Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbausschlagung. Fristbeginn. Kenntnis vom Erbfall. Darlegungspflicht des Erben

 

Leitsatz (amtlich)

Grundsätzlich ist die Darlegung eines Erben, vor einem bestimmten Zeitpunkt keine Kenntnis vom Erbfall gehabt zu haben für die Annahme des Beginns der Ausschlagungsfrist gem. § 1944 BGB ausreichend. Hat das Nachlassgericht abweichende Erkenntnisse, hat es diesbezüglich Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

Normenkette

BGB § 1944 Abs. 2, § 1945 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Magdeburg (Beschluss vom 26.01.2006; Aktenzeichen 3 T 820/05)

AG Magdeburg (Aktenzeichen 23 VI 161/05)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des LG Magdeburg vom 26.1.2006 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung über die Beschwerde des Beteiligten gegen die Verfügung des AG Haldensleben vom 12.10.2005 zurückverwiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Der Beschwerdewert wird auf bis zu 3.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beteiligte, geboren am 23.11.1931, ist der Neffe der Erblasserin. Er begehrt nach einer Erbausschlagung die Einziehung eines zu seinen Gunsten erteilten Erbscheins.

Ausweislich des gemeinschaftlichen Erbscheins des Staatlichen Notariats Wolmirstedt vom 26.6.1968 ist der Beteiligte zu 1/14 Erbe der Erblasserin. Mit notariell beglaubigter Erklärung vom 22.6.2005, eingegangen bei dem AG Wolmirstedt am selben Tage, teilte der Beteiligte mit, dass er anlässlich eines ihm übermittelten Einheitswertbescheides des Finanzamts und der anschließenden Überprüfungen beim Grundbuchamt festgestellt habe, dass er als Erbe Mitglied der Erbengemeinschaft nach der Erblasserin sei. Da die Erbschaft überschuldet sei, schlage er die Erbschaft aus.

Unter dem 12.10.2005 hat das AG Haldensleben - Rechtspfleger - mitgeteilt, dass es sich nicht veranlasst sehe, den Erbschein einzuziehen, da dieser wirksam erteilt worden sei. In einem Aktenvermerk, der dem Beteiligten nicht zur Kenntnis gegeben wurde, führte der Rechtspfleger aus, ausweislich der Grundakte M. G 206 sei festgestellt worden, dass der Beteiligte über die Grundbucheintragung am 23.11.1999 informiert worden sei.

Gegen die Entscheidung des Rechtspflegers vom 12.10.2005 hat sich der Beteiligte mit der Beschwerde gewandt und ausgeführt, er habe von den zugrunde liegenden Erbausschlagungstatsachen erst aufgrund des Grundsteuermessbescheides des Finanzamtes H. vom 10.5.2005 in Verbindung mit dem Abgabenbescheid 2005 der Gemeinde Bn. vom 14.6.2005 sowie dem Grundbuchauszug vom 14.6.2005 Kenntnis erhalten.

Das AG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und dem LG Magdeburg vorgelegt.

Die 3. Zivilkammer des LG Magdeburg hat die Beschwerde gegen die Ablehnung der Einziehung des Erbscheins nach der Erblasserin mit Beschluss vom 26.1.2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, zu Recht habe es das AG abgelehnt, den Erbschein einzuziehen, da die Ausschlagung durch den Beteiligten nicht beachtlich sei. Die Erklärung des Beteiligten verhalte sich nicht zu den Tatsachen, die für die Frage der Versäumung der Ausschlagungsfrist maßgeblich seien.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beteiligte mit der weiteren Beschwerde.

II. Die weitere Beschwerde hat in der Sache Erfolg, denn der angegriffene Beschluss beruht auf einer Verletzung des Rechts. Die angefochtenen Entscheidung des LG hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§§ 27 Abs. 1 FGG, 550 ZPO).

Entgegen der Auffassung des LG kann den bislang aus den Akten ersichtlichen Tatsachen nicht entnommen werden, dass die für die Ausschlagung der Erbschaft gem. §§ 1943, 1944 BGB normierten Voraussetzungen in der Person des Beteiligten nicht erfüllt sind.

Nach seinem Vortrag will er erst am 14.6.2004 von dem Anfall der Erbschaft Kenntnis erhalten haben. Sollte dieser Vortrag richtig sein, wäre die hier maßgebliche 6 Wochen Frist gem. § 1944 BGB durch seine am 24.6.2005 notariell beurkundete Ausschlagungserklärung gewahrt worden.

Für die Frage der Wirksamkeit der Ausschlagungserklärung des Beteiligten kommt es darauf an, ob die Vorschriften des BGB in der im Jahr 1966 in der DDR geltenden Fassung beachtet worden sind.

Gemäß Art. 235 § 1 Abs. 1 EGBGB bleibt für die erbrechtlichen Verhältnisse das bisherige Recht maßgebend, wenn der Erblasser vor dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland gestorben ist. Nach der ferner erforderlichen interlokalen Vorprüfung richtet sich die Rechtsnachfolge von Todes wegen nach einem deutschen Erblasser nach den Bestimmungen derjenigen Teilrechtsordnung, deren räumlichem Geltungsbereich der Erblasser durch seinen gewöhnlichen Aufenthalt angehörte (BGH v. 1.12.1993 - IV ZR 261/92, MDR 1994, 384 = FamRZ 1994, 304). Dementsprechend bestimmt sich vorliegend die Frage, von wem die Erblasserin beerbt worden ist, nach dem Recht der ehemaligen DDR. Denn die Erblasserin ist im Jahr 1966 und damit weit vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland am 3.10.1990 verstorben. Anzuwenden ist das BGB in der im Jahr ...

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