Leitsatz (amtlich)

Erschöpft sich die Begründung einer Kostenentscheidung in Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit gem. § 81 FamFG in der Nennung der herangezogenen Normen, ohne die Erwägungen für die Ermessensausübung auch nur anzudeuten, so liegt ein Ermessensfehlgebrauch vor, der das Rechtsmittelgericht berechtigt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des nicht ausgeübten Ermessens durch die Vorinstanz zu setzen.

 

Verfahrensgang

AG Halle (Saale) (Beschluss vom 15.05.2014; Aktenzeichen 24 F 514/14)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des AG

- Familiengericht - Halle (Saale) vom 15.5.2014, Aktenzeichen 24 F 514/14 EAGS, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 1.000 EUR.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde (§§ 57 Abs. 1 S. 2 Nr. 4, 58 Abs. 1, 63 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1 und 2 FamFG) der Antragstellerin gegen die im angefochtenen Beschluss vom 15.5.2014 erfolgte Aufhebung der einstweiligen Anordnung vom 28.2.2014 und Zurückweisung ihres Antrages vom 27.2.2014 ist nicht begründet.

Das Familiengericht hat verfahrensfehlerfrei entschieden (§§ 49 ff. FamFG).

Zur im einstweiligen Anordnungsverfahren ausreichenden Glaubhaftmachung einer Tatsachenbehauptung - auch i.S.v. §§ 51 Abs. 1 S. 2, 31 FamFG - bedarf es zwar nicht der vollen gerichtlichen Überzeugung; es genügt nach allgemeinem Verständnis ein geringerer Grad der richterlichen Überzeugungsbildung, der bereits vorliegt, sofern bei freier Würdigung des gesamten Verfahrensstoffes eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (BGH, MDR 2007, 669).

An diesem Maßstab gemessen hat die Antragstellerin aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die zwecks Meidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht glaubhaft gemacht, dass der Antragsgegner sie tätlich angegriffen sowie vorsätzlich und widerrechtlich körperlich misshandelt hat. Die vom Familiengericht auf der Grundlage des von ihm festgestellten Sachverhalts vorgenommene rechtliche Bewertung begegnet keinen Bedenken und wird von der Beschwerde, die die Antragstellerin nicht begründet hat, auch nicht bekämpft.

Soweit die Antragstellerin sich gegen die Kostenentscheidung des AG wendet, ist die Beschwerde im Ergebnis ebenfalls unbegründet.

In Gewaltschutzsachen entscheidet das Familiengericht gem. § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG nach billigem Ermessen über die Verteilung der Kosten des Verfahrens auf die Beteiligten. Es begegnet allerdings Bedenken, dass das Familiengericht seine Ermessenentscheidung nicht begründet hat.

Dem steht nicht entgegen, dass diese Ermessensausübung einer Überprüfung des Senats grundsätzlich nur eingeschränkt zugänglich ist. Die Überprüfungsmöglichkeit beschränkt sich darauf, ob das Familiengericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei Gebrauch gemacht hat. Der Sinn des eingeräumten Ermessens würde verfehlt, wenn das Beschwerdegericht berechtigt und verpflichtet wäre, ein vom erstinstanzlichen Gericht fehlerfrei ausgeübtes Ermessen durch eine eigene Ermessensentscheidung zu ersetzen. Das Beschwerdegericht kann die Kostenentscheidung nur auf Ermessensfehler in Form des Ermessensfehlgebrauchs oder der Ermessensüberschreitung überprüfen, also darauf, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm obliegenden Ermessen einen ungesetzlichen Gebrauch gemacht hat. Das könnte namentlich der Fall sein, wenn es für die Ermessenentscheidung maßgebliche Tatsachen verfahrensfehlerhaft nicht ermittelt oder sonst unberücksichtigt gelassen hat (BGH FamRZ 2007, 893). Diese Rechtsprechung ist auch im Anwendungsbereich des § 81 FamFG maßgeblich, der die Ausübung billigen Ermessens zum tragenden Grundsatz der Kostenentscheidung erhoben hat (OLG Celle, JAmt 2012, 40; OLG Hamm FamRZ 2012, 1829).

Solcher Ermessensfehlgebrauch ist dem Familiengericht indes hier unterlaufen. Denn dessen Begründung erschöpft sich in der Nennung der herangezogenen Normen, ohne die Erwägungen für seine Ermessensausübung auch nur anzudeuten. Eine mit Rechtsmitteln angreifbare Entscheidung muss zumindest so weit mit einer Begründung versehen sein, dass die Beteiligten über die die Entscheidung tragenden Gründe in einer Weise unterrichtet werden, die es ihnen ermöglicht, die maßgeblichen Erwägungen nachzuvollziehen. Auch die Gründe einer Kostenentscheidung müssen zumindest so präzise und ausführlich sein, dass den am Verfahren Beteiligten und auch dem Rechtsmittelgericht auf ihrer Grundlage eine Überprüfung der Entscheidung möglich ist. Dies gilt umso mehr, wenn - wie vorliegend, nachdem die angefochtene Entscheidung an § 81 FamFG auszurichten ist- das Gesetz richterlichem Ermessen Raum gibt.

Der Senat ist deshalb berechtigt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des nicht ausgeübten Ermessens des AG zu setzen (OLG Frankfurt, FamRTZ 2013, 1922).

Danach waren die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gem. § 81 Abs. 1 S. 1 FamFG der Antragstellerin aufzuerlegen. Denn diese hat, wie bereits ausgeführt, nicht glaubhaft gemacht, dass de...

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