatz (amtlich)

1. Die mit Wirkung ab 15.12.2004 durch das Verjährungsanpassungsgesetz für die Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen einen Steuerberater eingefügten Neuerungen finden nach Art. 229 § 12 EGBGB, der die Regelungen des Art. 229 § 6 EGBGB für entsprechend anwendbar erklärt, nur auf solche Ansprüche Anwendung, die am 15.12.2004 bestanden und noch nicht (nach altem Recht) verjährt waren.

2. Besteht die Pflichtverletzung des Steuerberaters in einer fehlerhaften Beratung des Mandanten in einer Steuerangelegenheit vor der Entscheidung der Finanzbehörde, dann beginnt die Verjährung mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids.

3. Der durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts in das Verjährungsrecht eingefügte allgemeine Hemmungsgrund des Verhandelns (§ 203 S. 1 BGB) ist (erst) bei Verhandlungen ab dem 1.1.2002 anwendbar, Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB. § 203 BGB stellt eine Verallgemeinerung der Regelung in § 852 Abs. 2 BGB dar, so dass für den Begriff des Verhandelns auf die Rspr. zu § 852 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden kann.

4. Für den - weit auszulegenden - Begriff des Verhandelns genügt jeder Meinungsaustausch über den Schadensfall zwischen dem Berechtigten und Verpflichteten, sofern nicht sofort und eindeutig jeder Ersatz abgelehnt wird. Verhandlungen schweben also schon dann, wenn der Verpflichtete Erklärungen abgibt, die den Geschädigten zu der Annahme berechtigen, der Verpflichtete lasse sich jedenfalls auf Erörterungen über die Berechtigung von Schadensersatzansprüchen ein. Nicht erforderlich ist, dass dabei eine Bereitschaft zum Entgegenkommen signalisiert wird (BGH NJW 2001, 1723 f.).

5. Die bloße Anmeldung von Ansprüchen durch den Berechtigten ist noch kein Verhandeln. Werden aber auf Grund des Aufforderungsschreibens Verhandlungen aufgenommen, wirkt die Verjährungshemmung zurück auf den Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs, bei schriftlicher Geltendmachung auf den Zugang des Schreibens, mit dem die Ansprüche angemeldet wurden.

6. Die Hemmung der Verjährung endet dadurch, dass der eine oder andere verhandelnde Teil die Fortsetzung der Verhandlungen durch klares und eindeutiges Verhalten verweigert. Hierfür reicht es aus, dass ein Verhandlungspartner die Verhandlungen "einschlafen lässt". Im Fall des "Einschlafenlassens" enden die Verhandlungen in dem Zeitpunkt, in dem nach Treu und Glauben der nächste Schritt zu erwarten gewesen wäre (BGH v. 7.1.1986 - VI ZR 203/84, MDR 1986, 489 = NJW 1986, 1337; v. 5.11.2002 - VI ZR 416/01, MDR 2003, 215 = BGHReport 2003, 163 m. Anm. van Bühren = NJW 2003, 895 f.).

Hat der auf Schadensersatz in Anspruch genommene die Prüfung der Ansprüche angekündigt, ist von dem Anspruchssteller eine Nachfrage nach dem Stand der Prüfung spätestens innerhalb von 1 Monat zu erwarten.

7. Werden zunächst eingeschlafene Verhandlungen später wieder aufgenommen, hemmt die neue Verhandlung die Verjährung erst ab dem Zeitpunkt der Wiederaufnahme der Gespräche.

 

Normenkette

StBerG § 68; BGB § 203

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 25.02.2005; Aktenzeichen 13 O 264/04)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt die Berufung der Klägerin gegen das am 25.2.2005 verkündete Urteil der 13. Zivilkammer des LG Düsseldorf gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 7.11.2005.

 

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keine Aussicht auf Erfolg, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Das LG hat die Schadensersatzklage wegen der behaupteten fehlerhaften Steuerberatung im Zusammenhang mit der Einkommenssteuererklärung für das Jahr 1998 zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung des LG beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

Dem LG ist darin zuzustimmen, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch aus pVV des Steuerberatervertrages - sein Bestehen unterstellt - jedenfalls verjährt ist. Der Steuerbescheid vom 12.9.2000 ist der Klägerin am 15.9.2000 zugegangen. Ab diesem Datum begann die dreijährige Verjährungsfrist. Der Lauf der Verjährung war gehemmt während der zwischen der Klägerin und den Beklagten bzw. deren Versicherer geführten Verhandlungen in der Zeit vom 16.8.2002 bis 30.9.2002 und vom 23.6.2003 bis zum 4.8.2003, das sind 2 Monate und 26 Tage. Damit trat Verjährung nicht mit Ablauf des 15.9.2003, sondern mit Ablauf des 11.12.2003 ein. Die nach dem 29.12.2003 gewechselten Schreiben berührten die bereits eingetretene Verjährung ebenso wenig wie die Erhebung der Klage im Juni 2004.

1. Der Anspruch des Auftraggebers gegen den Steuerberater auf Schadensersatz aus dem Vertragsverhältnis verjährt gem. § 68 StBerG in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist. Dies ist bei Schadensersatzansprüchen gegen den steuerlichen Berater der Fall, wenn sich die Vermögenslage des Auftraggebers infolge der Pflichtverletzung des Beraters objektiv verschlechtert hat (BGH, Urt. v. 4.4.1991 -...

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