Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 24.09.2007; Aktenzeichen 15 O 5356/07)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 09.07.2009; Aktenzeichen VII ZR 109/08)

 

Tenor

I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des LG München I vom 24.9.2007 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens beträgt 19.817,84 EUR.

 

Gründe

I. Aus übergegangenem Recht (§ 86 VVG) macht die Klägerin einen Ausgleichsanspruch nach § 426 BGB gegen den Beklagten i.H.v. 19.817,84 EUR nebst Zinsen geltend.

Die Versicherungsnehmerin der Klägerin, die Ingenieurgemeinschaft H. war mit der Objektüberwachung des Bauvorhabens R. beauftragt, bei dem der Beklagte aufgrund Bauvertrages vom 24.3.1995 Dachdecker- und Spenglerarbeiten ausführte.

Die Dachdecker- und Spenglerarbeiten nahm die Bauherrin spätestens am 28.9.1995 ab. Ende des Jahres 1999 gab sie ein Privatgutachten zur Mängeluntersuchung in Auftrag. Dieses bestätigte die Mangelhaftigkeit der Arbeiten. Als die Bauherrin am 25.1.2001 deswegen gegen die Versicherungsnehmerin der Klägerin das selbständige Beweisverfahren einleitete, waren etwaige Gewährleistungsansprüche gegen den Beklagten bereits verjährt. Gegen den Beklagten unternahm die Bauherrin nichts. Sie erstritt im Vorprozess gegen die Versicherungsnehmerin der Klägerin vor dem LG Dresden (Az.: 5 O 2187/05) wegen der streitgegenständlichen Mängel eine Verurteilung, da die Versicherungsnehmerin der Klägerin ihre Bauaufsichtspflicht verletzt hatte. Die Klägerin bezahlte als Versicherungsleistung den ausgeurteilten Betrag und will nun beim Beklagten Regress nehmen.

Durch Urteil vom 24.9.2007 hat das LG die Klage vollumfänglich zugesprochen. Es war der Auffassung, dass zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und dem Beklagten ein Gesamtschuldverhältnis ggü. der Bauherrin bestanden habe, im Innenverhältnis eine Alleinhaftung des Beklagten gerechtfertigt sei und die Verjährung der Gewährleistungsansprüche gegen ihn nicht den hier geltend gemachten Ausgleichsanspruch hindere.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er beantragt, das Urteil des LG aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.

Dem tritt die Klägerin entgegen und beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der vom LG zugrunde gelegte Sachverhalt ist zwischen den Parteien unstreitig. Sie streiten einzig und allein um die richtige Anwendung des Rechts. Insbesondere hält der Beklagte das Urteil des BGH vom 9.3.1972 (BGHZ 58, 216) nicht für verallgemeinerungsfähig und auf die vorliegende Sachverhaltskonstellation auch nicht für zutreffend.

Auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze, das angefochtene Urteil, die Hinweisverfügung vom 16.1.2008 und den Beschluss vom 19.2.2008 (Anordnung des schriftlichen Verfahrens) wird Bezug genommen. Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird ebenfalls Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO); Änderungen oder Ergänzungen haben sich nicht ergeben.

II. Die zulässige Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

Auf das vorliegende Schuldverhältnis sind die vor dem 1.1.2002 geltenden Gesetze anzuwenden (Art. 229 § 5 EGBGB).

Der Senat tritt den zutreffenden Gründen des angefochtenen Urteils bei (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO), soweit das Erstgericht zwischen der Versicherungsnehmerin der Klägerin und dem Beklagten ein Gesamtschuldverhältnis angenommen hat, im Innenverhältnis von einer Alleinhaftung des Beklagten ausgegangen ist und die Verjährung der Gewährleistungsansprüche der Bauherrin als nicht hindernd angesehen hat. Dieses Ergebnis entspricht der herrschenden Meinung zum Gesamtschuldnerausgleich (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 12. Aufl. 2008, Rz. 1974, 1984 und 2008).

III. Nach § 543 Abs. 2 ZPO war die Revision zuzulassen.

Soweit ersichtlich, ist die vorliegende Sachverhaltskonstellation höchstrichterlich noch nicht entschieden. Denn im Unterschied zur Entscheidung des BGH vom 9.3.1972 (BGHZ 58, 216) wurde die Frist für die Verjährung von Ansprüchen des Bestellers gegen einen Gesamtschuldner nicht einzelvertraglich abgekürzt. Vielmehr lief im Verhältnis der Bauherrin zum Beklagten die gesetzliche Frist von 5 Jahren (§ 638 BGB a.F.). Die vorliegende Sachverhaltskonstellation besitzt praktische Relevanz. Sie kann zur weiteren Differenzierung der höchstrichterlichen Rechtsprechung beim gestörten Gesamtschuldnerausgleich dienen, zumal eine allgemein gültige Lösung nicht entwickelt werden kann (vgl. Kniffka, BauR 2005, 274 ff., 280 m.w.N.).

Kosten, vorläufige Vollstreckbarkeit: §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2212627

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