Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 30.01.2006; Aktenzeichen 4 O 244/04)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 02.05.2007; Aktenzeichen XII ZB 156/06)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des LG Karlsruhe vom 30.1.2006 - 4 O 244/04 - in der Gestalt des Teilabhilfebeschlusses vom 14.7.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das LG Karlsruhe - Rechtspfleger - zurückverwiesen.

2. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 544,09 EUR festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin vermietete an die Kanzlei für Arztrecht (Rechtsanwälte Dr. Manfred A., Dr. Bernhard D., Dr. Wolfgang B. GbR) mit Mietvertrag vom 11.4.2001 Büroräume für die Kanzlei. Nachdem die Beklagten über mehrere Monate die Miete gemindert hatten, erhob die Klägerin Klage gegen die Beklagten Ziff. 1 bis 3 als Gesamtschuldner auf Zahlung von Mietrückständen. Die Beklagten haben einzeln und jeweils im eigenen Namen auf die Klage erwidert, ihre Schriftsätze sind dabei nahezu wortgleich. Zum ersten Verhandlungstermin erschienen die drei Beklagten persönlich und unterbreiteten nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens in drei Schriftsätzen einen identischen Vergleichsvorschlag. Im Termin vom 12.4.2005 erschienen die Beklagten wiederum persönlich, der Rechtsstreit wurde durch einen Vergleich beendet, nach dessen Kostenregelung die Klägerin 54 % der Kosten des Rechtsstreits, die Beklagten 46 % zu tragen haben.

Die Beklagten begehrten im Kostenfestsetzungsverfahren getrennt Kostenerstattung i.H.v. 3 Einzelmandaten. Es sei der Klägerin ohne weiteres möglich gewesen, nur die BGB-Gesellschaft in Anspruch zu nehmen. Wenn sie sich prozessual zulässig, aber völlig überflüssig dafür entschieden habe, die drei Beklagten als natürliche Personen und nicht die BGB-Gesellschaft als solche in Anspruch zu nehmen, müsse sie die gebührenrechtlichen Folgen tragen. Interessengegensätze hätten bei Prozessbeginn nicht ausgeschlossen werden können. Dieser dreifachen Abrechnung ist die Klägerin entgegengetreten, da es für die Selbstvertretung der einzelnen Sozien keine rechtfertigenden Gründe gebe, die Multiplikation der Rechtsanwaltsgebühren sei sittenwidrig und rechts-missbräuchlich.

Mit den drei Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 30.1.2006 hat die Rechtspflegerin des LG die Gebühren für jeden der Beklagten einzeln festgesetzt, wie diese sie als bevollmächtigte Rechtsanwälte hätten fordern können. Von einer völligen Interessengleichheit könne nicht ausgegangen werden.

Gegen diese drei Beschlüsse hat die Klägerin sofortige Beschwerden eingelegt. Die Beklagten sind den Beschwerden entgegengetreten. Dass es ihnen gelungen sei, sich untereinander abzustimmen und ggü. der Klägerin einheitlich aufzutreten, bedeute lediglich, dass die Beklagten als Gesellschafter gut kooperierten.

Das LG hat mit drei Beschlüssen vom 14.7.2006 den sofortigen Beschwerden der Klägerin nicht abgeholfen, auf die Anschlussbeschwerden der Beklagten die Prozessgebühr des ausgeschiedenen Klägers jeweils herabgesetzt. Gegen diese Beschlüsse hat die Klägerin "wiederholend" sofortige Beschwerden eingelegt, die sich nicht gegen die Entscheidung der Anschlussbeschwerde wenden, sondern das ursprüngliche Anliegen wiederholen.

II. Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 104 Abs. 3 S. 1, 567 Abs. 1, Abs. 2, 569 ZPO zulässig. Bei der "wiederholenden" Beschwerde handelt es sich nicht um ein neues Rechtsmittel, wie sich aus der Bezeichnung und der Begründung ergibt, insb. wird die Reduzierung der Prozessgebühr, die auf die Anschlussbeschwerde vorgenommen worden ist, nicht angegriffen.

Sie hat auch in der Sache Erfolg.

Das LG hat zu Unrecht Rechtsanwaltsgebühren für jeden Beklagten einzeln in voller Höhe festgesetzt.

Grundsätzlich kann sich bei einer Klage gegen mehrere Rechtsanwälte einer Sozietät jeder der Anwälte selbst vertreten. Ob indessen jeder der Anwälte neben den anderen die vollen Gebühren eines Einzelmandates erstattet verlangen kann, ist eine nach § 91 Abs. 2 ZPO zu beurteilende erstattungsrechtliche Frage, die in der Rechtsprechung der OLG unterschiedlich beantwortet wird. Nach einer Auffassung kann ausnahmslos jeder von mehreren sich selbst vertretenden Rechtsanwälten seine Kosten vollständig erstattet verlangen (vgl. OLG Frankfurt, JurBüro 1981, 926 f.; OLG München JurBüro 1981, 138; vgl. auf Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 91 Rz. 142 m.w.N.). Nach überwiegender Ansicht wird anerkannt, dass grundsätzlich jeder der sich selbst vertretenden Rechtsanwälte vollständige Kostenerstattung verlangen kann, dieser Anspruch jedoch seine Grenze in dem Grundsatz von Treu und Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs findet (OLG Naumburg, Rechtspfleger 2005, 482 f.; OLG Köln JurBüro 1988, 457 ff.; OLG Karlsruhe v. 24.8.1999 - 3 W 82/99, OLGReport Karlsruhe 1999, 418 f.; OLG Düsseldorf JurBüro 1998, 142; OLG Karlsruhe JurBüro 1998, 142; OLG Schleswig JurBüro 1988, 1030 f.; OLG Düsseldorf JurB...

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