Leitsatz (amtlich)

1. Werden in einem Testament vom Erblasser "die Erben" als seine Erben eingesetzt und im Weiteren vereinzelte Anordnungen zur Teilung des Nachlasses verfügt, so ist im Zweifel davon auszugehen, dass der Erblasser seine nach der gesetzlichen Erbfolge berufenen Erben zu den danach geltenden Erbanteilen einsetzen wollte.

2. Zur Anwendbarkeit des deutschen Ehegüterstatuts, insbesondere des § 1371 Abs. 1 BGB, auf eine im Königreich Thailand geschlossene Ehe zwischen einem deutschen Staatsangehörigen und einer thailändischen Staatsangehörigen.

 

Verfahrensgang

AG Magdeburg (Beschluss vom 12.05.2021; Aktenzeichen 192 VI 397/18)

 

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 3) wird der Beschluss des Amtsgerichts - Nachlassgericht - Magdeburg vom 12. Mai 2021 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Antrag der Beteiligten zu 1) und zu 2) auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins vom 6. September 2018 wird zurückgewiesen.

2. Über die Hilfsanträge des Beteiligten zu 1) vom 20. Oktober 2022 wird nicht entschieden.

3. Die Beteiligten zu 1) und zu 2) haben die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

II. Der Beteiligten zu 3) wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für die Vertretung im Beschwerdeverfahren unter Beiordnung ihres Verfahrensbevollmächtigten, Rechtsanwalt F. aus M., bewilligt.

III. Der Kostenwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.010.584,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Erblasser war in erster, inzwischen geschiedener Ehe verheiratet mit B. M. geb. K. . Aus dieser Ehe ging die Beteiligte zu 4) - geboren am 30.04.1983 - hervor. Der Beteiligte zu 1) - geboren am 26.04.1988 - ist ein nichteheliches Kind des Erblassers. Der Erblasser war in zweiter, inzwischen geschiedener Ehe verheiratet mit C. M. geb. E. . Aus dieser Ehe ging der Beteiligte zu 2) - geboren am 25.07.1994 - hervor. Der Erblasser war schließlich in dritter Ehe mit der Beteiligten zu 3) verheiratet; diese Ehe wurde im Oktober 2010 in Thailand geschlossen. Aus dieser Ehe ging die mdj. Beteiligte zu 5) - geboren am 07.12.2010 - hervor. Weitere Nachkommen gibt es nicht.

Der Erblasser hinterließ in einem verschlossenen Umschlag ein privatschriftliches Testament vom 17.04.2018, welches am 20.08.2018 vom Nachlassgericht eröffnet worden ist (vgl. Beiakte 192 IV 397/18). Darin heißt es unter der Überschrift "Testament":

"Mein letzter Wille

1Meine verbleiben Anteile an den H. Gesellschaften möchte ich meinen Tochter K. D. überlassen. 2Wegen des großen Wertes der Firma, soll alles andere allein unter den verbleibenden Erben aufgeteilt werden." (Satzzählung durch den Senat)

Das Testament schließt mit der Angabe des Ortes und des Datums der Errichtung und einer eigenhändigen Unterschrift des Erblassers.

Die Beteiligten zu 1) und zu 2) haben zu UR Nr. 142/2018 der Notarin M. N. in B. vom 06.09.2018 den Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins gestellt, welcher die Beteiligte zu 3) als Miterbin mit einem Anteil von einem Viertel sowie die Beteiligten zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) als Miterben mit einem Anteil von jeweils 3/16 ausweisen soll. Sie haben sich auf den Eintritt der testamentarischen Erbfolge berufen.

Die hiesige Beteiligte zu 3) hat mit anwaltlichem Schriftsatz vom 13.08.2020 einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragt, welcher sie als Miterbin mit einem Anteil von einem Halb und die Beteiligten zu 1), zu 2), zu 4) und zu 5) als Miterben mit einem Anteil von jeweils einem Achtel ausweisen soll. Dieses Verfahren, in dem das Nachlassgericht durch eine Zwischenverfügung u.a. auf Formmängel des Antrages hingewiesen hat, wird unter dem Aktenzeichen 192 VI 324/20 geführt.

Die Beteiligten streiten im vorliegenden Nachlassverfahren im Zusammenhang mit der Höhe der Erbanteile der Beteiligten zu 3) vor allem über den Güterstand der Ehe zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 3). Hierzu hat das Nachlassgericht, welches - übereinstimmend mit sämtlichen Beteiligten des Verfahrens - von der Anwendbarkeit der Art. 14, 15 EGBGB a.F. ausgegangen ist, folgende Feststellungen getroffen: Der Erblasser, welcher ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit besaß, und die Beteiligte zu 3), welche thailändische Staatsangehörige ist, lernten sich in Thailand kennen. Der Kontakt wurde durch mehrfache, jeweils mehrwöchige Besuche des Erblassers in Thailand aufrechterhalten; der Beteiligten zu 3) wurde eine besuchsweise Einreiseerlaubnis für Deutschland nicht erteilt. Am 12.10.2010 schlossen sie in Thailand in Anwesenheit zweier Zeugen einen Ehevertrag, welcher im Heiratsregister eingetragen wurde. Der Ehevertrag sollte nach seiner Präambel für den Fall gelten, dass Rechtsstreitigkeiten aus der Ehe in Thailand bzw. nach thailändischem Recht entschieden werden sollen. Er enthielt in Ziffer 2 die Regelung, dass durch die Ehe kein Gemeinschaftseigentum an den nach der Eheschließung erworbenen Vermögensgegenständen begründet werden sollte, in Ziffer 3 die weitere Regelung, dass es...

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