Leitsatz (amtlich)

1. Erledigt der Inhaber einer Sattelzugmaschine mit Auflieger regelmäßig Beförderungsaufträge namentlich eines "Stammkunden", die in der Weise erteilt werden, dass ihm angegeben wird, wann und wo er welche Ladung zu übernehmen und wann und wo dieselbe auszuliefern sei und dass er für die erbrachten Beförderungsleistungen Gutschriften und Zahlungsavise erhält, so handelt es sich nicht um einen "Lohnfuhrunternehmer", sondern um einen Frachtführer.

2. Der in den formularmäßig dem Frachtführer erteilten Aufträgen enthaltene Hinweis: "Euro-Paletten sind zu tauschen. Dieser Vorgang ist schriftlich auf den Ladepapieren festzuhalten. Bei Nichttausch sind die Paletten spätestens nach 14 Tagen an den Absender zurückzuführen, anderenfalls werden die Paletten in Rechnung gestellt." benachteiligt den Frachtführer unangemessen und ist daher nichtig (§ 307 BGB).

3. Die in § 203 Satz 1 BGB getroffene, dem § 852 Abs. 2 BGB in der bis zum Ablauf des 31.12.2001 geltenden Fassung nachgebildete Regelung ist in gleicher Weise auszulegen wie die Vorgängerbestimmung, sofern die Verhandlungen zwischen den Parteien "eingeschlafen" sind (gegen OLG Koblenz v. 16.2.2006 - 5 U 271/05, OLGReport Koblenz 2006, 534 = NJW 2006, 3150 = OLGRep. 2006, 534).

 

Normenkette

BGB § 203 S. 1; HGB §§ 407, 439

 

Verfahrensgang

LG Bremen (Urteil vom 02.03.2007; Aktenzeichen 4 O 1496/06a)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 06.11.2008; Aktenzeichen IX ZR 158/07)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Bremen - 4. Zivilkammer - vom 2.3.2007 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 9.750 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem angeblichen Anwaltsverschulden auf Schadensersatz in Anspruch.

Im Juli 2003 beauftragte der Kläger die Beklagte, eine Forderung von 4.211,38 EUR gegen die ATG mbH Asendorfer Transportgesellschaft (im Folgenden: ATG) gerichtlich geltend zu machen. Der Kläger war Eigentümer einer Sattelzugmaschine mit Auflieger und führte mit diesem Lastzug Transporte für unterschiedliche Auftraggeber durch, u.a. auch für die ATG. Dies geschah in der Weise, dass der Kläger von der ATG jeweils einzelne Beförderungsaufträge erhielt, in denen angegeben war, wann und wo der Kläger welche Ladung zu übernehmen hatte (Ladestelle) sowie wann und wo er diese abliefern musste (Entladestelle). In der Regel befand sich die zu befördernde Ware auf sog. Euro-Paletten. Bei den dem Kläger von der ATG erteilten Beförderungsaufträgen handelte es sich um schriftliche Formularaufträge, welche stets den nachfolgenden Hinweis enthielten:

"... Euro-Paletten sind zu tauschen. Dieser Vorgang ist schriftlich auf den Ladepapieren festzuhalten. Bei Nichttausch sind die Paletten spätestens nach 14 Tagen an den Absender zurückzuführen, anderenfalls werden die Paletten in Rechnung gestellt. Durch die Annahme dieses Auftrages bestätigen Sie uns, dass eine rechtsgültige Frachtversicherung besteht ..."

Für die erbrachten Beförderungsleistungen erteilte die ATG dem Kläger auf der Grundlage der bei ihr eingereichten Unterlagen jeweils Gutschriften und Zahlungsavise. Aus diesen ergab sich, dass die ATG mehrfach Vergütungen zum Gesamtbetrag von 4.211,38 EUR abgezogen hatte. Der Grund für diese Abzüge bestand zum einen darin, dass die ATG unter Berufung auf die Palettentauschabrede dem Kläger vorwarf, in unzureichendem Umfang Paletten zurückgebracht zu haben, und von ihm die jeweils vom Absender für die fehlenden Paletten geltend gemachten Palettenpreise ersetzt verlangte. Einen weiteren Teilbetrag von 687,42 EUR zog die ATG von der dem Kläger zu gewährenden Vergütung ab, weil während der Beförderung durch den Kläger Ware im Wert dieses Betrages entwendet worden war und die geschädigte Firma H. und S. der ATG diesen Betrag (= Warenwert) in Rechnung gestellt hatte.

Die letzte hier interessierende Beförderung durch den Kläger für die ATG fand im Juli 2003 statt.

Der Kläger erkannte die von der ATG vorgenommenen Abzüge nicht an und beauftragte die Beklagte mit der gerichtlichen Durchsetzung eines Zahlungsanspruchs von 4.211,38 EUR. Er übergab ihr die Zahlungsavise für den streitigen Zeitraum und erklärte ihr, er habe mit seiner Sattelzugmaschine Beförderungen im Auftrag der ATG durchgeführt. Ferner unterrichtete er die Beklagte darüber, dass er eine Transportversicherung unterhalte, dass diese aber für den Ladungsschaden nicht eingetreten sei. Ob und gegebenenfalls welche weiteren Hinweise der Kläger der Beklagten gab, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte leitete gegen die ATG ein Mahnverfahren ein. Der am 31.3.2004 eingereichte Mahnbescheid wurde dieser am 10.5.2004 zugestellt. Die ATG legte am 14.5.2004 Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein; die Einzahlung des Weiteren Gerichtskostenvorschusses erfolgte am 1...

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