Entscheidungsstichwort (Thema)

Ansprüche eines Miterben als Nachlassgläubiger gegen den Nachlass

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ist ein Miterbe Nachlassgläubiger, so genügt ein gegen die übrigen Miterben erwirkter Titel als Grundlage einer Vollstreckung in den ungeteilten Nachlass.

2. Hat ein Wohnungseigentümer aufgrund einer Vereinbarung mit dem Nießbraucher des Wohnungseigentums einen Freistellungsanspruch hinsichtlich der Wohngeldvorauszahlungen, so wandelt sich dieser mit der Wohngeldvorauszahlung in einen Zahlungsanspruch um.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 3-5; BGB §§ 390, 1047, 2059 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG München (Urteil vom 21.06.2016; Aktenzeichen 14 O 3663/15)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts München II vom 21. Juni 2016, dahingehend abgeändert, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger aus dem Nachlass des am 24. Oktober 2014 verstorbenen Herrn Peter W., zuletzt wohnhaft R., EUR 20.459,71 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18. August 2015 zu zahlen, und dass die Klage im Übrigen abgewiesen wird.

Im Übrigen wird die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt Zahlung in Höhe von EUR 30.995,00 nebst Zinsen aus dem ungeteilten Nachlass des am 24. Oktober 2014 verstorbenen Peter W. sowie von dem Beklagten Herausgabe einiger Möbelstücke und Teppiche.

Die Parteien sind Brüder und je zur Hälfte Erben ihres Vaters Peter W. Der Erblasser war Eigentümer eines Mehrfamilienhauses in Bad W., das er mit Teilungserklärung vom 21. Dezember 1995 in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt hat. Mit notarieller Urkunde vom 21. Dezember 1995 (Anlage K 2) hat der Erblasser dem Kläger das Eigentum an den im Aufteilungsplan mit den Nummern 1, 2, 4, 6 und 7 bezeichneten Wohnungen sowie der mit der Nr. 9 bezeichneten Garage (West) übertragen, wobei sich der Veräußerer an dem Vertragsgegenstand den unentgeltlichen Nießbrauch vorbehielt, der in der Anlage 3 zu dieser Urkunde des Notars Dr. E. in T. URNr. ...84/1995 näher geregelt ist. Ziffer I. dieser Anlage 3 lautet auszugsweise:

"Der Nießbraucher ist verpflichtet, sämtliche auf dem Vertragsgegenstand ruhenden privaten und öffentlichen Lasten, einschließlich der außerordentlichen öffentlichen Lasten zu tragen. Der Nießbraucher hat auch die nach der gesetzlichen Lastenverteilungsregelung dem Eigentümer obliegenden privaten Lasten zu tragen, insbesondere die außergewöhnlichen Ausbesserungen und Erneuerungen."

Dem Beklagten überließ der Erblasser die im Aufteilungsplan mit den Nummern 3 und 5 bezeichneten Wohnungen sowie die Garage (Ost). Im Jahr 2013 verkaufte der Beklagte die Wohnung Nr. 3 und die Garage (Ost) an die Eheleute S.

Bei der Wohnungseigentümerversammlung vom 17. Dezember 2013 (Protokoll: Anlage K 6) wurden die monatlichen Wohngeldvorauszahlungen festgelegt (TOP 4b) und eine einmalige Sonderumlage in Höhe von EUR 20.000,00 für die Übernahme des Heizölbestands vom Nießbraucher Peter W. bzw. zur Sicherung der Liquidität beschlossen (TOP 4a und TOP 5). Mit Schreiben vom 24. Oktober 2014 (Anlage K 14) verlangte die Hausverwaltung jeweils anteilig die rückständigen Wohngeldvorauszahlungen für den Zeitraum Januar bis Oktober 2014 sowie die rückständige Sonderumlage. Am 29. Dezember 2014 hat der Kläger EUR 30.995,00 an die Hausverwaltung überwiesen. Die von der Hausverwaltung vorgenommene Hausgeldabrechnung für das Jahr 2014 wurde bei der Eigentümerversammlung vom 19. November 2015 einstimmig genehmigt (Protokoll: Anlage K 25).

Der Beklagte ist in Besitz verschiedener Gegenstände, die sich bis zum Tod des Erblassers in dessen Haus in R. befanden.

Der Kläger macht hinsichtlich der Nachzahlungen in Höhe von EUR 30.995,00 gegenüber dem Nachlass einen Erstattungsanspruch geltend. Der Kläger behauptet unter Bezugnahme auf die Anlage K 11, der Erblasser habe ihm die Inventargegenstände, deren Herausgabe er begehrt, schenkweise überlassen.

Der Kläger hat beantragt,

1.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger aus dem Nachlass des am 24.10.2014 verstorbenen Peter W., zuletzt wohnhaft in ... R. EUR 30.995,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2.

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die in der zwischen dem Kläger und dem am 26.10.2014 verstorbenen Herrn Peter W., zuletzt wohnhaft in ... R., getroffenen Vereinbarung unter den Punkten 4. bis 14. aufgeführten, vormals in dem Objekt ... R. befindlicher Inventargegenstände herauszugeben.

Hinsichtlich der näheren Bezeichnung dieser Gegenstände wird auf die Seiten 2 bis 9 der Klageschrift Bezug genommen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht, auf dessen tatsächliche Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen, hat der Klage stattgegeben. Der Zahlungsanspruch ergebe sich aus dem Überlassungsvertrag vom...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge