Verfahrensgang

LG Magdeburg (Entscheidung vom 25.06.2010; Aktenzeichen 10 O 2155/09)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Magdeburg vom 25.06.2010 - 10 O 2155/09 - wie folgt abgeändert:

Der Beklagte zu 1.) wird verurteilt, an die Klägerin 550,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2009 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 26 Nr. 8 Satz 1 EGZPO abgesehen.

II. Die zulässige Berufung der Klägerin gegen das am 25.06.2010 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg hat einen geringfügigen Teilerfolg: Der Beklagte zu 1.) ist aus § 823 Abs. 1 BGB verpflichtet, der Klägerin den geltend gemachten Fahrzeugschaden im Umfang der Selbstbeteiligung in Höhe von 550,00 Euro, die im Mietvertrag der Klägerin mit dem Beklagten zu 2.) vereinbart worden war, zu ersetzen. Im Übrigen hält das angefochtene Urteil den Angriffen der Berufung stand.

1. Das Landgericht hat richtig angenommen, dass die AGB-Bestimmungen über die Haftung des Fahrzeugmieters einschließlich derjenigen über die Haftungsfreistellung gegen Zahlung eines besonderen Entgeltes wie auch diejenigen über die Leistungsfreiheit des Vermieters zu Gunsten wie zu Lasten des berechtigten Fahrers und damit hier des Beklagten zu 1.) gelten. Das folgt nicht nur aus Lit. I Nr. 7 der "Allgemeinen Vermietbedingungen" der Klägerin (im Folgenden "AVB"). Dies entspricht auch der Rechtsprechung, die dies auch ohne ausdrückliche Abrede annimmt, da die Haftungsfreistellung des Mieters sonst wirkungslos werden könnte, weil der Mieter gegebenenfalls seinerseits - etwa nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen - den Fahrer freistellen müsste (vgl. BGH, NJW 1982, 987; BGHZ 22, 109, 114 ff.; OLG Köln, Urteil vom 13.01.2010, Az. 11 U 159/09, juris-Rn. 15; VersR 1982, 1151). Hinter dieser Rechtsprechung steht der generelle Erwartungshorizont des Mieters eines Kraftfahrzeuges, wenn er gegen Entgelt eine Haftungsreduzierung nach Art der Vollkaskoversicherung mit Selbstbeteiligung vereinbart: Er darf darauf vertrauen, dass die Reichweite des mietvertraglich vereinbarten Schutzes im Wesentlichen demjenigen Schutz entspricht, den er als Eigentümer des Kraftfahrzeuges und als Versicherungsnehmer in der Fahrzeugvollversicherung genießen würde. Nur bei Einräumung dieses Schutzes genügt der gewerbliche Vermieter von Kraftfahrzeugen seiner aus dem Grundsatz von Treu und Glauben erwachsenden Verpflichtung, schon bei der Festlegung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH (zuletzt: BGH, Urteil vom 25.11.2009, Az. XII ZR 211/08, zitiert nach juris). Der Erwartungshorizont des Mieters bzw. Versicherungsnehmers schließt dabei ein, dass auch der berechtigte Fahrer im Sinne der für die Fahrzeugvollversicherung üblichen Versicherungsbedingungen (vgl. dazu D.1.2 AKB 2008) - untechnisch ausgedrückt - "mitversichert" ist (OLG Brandenburg, Urteil vom 11.03.2009, Az. 3 U 76/08, zitiert nach juris; OLG Düsseldorf, VersR 2009, 509; OLG Schleswig, VersR 1983, 590; in diesem Sinne auch: BGH, VersR 2009, 1123; BGHZ 22, 109, 120 ff.).

2. Vor diesem Hintergrund kann sich der Beklagte zu 1.) gegenüber dem Schadensersatzbegehren der Klägerin auf die vom Beklagten zu 2.) als Mieter mit der Klägerin vereinbarte Haftungsfreistellung berufen.

2.1 Er muss sich nicht entgegenhalten lassen, im Sinne der Obliegenheitsbestimmung in Lit. I Nr. 2 Satz 2, dritter Spiegelstrich AVB "Unfallflucht" begangen zu haben.

2.1.1 Es sei dahingestellt, ob diese Klausel überhaupt wirksam ist. Dies dürfte zu verneinen sein, weil sie im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB mit wesentlichen Grundgedanken des § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG n. F. nicht zu vereinbaren sein dürfte, was die Rechtsfolge aus § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB nach sich zieht. Lit. I Nr. 2 Satz 2, dritter Spiegelstrich AVB geht noch von der sog. Relevanztheorie aus, wonach sich der Versicherer (hier der Vermieter) bei einem folgenlos gebliebenen Obliegenheitsverstoß nur dann auf Leistungsfreiheit berufen konnte, wenn der Obliegenheitsverstoß generell geeignet war, die Interessen des Versicherers ernsthaft zu gefährden, und wenn dem Versicherungsnehmer ein erhebliches Verschulden zur Last gelegt werden konnte (Stiefel/Maier, 18. Aufl., § 28 VVG, Rn. 34). § 28 Abs. 3 Satz 1 VVG n. F. hingegen führt ein Kausalitätserfordernis ein, das es auch bei vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen notwendig macht, dass sich die fragliche Obliegenheitsverletzung im konkreten Einzelfall zum Nachteil des Versicherers ausgewirkt hat ("soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt oder die Feststellung des Versic...

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