Leitsatz (amtlich)

1. Durch einen Hinweis im Angebot, die VOB liege "in unserer Firma vor" und könne dort jederzeit eingesehen werden, genügt im Geschäftsverkehr mit Privatleuten nicht den Anforderungen an eine Einbeziehung der VOB/B in den Werkvertrag.

2. Für den Vorschussanspruch aus § 637 Abs. 3 BGB gilt, wenn es sich um Arbeiten an einem Bauwerk handelt, die fünfjährige Verjährungsfrist aus §§ 634 Nr. 1, 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB.

3. Eine Formulierung im Angebot "Für handwerkliche Arbeiten übernehmen wir ab Rechungsdatum 2 Jahre Garantie." kann nach dem objektiven Empfängerhorizont des Bestellers nicht als eine Verkürzung der gesetzlichen Gewährleistungsansprüche verstanden werden, vielmehr wird sie dieser für ein darüber hinausgehendes Einstandsversprechen ansehen.

4. Will ein Werkunternehmer vermeiden, dass der Besteller die von ihm durchgeführten Nachbesserungsarbeiten als ein verjährungsrechtlich relevantes Anerkenntnis bewertet, so muss er anlässlich der Arbeiten hinreichend klar zum Ausdruck bringen, dass er sie ausschließlich aus Kulanz und unter Ablehnung jeder Gewährleistungsverpflichtung vornimmt.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 07.10.2010; Aktenzeichen 10 O 614/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Einzelrichters der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 7.10.2010 (Az. 10 O 614/10) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten gegen das Einzelrichterurteil der 10. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 7.10.2010 bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das LG hat richtig angenommen, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten ein Vorschussanspruch aus § 637 Abs. 3 BGB zusteht, den es auch der Höhe nach mit 8.526,94 EUR zutreffend beziffert hat. Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Berufung stand.

1. Zuzugeben ist der Berufung, dass das LG auf die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht eingegangen ist. Der Klageanspruch ist nicht verjährt. Die fünfjährige Verjährungsfrist aus §§ 634 Nr. 1, 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB war noch nicht abgelaufen, als der Beklagten am 4.12.2008 der Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zugestellt und hierdurch die Verjährung gehemmt wurde (§ 204 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 BGB). Die Verjährung war auch in der weiteren Folge durchgehend gehemmt, zuletzt durch die Einreichung der Klage vom 13.4.2010 beim LG am 16.4.2010 (vgl. §§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167, 253 Abs. 1 ZPO).

a) Für den Vorschussanspruch aus § 637 Abs. 3 BGB gilt, wenn es sich - wie hier - um Arbeiten an einem Bauwerk handelt, die fünfjährige Verjährungsfrist aus §§ 634 Nr. 1, 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Das Selbstvornahmerecht nach § 637 Abs. 1 BGB baut auf dem Nacherfüllungsanspruch des Bestellers auf (§§ 634 Nr. 1, 635 Abs. 1 BGB). Der Vorschussanspruch (§ 637 Abs. 3 BGB) wiederum setzt das Bestehen eines Selbstvornahmerechtes voraus. Daher ist auch auf den Anspruch auf Vorschuss bei Selbstvornahme nach § 637 Abs. 3 BGB die Verjährungsvorschrift des § 634a Abs. 1 BGB anzuwenden (Palandt/Sprau, 70. Aufl., § 634a BGB, Rz. 5; § 637 BGB Rz. 1).

b) Hingegen bestimmt sich die Verjährungsfrist hier nicht nach § 13 Nr. 4 Abs. 1 VOB/B (2002). Die dort geregelte vierjährige Verjährungsfrist ist mangels wirksamer Einbeziehung der Bedingungen der VOB/B in den Werkvertrag der Parteien nicht einschlägig. Der schlichte Hinweis in dem Angebot vom 8.7.2003 (Bl. 17d. beigezogenen Verfahrensakte des AG Magdeburg zu dem Az. 163 H 43/08 (163) - im Folgenden kurz "Beiakte"), die VOB liege "in unserer Firma vor" und könne dort jederzeit eingesehen werden, genügt im Geschäftsverkehr mit Privatleuten nicht den Anforderungen des § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Die Verschaffung der Kenntnisnahmemöglichkeit hat bei einem Geschäft unter Anwesenden durch Vorlage der AGB oder durch das ausdrückliche Angebot der Vorlage am Ort des Vertragsschlusses zu erfolgen, bei einem Geschäft unter Abwesenden durch die Übersendung der AGB oder durch eine anders geartete körperliche Hingabe der AGB (Palandt/Grüneberg, 70. Aufl., § 305 BGB Rz. 31, 32 m.w.N.), dies jedenfalls dann, wenn es sich um ein derart komplexes Bedingungswerk handelt, wie es die VOB ist. Der bloße Hinweis, es bestehe Kenntnisnahmemöglichkeit im Geschäftslokal, ist hingegen unzureichend (OLG Düsseldorf, BauR 1996, 712 f.), um gegenüber Privatkunden die o.g. Einbeziehungsvoraussetzung zu erfüllen.

c) Die fünfjährige Verjährungsfrist aus §§ 634 Nr. 1, 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB ist auch nicht etwa vertraglich auf zwei Jahre verkürzt worden (was in den Grenzen des § 202 BGB zulässig wäre). Zwar heißt es in dem oben erwähnten Angebot der Beklagten vom 8.7.2003:

"Für die handwerklichen Arbeiten übernehmen wir ab Rechnungsdatum 2 Jahre Garantie."

Diese Regelung muss allerdings bei Ausl...

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