Entscheidungsstichwort (Thema)

Biogaspark

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für die Annahme einer Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 kommt es darauf an, dass alle für die jeweilige Energieerzeugungsanlage charakteristischen Bestandteile vorhanden sind. Ein Blockheizkraftwerk zur Erzeugung von elektrischer Energie aus Biogas ist danach nur dann als eigenständige Anlage i.S.v. § 3 Nr. 1 EEG 2009 zu bewerten, wenn es über eine Versorgungseinrichtung mit Biogas verfügt. Nutzen zwei Blockheizkraftwerke die Anlage zur Erzeugung von Biogas gemeinsam, so führt dies zu einer "Verbindung" beider Antriebseinheiten zu einer einheitlichen EE-Anlage.

2. Zu den Voraussetzungen der vergütungsrechtlichen Anlagenzusammenfassung nach § 19 Abs. 1 EEG 2009.

Für die Beurteilung des räumlichen Zusammenhangs mehrerer Anlagen ist jeweils auf die Gesamtanlage abzustellen und - bei größerer räumlicher Ausdehnung einer Anlage - grundsätzlich auf den Punkt des äußeren Randes, der am nächsten zu der anderen Anlage belegen ist.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Urteil vom 27.07.2012; Aktenzeichen 5 O 650/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 27.7.2012 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des LG Halle wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil des Senats und das angefochtene Urteil des LG Halle sind jeweils ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Zwangsvollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

 

Gründe

A. Die Klägerin begehrt als Betreiberin von drei mit Biogas gespeisten Blockheizkraftwerken von der Beklagten, der ihr vorgelagerten Stromnetzbetreiberin, die Zahlung einer Mehrvergütung für den von ihr im Januar 2009 eingespeisten Strom unter der Annahme, dass es sich um drei selbständigen Anlagen mit jeweils verhältnismäßig geringerer installierter Leistung handele. Die Beklagte hat diese Blockheizkraftwerke vergütungsmäßig als Einheit behandelt.

Die Klägerin errichtete in L. auf dem Grundstück T. Straße 23a einen Biogaspark. Der Biogaspark setzte sich zusammen aus zwei baugleichen Biogasanlagen (BGA 1 und BGA 2), jeweils bestehend aus separatem Fermenter, Fugatbehälter und Gärrestlager sowie notwendiger Steuer- und Messtechnik, aus einer zentralen Leitwarte und aus zwei Blockheizkraftwerken (künftig: BHKW 1 und BHKW 2) mit einer installierten Leistung von je 716 kW. Südlich dieser Anlagen befanden sich ein Löschwasserbrunnen und ein Fahrsilo mit vier Kammern zur gemeinsamen Nutzung für beide BGA. Das BHKW 1 wurde am 22.2.2008 in Betrieb genommen; es wurde ausschließlich von der BGA 1 mit Brennstoff beliefert. Das BHKW 2 wurde am 9.5.2008 in Betrieb genommen und wurde ausschließlich mit dem von der BGA 2 erzeugten Biogas betrieben. Durch spezifische technische Vorrichtungen schloss die Klägerin aus, dass das BHKW 1 von der BGA 2 versorgt wird und dass das BHKW 2 von der BGA 1 Biogas zur Verstromung erhält.

Auf dem östlich angrenzenden Nachbargrundstück T. Straße 23 befand sich das Betriebsgelände des Landwirtschaftsbetriebes B. GbR. Auf diesem Grundstück wurde das BHKW 3 der Klägerin mit einer Leistung von 1.043 kW errichtet und am 13.12.2008 in Betrieb genommen. Das BHKW 3 konnte wechselnd sowohl mit Biogas aus der BGA 1 als auch mit Biogas aus der BGA 2 gespeist werden. Ausweislich des maßstabsgetreuen Vermessungsplans des öffentlich vereidigten und bestellten Ingenieurs Dr. Ing. W. R. vom Juli 2007 (Anlage K 1) war das BHKW 3 von der BGA 1 ca. 100 Meter entfernt und von der BGA 2 etwa 150 Meter. Die Angaben der Prozessparteien hierzu variieren geringfügig. Zwischen dem Gelände des Biogasparks (T. Straße 23a) und dem BHKW 3 befand sich auf dem Nachbargrundstück (T. Straße 23) das von allen Anlagen gemeinsam genutzte Güllebecken (Endlager). Der in allen drei BHKW mittels Biogas erzeugte Strom wurde vollständig in das Netz der Beklagten eingespeist. Die im BHKW 3 erzeugte Wärme wurde allein von der B. GbR zur Beheizung von Ställen und bis Ende 2009 auch zur Trocknung von Holzhackschnitzeln genutzt. Inzwischen erfolgt auch eine Teilnutzung zur Trocknung von Gärresten zur Düngemittelherstellung.

Die Beklagte vergütete den bei ihr von der Klägerin eingespeisten Strom aus den BHKW 1 und BHKW 2 von Mai bis Dezember 2008 nach den Sätzen des EEG 2004 für zwei Anlagen. Mit Wirkung vom 1.1.2009 behandelte die Beklagte die drei BHKW der Klägerin vergütungsrechtlich als eine Anlage i.S.v. § 19 Abs. 1 EEG 2009.

Die Klägerin macht mit ihrer im April 2011 eingereichten Klage die Vergütungsdifferenz zwischen der fiktiven Vergütung für drei Anlagen bzw. drei modulare Anlagen und der Abrechnung der Beklagten für den Monat Januar 2009 i.H.v. 42.682,03 EUR als Teilforderung geltend. Sie hat die Auffassung vertreten, dass es zwischen den BHKW 1 und 2 einerseits und dem BHKW 3 bereits an einer genügenden räumlichen...

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