Leitsatz (amtlich)

Unwirksam sind folgende Klauseln in den AGB eines Energieversorgers:

Nach Eingang des Kundenauftrages bei den ... kommt der Vertrag ... Strom erst durch ausdrückliche schriftliche Bestätigung durch die ... unter Angabe des Lieferbegins zustande.

Der Vertrag hat eine Laufzeit von 12 Monaten. Die Laufzeit beginnt mit der Lieferung ... Strom.

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Urteil vom 18.08.2010; Aktenzeichen 7 O 456/10)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18.8.2010 verkündete Urteil des LG Magdeburg (7 O 456/10) wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.8.2010 verkündete Urteil des LG Magdeburg (7 O 456/10) unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollstrecken an den Geschäftsführern, zu unterlassen, bei Stromversorgungsverträgen, die mit Verbrauchern geschlossen werden, über die im Tenor des Urteils des LG Magdeburg genannten Klauseln hinaus, die folgende oder eine inhaltgleiche Klausel als Allgemeine Geschäftsbedingung einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge - geschlossen nach dem 1.4.1997 - zu berufen:

Der Vertrag hat eine Laufzeit von 12 Monaten. Die Laufzeit beginnt mit der Lieferung des S. Spar Stroms.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz trägt der Kläger zu 1/5 und die Beklagte zu 4/5. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

und beschlossen:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die die Beklagte gegenüber Kunden ihres Angebots S. Spar Strom verwendet (Bl. 20). Soweit das LG die Klauseln aus Nr. 3 Abs. 2 (fristlose Kündigung) und Nr. 10 Abs. 3 (Nutzung gespeicherter Kundendaten) für unwirksam erklärt hat, ist das Urteil rechtskräftig. In der Berufungsinstanz streiten die Parteien noch über folgende Klauseln:

Nr. 2 Abs. 1 S. 1:

Nach Eingang des Kundenauftrages bei den S. kommt der Vertrag S. Spar Strom erst durch ausdrückliche schriftliche Bestätigung durch die S. unter Angabe des Lieferbeginns zustande.

Die Beklagte verweist in diesem Zusammenhang auf den Inhalt des Liefervertrages, in dem es u.a. heißt (Bl. 78):

Hiermit beauftrage ich die S. (S.) zum nächstmöglichen Zeitpunkt innerhalb der nächsten 3 Monate mit der Lieferung von elektrischer Energie gem. Ziff. 3 ...

Nr. 3 Abs. 1 S. 1:

Der Vertrag hat eine Laufzeit von 12 Monaten. Die Laufzeit beginnt mit der Lieferung S. Spar Strom.

Nr. 7 S. 1:

Bei einer Unterbrechung oder bei Unregelmäßigkeiten in der Elektrizitätsversorgung sind, soweit es sich um die Folgen einer Störung des Netzbetriebes einschließlich des Netzanschlusses handelt, die S. von der Leistungspflicht befreit.

Das LG hält die Klausel in Nr. 2 Abs. 1 S. 1 der AGB wegen Verstoßes gegen § 308 Nr. 1 BGB für unwirksam. Die Klauseln in Nr. 3 Abs. 1 S. 1 und Nr. 7 S. 1 AGB verstießen demgegenüber nicht gegen § 309 Nr. 9 lit. a BGB bzw. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (i.V.m. den §§ 326 Abs. 1, 314 BGB).

Gegen dieses Urteil wenden sich beide Parteien mit der Berufung, mit denen sie hinsichtlich der vorgenannten Klauseln ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgen.

II. Beide Berufungen sind zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung der Bekalgten wird zurückgewiesen. Die Berufung des Klägers hat teilweise Erfolg:

1. Berufung der Beklagten:

Soweit die Beklagte der Ansicht ist, dass die Klausel aus Nr. 2 Abs. 1 S. 1 der AGB nicht gegen § 308 Nr. 1 BGB verstoße, kann dem nicht gefolgt werden. Zutreffend ist zwar der Ausgangspunkt der Berufung, dass § 308 Nr. 1 BGB quasi voraussetzt, dass der Kunde für eine unbestimmte oder unangemessen lange Zeit an sein Angebot gebunden ist. Nicht gefolgt werden kann aber der Ansicht, dass die vertraglichen Regelungen keine Kundenbindung beinhalteten. Ob dies bei einer isolierten Betrachtung von Nr. 2 Abs. 1 S. 1 der AGB angenommen werden könnte, kann letztlich dahinstehen. Die Beklagte weist selbst auf die Regelung in dem Liefervorvertrag hin, in der von einer Belieferung innerhalb der nächsten 3 Monate die Rede ist. In der Zusammenschau mit Nr. 2 Abs. 1 S. 1 der AGB kann der durchschnittliche Kunde - auf dessen Sicht im Zeitpunkt der Angebotsabgabe abzustellen ist (Staudinger/Coester-Waltjen BGB, Neubearbeitung 2006, § 308 Nr. 1, Rz. 12) - die Klausel nur so verstehen, jedenfalls für 3 Monate an sein Angebot gebunden zu sein. Eine solche Bindungsfrist ist auch für Energielieferungsverträge zu lang. Die angemessene Dauer der Leistungspflicht richtet sich nach Art der geschuldeten Leistung unter Berücksichtigung der erforderlichen Beschaffun...

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