Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabinformationspflicht I

 

Leitsatz (amtlich)

Versäumt es die Vergabestelle, dem unterlegenen Bieter in dem Informationsschreiben gem. § 13 VgV den Namen desjenigen mitzuteilen, der den Zuschlag erhalten soll, tritt die Nichtigkeitsfolge des § 13 S. 6 VgV jedenfalls dann nicht ein, wenn die Nichtberücksichtigung des Bieters allein auf preislichen Erwägungen beruht, ihm dies unter Angabe des niedrigeren Preises des obsiegenden Angebotes mitgeteilt wurde und er rechtzeitig vor Ablauf der Frist des § 13 S. 2 VgV von der Identität des Begünstigten Kenntnis erlangt.

 

Verfahrensgang

Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt (Beschluss vom 30.01.2004; Aktenzeichen VK Hal 34/03)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss der 1. Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt vom 30.1.2004 aufgehoben.

2. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird als unzulässig zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt sowie die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Sie hat auch in beiden Instanzen die zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu erstatten.

Die Beigeladene trägt ihre eigenen außergerichtlichen Aufwendungen selbst.

4. Es wird festgestellt, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwaltes durch die Vergabestelle sowohl im Verfahren vor der Vergabekammer als auch im Beschwerdeverfahren notwendig war.

5. Die Kosten des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer beim Landesverwaltungsamt betragen 2.971,89 Euro (2.765 Euro Gebühren und 206,89 Euro Auslagen).

 

Gründe

I. Die Vergabestelle, ein öffentlicher Auftraggeber, schrieb die Vergabe von Sperrmüllentsorgungsdienstleistungen für den Landkreis B. auf der Grundlage der Verdingungsordnung für Leistungen, Teil A (VOL/A), bundesweit aus. Als Leistungsbeginn hatte sie den 1.1.2004 angegeben, die Vertragslaufzeit sollte vier Jahre betragen. Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote legte die Vergabestelle den 30.7.2003 fest. Die Zuschlags- und Bindefrist sollte am 31.10.2003 enden. Zuschlagskriterien wurden weder in der Bekanntmachung noch in den Verdingungsunterlagen genannt.

Die Antragstellerin beteiligte sich ebenso wie die Beigeladene und sieben weitere Bieter an der Ausschreibung. Insgesamt wurden 9 Hauptangebote und 6 Nebenangebote eingereicht, die am 31.7.2003 eröffnet wurden.

Mit drei Bietern wurden Nachverhandlungen geführt. Hierzu gehörte auch die Beigeladene, der schließlich am 16.10.2003 der Auftrag erteilt wurde.

Zuvor hatte der Antragsgegner mit Schreiben vom 29.9.2003 unter Bezugnahme auf § 27 Nr. 1 und 2 VOL/A alle unterlegenen Bieter unterrichtet. Der Antragstellerin hatte er mitgeteilt, dass ihr Angebot aus preislichen Gründen nicht berücksichtigt werden könne. Es seien 9 Angebote und weitere Nebenangebote eingegangen, wobei der niedrigste Angebotsendpreis 530.000 Euro und der höchste Preis 1.177 500 Euro betragen habe. Den Namen des obsiegenden Bieters nannte der Antragsgegner nicht.

Die Antragstellerin rügte am 8.10.2003 ggü. der Vergabestelle die Wertung der Angebote. Sie vertrat die Auffassung, der Antragsgegner habe die Auskömmlichkeit des obsiegenden Angebotes nicht ausreichend geprüft. Außerdem sei nach ihrem Wissen beabsichtigt, den Zuschlag einem "Ein-Mann-Betrieb" zu erteilen, der eine reine Maklerleistung anbiete, keinerlei Erfahrung habe und sich daher eines Subunternehmers bedienen müsse.

Mit Schreiben vom 27.10.2003 hat die Antragstellerin bei der Vergabekammer einen Nachprüfungsantrag eingereicht, woraufhin die Vergabekammer mit Verfügung vom 30.10.2003 ggü. dem Antragsgegner ein vorläufiges Leistungsverbot aussprach.

Die Antragstellerin hat beantragt,

1. die Vergabestelle anzuweisen, die Ausschreibung aufzuheben,

2. die durchgeführte Vergabe für nichtig zu erklären, da diese gegen gesetzliche Vergabevorschriften verstoße,

hilfsweise,

3. der Antragstellerin den Zuschlag zu erteilen

Die Vergabestelle hat beantragt, die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Vergabekammer hat mit Beschluss vom 30.1.2004 dem Hauptantrag zu 1) der Antragstellerin stattgegeben und den Antragsgegner angewiesen, das streitbefangene Vergabeverfahren aufzuheben.

Die Kammer hat darauf hingewiesen, dass bei einem Auftragsvolumen von mindestens 500.000 Euro die Zuständigkeit der Vergabekammern gegeben sei, auch wenn der Antragsgegner es versäumt habe, den Auftrag EU-weit auszuschreiben. Die Zuschlagserteilung stehe der Zulässigkeit des Nachprüfungsantrages ebenfalls nicht entgegen. Da der Antragsgegner es versäumt habe, der Antragstellerin den Namen des obsiegenden Bieters mitzuteilen, sei das Informationsschreiben vom 29.9.2003 lückenhaft und genüge den Anforderungen des § 13 VgV nicht. Die Nichtigkeit des geschlossenen Vertrages sei daher die zwangsläufige Folge, wenngleich die Kammer diese Regelung für verfassungswidrig halte. Im Übrigen sei der Nachprüfungsantrag auch begrü...

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