Leitsatz (amtlich)

Streitgenossen, die sich jeweils getrennt haben vertreten lassen, sind im Kostenfestsetzungsverfahren so zu behandeln, als ob sie einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten bestellt hätten, wenn ihre Rechtsverfolgung aufgrund der Einheitlichkeit des zugrunde liegenden Lebenssachverhaltes identisch ist, die Gefahr eines Interessenwiderstreites nicht besteht und auch keine sonstigen Gründe für die Hinzuziehung jeweils eigener Prozessbevollmächtigter sprechen.

 

Verfahrensgang

LG Halle (Saale) (Beschluss vom 12.11.2004; Aktenzeichen 3 O 153/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Halle vom 12.11.2004 abgeändert.

Die vom Kläger zu 1) aufgrund des Urteils des LG Halle vom 16.6.2004 an den Beklagten zu 1) zu erstattenden Kosten werden auf 978,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.9.2004 festgesetzt.

Die vom Kläger zu 2) aufgrund des Urteils des LG Halle vom 16.6.2004 an den Beklagten zu 1) zu erstattenden Kosten werden auf 978,24 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 6.9.2004 festgesetzt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Beklagte zu 1) zu tragen.

 

Gründe

I. Die Kläger haben die Beklagten auf Schadensersatz wegen Abbruchs von Vertragsverhandlungen in Anspruch genommen.

Die Parteien führten ab Januar 2001 Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Mietvertrages über Kanzleiräume in einem noch zu sanierenden Geschäftshaus in S. Der Beklagte zu 1) und die Beklagten zu 2) und 3) unterhielten zu diesem Zeitpunkt in S. separate Büros, waren jedoch damals in Sozietät verbunden und planten eine Zusammenlegung ihrer Kanzleisitze. Die Verhandlungen endeten im Spätsommer 2001 ergebnislos, wobei die Kläger den Beklagten im Wesentlichen vorgeworfen haben, sie hätten abredewidrig ihren Vertragsschluss davon abhängig gemacht, dass auch anderweitige Mieter einen Mietvertrag unterzeichneten. Im Vertrauen auf das Zustandekommen des Mietverhältnisses hätten sie erhebliche Investitionen vorgenommen, die die Beklagten zu ersetzen hätten.

Die Beklagten zeigten jeweils separat an, sich gegen die Klage verteidigen zu wollen, unterzeichneten sämtlich die von ihnen auf einem Briefkopf des Beklagten zu 1) gemeinsam verfasste Klageerwiderung und erschienen aufgrund gerichtlicher Anordnung im Termin zur ersten mündlichen Verhandlung persönlich. Im nachfolgenden Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung und Durchführung einer Zeugenbeweisaufnahme vertrat der Beklagte zu 1) den Beklagten zu 2) Die Beklagten haben sich damit verteidigt, einen Vertragsabschluss zu keinem Zeitpunkt als sicher hingestellt zu haben. Vielmehr hätten sich die Parteien bis zuletzt über die Vertragsbedingungen nicht einigen können, weshalb letztlich die Kläger die Verhandlungen abgebrochen hätten. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf das am 16.6.2004 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Halle Bezug genommen, mit dem die Klage abgewiesen worden ist.

Die Beklagten beantragen nunmehr jeweils die Festsetzung ihrer Rechtsanwaltsgebühren gem. § 31 BRAGO, die ihnen durch ihre eigene Vertretung erwachsen sind. Die Beklagten zu 2) und 3) haben dabei erklärt, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt zu sein. Sie vertreten die Auffassung, dass grundsätzlich jeder Streitgenosse einen eigenen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragen dürfe. Von diesem auch ihnen zustehenden Recht hätten sie Gebrauch gemacht, was sich nicht zuletzt darin zeige, dass sie jeweils eigenständige Sachanträge gestellt hätten und das LG jeweils gesonderte Zustellungen bewirkt habe. Im Übrigen hätten die Kläger gegen die Beklagten unterschiedliche Vorwürfe erhoben, so dass sie jeweils eine eigene Verteidigungsstrategie verfolgt hätten. Das LG hat zunächst nur die Rechtsanwaltsgebühren des Beklagten zu 1) antragsgemäß auf 4.807 EUR nebst gesetzlichen Zinsen festgesetzt. Über die Kostenfestsetzungsanträge der Beklagten zu 2) und 3) ist noch keine Entscheidung ergangen.

Mit ihrer gegen die Festsetzung zugunsten des Beklagten zu 1) gerichteten sofortigen Beschwerde machen die Kläger geltend, dass eine getrennte Rechtsverteidigung nicht stattgefunden habe und im Übrigen auch rechtsmissbräuchlich sei, da die Voraussetzungen für eine Mandatsaufspaltung nicht vorlägen. Das LG hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und das Verfahren dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt.

Sie hat zugleich in der Sache Erfolg. Der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss erweist sich in mehrfacher Hinsicht als rechtsfehlerhaft.

1. Das LG hat zugunsten des Beklagten zu 1) zu Unrecht Rechtsanwaltsgebühren in voller Höhe festgesetzt. Für die Beklagten bestand keine Notwendigkeit, sich jeweils selbst zu verteidigen. Zwar ist anerkannt, dass Streitgenossen grundsätzlich berechtigt sind, sich durch verschiedene R...

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